Hagen.

Es klingt wie ein schlechter Scherz à la Schilda, ist aber bittere Wahrheit: Zwei Wochen lang tingelte Jörg Dehm durch sämtliche Stadtbezirke, um bei den Hagener Bürgern für Verständnis für seine bitteren Sparwahrheiten zu werben. Doch parallel dazu ließ der Oberbürgermeister im Innenhof des Rathauskomplexes auf Kosten der Steuerzahler für 15 000 Euro (!) einen so genannten Raucherpilz errichten, damit seine Bediensteten beim Zigarettengenuss nicht im Regen stehen müssen.

Ursprünglich hatte der Verwaltungschef gehofft, die Metallkonstruktion ließe sich für knapp 4000 Euro auf dem Dach des Bürgeramtes – schamvoll umsäumt von Amtsstuben und dem Rathaushochhaus – im Verborgenen errichten. Doch als jetzt die ersten Kosten bekannt wurden, schwoll auch Jörg Dehm, der sich zuletzt von der geneigten Boulevardpresse noch als „OB fleißig“ und „OB ehrlich“ feiern ließ, die Zornesader: „Eine hochärgerliche Angelegenheit“, räumte er klammheimlich im nicht-öffentlichen Teil des Haupt- und Finanzausschusses (HFA) ein und kündigte an, der Verwaltung eine Lehrstunde in puncto „Verantwortungsvoller Umgang mit Geld“ erteilen zu wollen. Er habe mit einigen Beteiligten noch „ein Hühnchen zu rupfen“.

Oberbürgermeister lehnt Stellungnahme gegenüber der Öffentlichkeit ab

Gegenüber der Öffentlichkeit lehnte Oberbürgermeister Jörg Dehm, der gerade erst für 42 000 Euro im Rathaus neue Beamer montieren ließ, während er seinen Bediensteten die Bestellung von Jahreskalendern untersagte, jedoch ohne Angabe von Gründen jegliche Stellungnahme zu dem Vorfall ab. Über seinen Büroleiter Markus Funk ließ er lediglich ausrichten, dass es sich um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handele, das er nicht zu rechtfertigen gedenke.

Hintergrund der kostspieligen Investitionsmaßnahme waren die stetig anzutreffenden Raucher-Trauben am Rathaus-Seiteneingang an der Rathausstraße, die der Verwaltungschef aus Imagegründen gerne aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit rücken wollte. Somit wurde zur Gesunderhaltung der Belegschaft nicht etwa eine Anti-Raucher-Kampagne initiiert, sondern „aus Fürsorgepflicht gegenüber den Rauchern“, so Dehm im HFA, ein Raucherpilz als Lösungsidee bei der Gebäudewirtschaft Hagen bestellt.

Bedienstete fühlen sich durch Treffpunkt vor den Bürofenstern belästigt

Doch die Umsetzung entpuppte sich als ein Auftrag voller Tücken: Zunächst musste ein Statiker bemüht werden, der gutachterlich die Tragkraft des Daches ermittelte. Dann wurde bei der Montage auch noch die Dachhaut beschädigt. Obendrein musste für eine passende Plattierung zu dem Unterstand sowie die Montage eines zusätzlichen Arbeitszeiterfassungsgerätes gesorgt werden. Kosten, so ergab eine erste grobe Schätzung des OB-Büros, die sich auf 15 000 Euro aufaddieren – dabei stehen die endgültigen Rechnungen plus Mehrwertsteuer noch aus.

Für allgemeine Zufriedenheit hat die Dehm’sche Fürsorge-Maßnahme bei der Belegschaft dennoch nicht gesorgt. So kritisiert der Schwerbehindertenbeauftragte der Stadt in einem Schreiben an den Oberbürgermeister, dass angesichts der Treppensituation und der sich zur falschen Seite öffnenden Tür der Raucherpilz für Gehbehinderte kaum zu erreichen sei. Und auch die Beschäftigten in den angrenzenden Amtsstuben zeigen sich vom Pausengetöse, den ständigen Kollegenblicken sowie den Ausdünstungen des Qualmer-Treffs genervt.

Die Bezirksregierung in Arnsberg teilt derweil mit, dass es sich bei der Errichtung des Raucherpilzes keineswegs um eine städtische Pflichtaufgabe, sondern um eine freiwillige Leistung handele. Und genau diese, so hat es OB Dehm während der jüngsten Bürgerversammlungen den Menschen eindringlich erklärt, sind einer Nothaushaltsgemeinde wie Hagen streng untersagt.