Boele.

Vier Discounter gibt es an der Schwerter Straße: Lidl, Aldi, Penny und Netto. Einkaufsmöglichkeiten zuhauf also für die Menschen im Hagener Norden. Und deshalb will die Stadt unbedingt verhindern, dass sich weitere Läden aus dem Billig-Segment in Boele breit machen.

Der gültige Bebauungsplan definiert die Grundstücke zu beiden Seiten der Schwerter Straße als Mischgebiet und lässt jedweder Einzelhandelsansiedlung freien Raum. Dies hat sich die Ten-Brinke-Gruppe zunutze gemacht, die auf dem Gelände zwischen Aldi und Baumarkt Hellweg, auf dem sich jetzt noch die Maschinenfabrik Vogel & Schemmann befindet, einen Discounter samt Backshop ansiedeln möchte. Ein entsprechender Antrag liegt im Rathaus bereits vor. Eigentümer der Fläche ist wiederum die Webac Immobilien AG aus Euskirchen, die den Pachtvertrag mit Vogel & Schemmann erst kürzlich bis 2014 verlängert hat.

Doch gleichzeitig hat Webac den Investor Ten Brinke beauftragt, das Grundstück zu vermarkten. Denn, so heißt es aus Euskirchen, Vogel & Schemmann habe den Mietpreis mit der Drohung, nach Köln abzuwandern, um ein Drittel gedrückt. Diese Drohung stehe weiterhin im Raum. Wenn das Unternehmen in vier Jahren tatsächlich aus Hagen wegziehe, bleibe man auf einer Industriebrache sitzen. „Wir sind keineswegs die Bösen, die eine Hagener Firma vertreiben wollen“, so ein Webac-Manager. „Aber eine leerstehende Fabrikhalle zwischen Aldi und Hellweg könnten wir weder weiter vermieten noch verkaufen.“ Daher soll Ten Brinke frühzeitig einen anderen Pächter finden.

Hinter den Plänen der Ten-Brinke-Gruppe steckt nach Informationen unserer Zeitung Lidl oder Netto. Beide Filialisten möchten aus strategischen Gründen angeblich gern auf die andere Seite der Schwerter Straße wechseln. Das Baudezernat hat dem Investor jedoch signalisiert, dass dort weiterer Einzelhandel unerwünscht ist. Im Rathaus und auch in der Bezirksverwaltungsstelle Nord befürchtet man nämlich, dass bei einem Umzug von Lidl oder Netto ein neuer Discounter in die dann leergezogene Immobilie eines der beiden Filialisten ziehen könnte. Was die Zahl der Discounter auf fünf erhöhen würde. „Konkurrenz mag schön und gut sein, aber in der Schwerter Straße sind wir doch jetzt schon überversorgt“, bringt es Bezirksbürgermeister Heinz-Dieter Kohaupt auf den Punkt.

Deshalb soll der Bebauungsplan so geändert werden, dass er einen Einzelhandelsbetrieb mit mehr als 200 qm Verkaufsfläche zwischen Aldi und Hellweg untersagt. Dass eine solche politische Initiative überhaupt möglich ist, liegt daran, dass das geplante Vorhaben in eine kleine Fläche hineinragt, die als Terrain für Pflanzen vorgesehen ist. Somit konnte der Antrag von Ten Brinke abgelehnt werden. Der geänderte Bebauungsplan, der noch vom Rat abgesegnet werden muss, soll nun weiteren Einzelhandel an dieser Stelle für alle Zeiten ausschließen.

Aber auch dem Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt läuft die Eröffnung von immer mehr Geschäften an der Schwerter Straße zuwider. Ziel ist es, künftige Geschäftsansiedlungen auf das Umfeld der Boeler Mitte im Schnittpunkt von Dortmunder und Schwerter Straße zu lenken. Allenfalls der Bereich um den Kirchplatz gilt aus stadtplanerischer Sicht als Ergänzung in Sachen Nahversorgung.

Ob die Firma Vogel & Schemmann langfristig an ihrem angestammten Platz bleiben kann, ist eine privatrechtliche Frage, auf die die Stadt keinen Einfluss hat. Die Traditionsfirma, die seit über hundert Jahren an der Schwerter Straße residiert und derzeit 30 Mitarbeiter beschäftigt, gehört inzwischen zum US-amerikanischen Pangborn-Konzern. Dass die Firmenbosse in Übersee bei strategischen Entscheidungen Rücksicht auf Hagener Befindlichkeiten nehmen, ist eher nicht zu erwarten. Deshalb wissen auch die Mitarbeiter nicht, ob die Konzernleitung tatsächlich mit einem Abzug aus Boele liebäugelt oder bloß eine Drohkulisse aufgebaut hat, um den Mietpreis zu senken.