Hagen. .

„Spielen kann süchtig machen“, so steht es auf jedem Lottoschein, so erklingt es nach jedem Werbespott für die Glücksspirale. Dass Glücksspiel nicht nur süchtig machen kann, sondern es auf die vielfältigste Art und Weise auch tut, das erfährt Ulrike Ehrenteit täglich von Menschen, die bei ihr Hilfe suchen.

Die Sozialtherapeutin ist Mitarbeiterin der Fachstelle Sucht beim Blaukreuz-Zentrum in der Hindenburgstraße und weiß aus ihrer Arbeit, dass gerade die Spielsucht gesellschaftlich bagatellisiert wird. „Natürlich gibt es Menschen, die ab und an ins Kasino auf die Hohensyburg fahren, um dort zu spielen. Andere machen bei Lotterien oder Sportwetten mit, wieder andere stehen am Spielautomaten in der Spielhalle. Daneben gibt aber auch die krankhafte Spielsucht. Und da sprechen wir in Nordrhein-Westfalen immerhin von 30 000 Menschen. Tendenz steigend.“

Daher will sich das Blaukreuz eben nicht nur im Rahmen der gerade beendeten Hagener Suchtwoche der Spielsucht und ihren katastrophalen Folgen verstärkt widmen. Die wirken sich nicht nur auf das Leben der Betroffenen aus, auch die Familie und der Bekanntenkreis werden oft mit in den gefährlichen Strudel gezogen. „Krankhafte Spieler verspüren einen intensiven Drang. Sie sind unfähig, ihr Spiel zu unterbrechen, wohlwissend, dass es zu negativen Auswirkungen kommt.“ Nicht nur psychosomatische Beschwerden wie Depressionen und Schlafstörungen können hervorgerufen werden, oftmals, so Ulrike Ehrenteit, stände auch die berufliche Existenz auf dem Spiel. Schlimmer noch. Spieler würden straffällig, wenn sie ihren Spieltrieb aus Geldmangel nicht mehr befriedigen können.

„Wir sprechen hier in erster Linie von Männern. 90 Prozent der Erkrankten spielen an Automaten, die restlichen zehn Prozent teilen sich auf Glücksspiele anderer Art auf“, weiß die Expertin. Und sie weiß auch warum. Denn in dem 2008 geschlossenen Glücksspielstaatsvertrag, mit dem Spieler vor einer möglichen Sucht gewarnt und auch bewahrt werden sollen, sind Glücksspielautomaten nicht enthalten. „Es gibt beispielsweise Sperrdateien für Kasinos. Dort können auffällige Spieler abgewiesen werden. Wir setzen uns natürlich dafür ein, dass die Automatenspieler bei einer Novellierung mit einbezogen werden.“

Doch wer soll das bei der Vielzahl der Spielhallen allein in Hagen kontrollieren? So kämpfen die Suchtberater in vielfacher Hinsicht gegen Windmühlen, die selbst der Staat mit seinen Lotterien und Spielkasinos kräftig antreibt. Aufklärung, Beratung, die Hilfe bei der Suche nach einem Therapieplatz und schließlich auch die Nachsorge gehören zu den Aufgaben von Ulrike Ehrenteit und ihren Kollegen. Seit Jahren gibt es in Haspe eine Selbsthilfegruppe für Spielsüchtige, eine zweite für deren Angehörige wurde kürzlich ins Leben gerufen.

„Wir müssen uns verstärkt kümmern und als erste Anlaufstelle anbieten“, so das Ziel der Blaukreuzler. Denn nicht nur die reine Spielsucht nimmt zu. Auch der Computer und mit ihm das Internet verführen zunehmend immer mehr Kinder und Jugendliche zu Spielen und Darstellungen in einer rein virtuellen Welt, die süchtig machen kann.