Wehringhausen.

„Der Pott filmt“ - und Hagen spielt weiter mit beim assoziierten Ruhr-2010-Projekt, bei dem sich alles um Filmen und Filme und Filmemacher im Ruhrgebiet dreht. Im Scheinwerferlicht steht dieses Mal Christoph Böll, 1949 in Köln geboren und längst in Sprockhövel verwurzelt. Böll kommt mit „Der Sprinter“ ins Kino Babylon.

Damals, als der Pott außer in den Schimanski-Tatorts noch kein ausgewiesener Filmschauplatz war, drehte Christoph Böll nach mehreren Kurzfilmen seinen ersten langen Streifen. „Der Sprinter“ lief durch das Stadion in Bochum-Langendreer. „Das hatte so was schön Normales, war nicht so protzig“, schwärmt Böll heute noch von der moosbewachsenen Tribüne.

Überhaupt geht es nicht nur sinnbildlich um Normalität: Der schmächtige und schwule Wieland - gespielt von einem schmächtigen und schwulen Wieland mit Prinz-Eisenherz-Frisur - will seiner Mutter zuliebe ,normal’, also heterosexuell, werden. Er hängt die Tanzschuhe an den Nagel, schnürt statt dessen die Laufschuhe und trainiert kollektiv Liegestützen statt Pas de deux. In der männerschweißgeladenen Welt des Leistungssports verliebt sich Wieland in die vierschrötige Kugelstoßerin. „Der Sprinter“ weist autobiografische Züge auf - bis auf das Ende, denn der echte Wieland ist - sozusagen - wider die Norm - geblieben. „Der Film war keine pädagogische Maßnahme“, verwahrt sich Böll.

Würde er ihn, mit dem Abstand von über 20 Jahren betrachtet - heute noch mal genauso drehen? „Im Prinzip finde ich den Film nicht schlecht, der hat was“, meint er. Auf jeden Fall hat er was angenehm Unspektakuläres und Unaufgesetztes. Das zieht sich bei Böll durch.

Nach einem opulenten „Sissi und der Kaiserkuss“ (1992) hat sich Böll auf eher dokumentarische Arbeiten verlegt. „Reale Menschen sind mir lieber als fiktive“, erzählt einer, der persönlich authentisch daherkommt und fast schon redet wie ein waschechter Ruhrie. Diese realen Menschen - oder auch Zustände - lässt Böll für sich sprechen: Das siebenstündige, zehnteilige Doku über den Maler Hänner Schlieker, die kraftvollen Szenen aus einem Duisburger Stahlwerk. Seine Verbundenheit zur Region zeigt sich auch durch die Wahl seiner Schauplätze: die Kulisse des Hochofens in der stillgelegten Henrichshütte in Hattingen oder die ehemalige Maschinenhalle der Zeche Duisburg-Walsum.

Zurzeit dreht Böll mit seinem Freund Uli Winkelmann, der 2009 in der Altersklasse 50-60 auf Hawaii den „Ultraman“ gewann. Beim Treffen mit Böll trägt dieser ein schwarzes T-Shirt mit dem Logo „Ultraman“ - alles Leben ist bei Christoph Böll Film...