Hagen. .
„Sie werden sich an den Gedanken gewöhnen müssen, dass künftig jeder sechste Stuhl in den Schulen frei bleiben wird.“ Mit dieser Erkenntnis konfrontierte Wolf Krämer-Mandeau, Leiter der Projektgruppe Bildung und Region (Biregio) aus Bonn, Mitglieder des Schulausschusses in einer offenen Informationsveranstaltung.
Diese Prognose jedoch biete auch die Chance, sich als Schulstandort stabil aufzustellen. Das sehen mittlerweile auch die Schulpolitiker so und wollen die notwendige Kapazitätsreduzierung mit einem Schulentwicklungplan intelligent steuern. Dieser Plan soll extern erstellt werden und Biregio scheint gute Karten zu haben, am 3. November den Zuschlag zu bekommen.
Das Unternehmen hat im Vorfeld eines möglichen Auftrages einen Blick auf Bevölkerungs- und Schülerzahlen der vergangenen 15 Jahre geworfen und auch einen Ausblick bis 2029 gewagt. „Hagen ist nicht gerade der Gewinner der Herzen bei den Bürgern“, umschrieb Krämer-Mandeau den Bevölkerungsrückgang von 10,3 Prozent seit 1995. Bis 2029 prognostiziert IT.NRW (Information und Technik Nordrhein-Westfalen) einen Rückgang von 15,9 Prozent. Das wirkt sich auch auf die Schülerzahlen aus: So gehen die Experten von etwa 15 Prozent weniger Grundschülern aus, in der Sekundarstufe I und II beträgt der erwartete Verlust rund 18 Prozent. „Allerdings:“, betont Krämer-Mandeau, „Sie befinden sich in einer historischen Kinder- und Elternsenke und haben das Glück, dass starke Jahrgänge nachkommen. Das hat etwa Dortmund so nicht.“ Diese Erkenntnis mündet laut Biregio in der Vermutung, dass in Hagen die Schülerzahlen in 20 Jahren wohl wieder ansteigen könnten. Das gelte es, in einem Schulentwicklungsplan zu berücksichtigen. Es gelte die Armut der Kommune als Chance zu verstehen, etwa indem freie Kapazitäten vorausschauend fit für eine Ganztagsnutzung gemacht würden.
„Andernorts hat sich die Idee des Hauses des Kindes etabliert, wo Kitas und Grundschulen an einem Standort konzentriert werden“, so Krämer-Mandeau. In Hagen ist eine solche Koppelung am Quambusch bereits in Planung. Grundlage solcher Gedankenspiele ist die Tatsache, dass außer der Boelerheider Overbergschule alle anderen Grundschulen tendenziell rückläufige Schülerzahlen aufweisen. Aber: Die größte Schülerzahlreduzierung dürfte durch sein, sind sich Gutachter und Schulverwaltung einig.
„Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Kinder klüger werden, wenn die Zahl kleiner wird. Das wird zu einem Verdrängungswettbewerb der Schulen untereinander führen“, ist sich Krämer-Mandeau sicher. Während die Gesamtschulen keine Kapazitätsprobleme haben, kämpfen die Gymnasien wegen tendenziell sinkender Anmeldezahlen um ihren Status quo. Realschulen und Hauptschulen gelte es zudem – „egal unter welchem Namen“ – einander anzunähern, denn die Hauptschulen seien trotz guter Arbeit allesamt rückläufig.
Eine Schulentwicklungsplanung würde auch die Übergänge von der Primarstufe in die Sekundarstufen unter die Lupe nehmen. „Ziel muss sein, eine möglichst nahtlose Schulkarriere bis zur Oberstufe zu gewährleisten“, so Krämer-Mandeau. Optional könnten auch die Kitas und die Berufsschulen in diese Planungen aufgenommen werden, um kostenintensive Neu- und Anbauten zu vermeiden.
Plan wäre in
rund drei Monaten beratungsfähig
„Prinzipiell gilt, gute Standorte zu konservieren und nicht die investitionsintensiven“, wagt der Gutachter einen Ausblick. Da prinzipiell genug Schulräume vorhanden seien, gelte es, die vorhandenen Kapazitäten geschickt zu managen.
Der Plan wäre laut Krämer-Mandeau rund drei Monate nachdem sein Büro alle Daten erhalten habe zu erwarten. „Dann könnten wir diesen am gleichen Tag den Schulen und der Politik in getrennten Veranstaltungen präsentieren. So diskutieren alle von der gleichen Basis aus.“ Der Schulausschuss entscheidet am 3. November über die Vergabe.