Hagen.
Auch an der Volme macht sich der landesweite Lehrermangel bemerkbar. Seiteneinsteiger, Pendler aus den umliegenden Städten und Stundenkürzungen in Fächern wie Sport und Religion halten den Unterricht an Hagener Schulen am Laufen.
Weil es in ganz NRW nicht genug Lehrer gibt, konnten auch in Hagen zum neuen Schuljahr nicht alle freien Stellen besetzt werden. Wie groß die Vakanz genau ist, konnte selbst Christoph Söbbeler, Sprecher des Regierungsbezirks Arnsberg, nicht ermitteln.
Pensionierte Lehrer verlängern, fertige Studenten ohne abgeschlossenes Referendariat und Akademiker ohne pädagogische Vorbildung stopfen Löcher. Insbesondere in Mangelfächern wie Musik, Englisch und ganz klassisch den Naturwissenschaften. „Weil zu wenig ausgebildete Lehrer auf dem Markt sind, werden derzeit auch Referendare ganz schnell abgegriffen“, so Söbbeler.
Johannes Krüsemann gehört zu den Hagenern Schulleitern, die nicht alle Stellen besetzt haben. „Dramatisch ist die Situation aber nicht“, sagt der Chef des Ricarda-Huch-Gymnasiums. Auch weil Krüsemann gerade erst die Zusammenarbeit mit zwei Seiteneinsteigerinnen im Sprachenbereich festgezurrt und eine fertige Lehramts-Studentin eingestellt hat, die keinen Referendariatsplatz bekommen hat. „Der NC für das Referendariat liegt bei 1,8“, erklärt Krüsemann. „Es ist also nicht so, dass solche Bewerber dumm sind.“
Offen für Seiteneinsteiger
Auch am Christian-Rohlfs-Gymnasium in Haspe ist die Schulleitung offen für Seiteneinsteiger und hat unter anderem deshalb zum neuen Schuljahr alle fünf ausgeschriebenen Stellen besetzen können. „Dieser Markt ist riesengroß, gerade für Mangelfächer“, fasst Schulleiter Michael Pütz zusammen. „Man muss allerdings ganz genau aussuchen.“
Daher verwenden Schulleiter im Schnitt mehr Zeit für Personalfragen. Längst ist zwischen Schulen, aber auch zwischen Städten ein Wettrennen um fähige Lehrer entbrannt. „Wenn mich ein Referendar überzeugt, mache ich ihm locker ein Jahr vor dem Abschluss ein Angebot“, sagt Jürgen Eckervogt, Leiter der Gesamtschule Eilpe. 20 Prozent seines Kollegiums kommt aus Dortmund und pendelt jeden Tag. „Hagen profitiert davon, noch zum Ballungsgebiet zu gehören und ist immerhin Fernuni-Stadt“, sagt Regierungsbezirks-Sprecher Christoph Söbbeler. „In den ländlichen Gebieten sind die Probleme weitaus größer.“
Eine Unterrichtsgarantie in vollem Umfang ist aber auch in Hagen nicht in Sicht. Zwar versuchen Schulen vorübergehende Ausfälle wegen Elternzeit oder Krankheit durch Zeitverträge mit Junglehrern auszugleichen. Doch diese sind oft schnell weg, wenn sie eine feste Stelle angeboten bekommen. Oder sie kommen erst gar nicht, wenn der „Topf an flexiblen Mitteln“ leer ist.
Stunden werden gestrichen
So macht sich Jürgen Eckervogt schon jetzt intensiv Gedanken über die Personalsituation im zweiten Schul-Halbjahr. Dann gehen voraussichtlich zwei Lehrerinnen in den Mutterschutz. „Planerisch ist das eine besondere Schwierigkeit. Denn wir wissen nicht, ob noch flexible Mittel verfügbar sind.“ Notfalls müssten die Löcher aus dem eigenen Saft gestopft werden. Für das Kollegium bedeutet das: Überstunden. Und für die Schüler: weniger Unterricht, weil aus der Not heraus in allen Klassen Stunden gestrichen werden. „Eine rabiate Maßnahme“, urteilt Eckervogt. „Aber mühsam ernährt sich das Eichhörnchen.“
Zum neuen Schuljahr haben 60 neue Lehrer in Hagen angefangen: zwanzig an Gymnasien, zwölf an Gesamtschulen, elf an Berufskollegs, fünf an Realschulen, jeweils vier an Förderschulen und Weiterbildungskollegs, zwei an Grundschulen und jeweils einer an Hauptschulen bzw. als Vertretungsreserve.