Hagen. .
Kritiker verurteilen das Engagement „Weihnachten im Schuhkarton“ als Missionsaktion ohne Nachhaltigkeit. Doch auch in diesem Jahr werden wieder Hunderte Kartons aus Hagen Kinder in armen Ländern erfreuen. Die Kritik stört die Helfer nicht.
Der kleine Stoff-Elefant lugt aus dem bunt beklebten Schuhkarton zwischen Schokolade, Zahnpasta und Taschentüchern hervor. Ein Karton von Hunderten aus Hagen, der in der Weihnachtszeit Kinderaugen in armen Ländern zum Leuchten bringen soll. Ein Karton, der aber auch auf Ablehnung stößt. Denn Kritiker verurteilen „Weihnachten im Schuhkarton“ als Missionsaktion ohne Nachhaltigkeit.
Karin Heupel steht auf der Empore der evangelisch-lutherischen Matthäuskirche an der Lützowstraße und sortiert bereits abgegebene Kartons. „Wenn man einmal mitgemacht hat, ist man infiziert“, sagt die 54-jährige Küsterin der Gemeinde. Allein im vergangenen Jahr hat die Sammelstellen-Leiterin mit Unterstützung ihrer erwachsenen Kinder Ulrich (21), Vanessa (29) sowie weiteren Helfern rund 700 Kartons über die Zentrale in Berlin auf die Reise in die Elendsviertel Ost-Europas geschickt. Dort werden sie von Helfern aus den Zielländern in Schulen, Waisenhäusern und bei Weihnachtsfeiern verteilt.
Ein buntes Heftchen mit kindgerechten Bibelgeschichten
Kritischen Stimmen begegnet sie gelassen. „Wenn ich nicht an die Aktion glauben würde, würde ich das nicht machen.“ Gemeindemitglieder, Kindergartenkinder und Schulklassen werden bis zum 15. November vorbeikommen, um ihre Schuhkartons abzugeben. „Wir machen das ganz transparent“, sagt Karin Heupel. Interessenten können sich an der Lützowstraße ein Bild machen, wie die Kartons für die Reise fertig gemacht werden. Es kann im Jahresbericht 2009 der Dach-Organisation „Geschenke der Hoffnung“ geblättert werden oder in dem bunten Heftchen „Das allergrößte Geschenk“ mit kindgerechten Geschichten aus der Bibel.
Das bekommt jedes beschenkte Kind neben dem Schuhkarton in der jeweiligen Landessprache. „Verwerflich finde ich das nicht“, sagt Karin Heupel. „Auch nicht, wenn bei einer Weihnachtsfeier in den Verteilerländern ein Gebet gesprochen wird.“ Es sei ja jeder Familie selbst überlassen, ob sie das Heft annehme. Den Karton aber gebe es auch so.
Keine nachhaltige Entwicklungshilfe, keine langfristige Verbesserung der Bedingungen
Das Erzbistum Trier sieht „Weihnachten im Schuhkarton“ vor allem als evangelikale Missionsaktion, die keine nachhaltige Entwicklungshilfe und keine langfristige Verbesserung der Lebensbedingungen der beschenkten Kinder leiste. Indes trägt der organisierende Verein „Geschenke der Hoffnung“ unter anderem das Spendensiegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen und ist Mitglied im Deutschen Spendenrat. „Jedes Päckchengeschenk bereitet einem Kind in Not eine unvergessliche Freude“, reagiert der Verein auf dem Vorwurf, keine nachhaltige Hilfe zu leisten.
„Geschenke der Hoffnung“ gründet sich auf das christlich-fundamentalistische Missionswerk Samaritan’s Purse aus den USA, das weltweit mehrere Millionen Schuhkartons im Jahr sammelt. An der Spitze: der radikale Evangelist Franklin Graham, der seine missionarischen Absichten offen zeigt. Bei Kritikern gilt er gar als islamfeindlich.
Es geht nicht um die Kartons, es geht um die Kinder
„Was vor Ort passiert, weiß man letztendlich nicht“, sagt Karin Heupel. Gerade ist die Hagenerin vom Treffen der Sammelstellenleiter zurück. In Hamm hat sie Fotos von den Verteilerreisen gesehen. „Dieses Elend kann ich mir nicht angucken“, erklärt sie ihr Engagement für „Weihnachten im Schuhkarton“. „Wir reden nicht über einen Karton, sondern über ein Kind, das dahinter steckt.“
Wenn wieder Hunderte Kartons aus Hagen auf Reisen gehen, ist auch ein Schuhkarton von Karin Heupel dabei. „Dafür gehe ich jedes Jahr ganz bewusst einkaufen.“