Vorhalle. .

Mit einer wohl einzigarten Geste würdigen die evangelischen Christen aus Vorhalle das Wirken des katholischen Pfarrers Dr. Gert Schneider (72), der am kommenden Sonntag mit einer feierlichen Messe in den Ruhestand verabschiedet wird.

Die Protestaten verzichten aus diesem Anlass auf ihren eigenen Sonntagsgottesdienst und wollen stattdessen geschlossen an der Feier der Katholiken teilnehmen (Liebfrauenkirche, 11 Uhr). „Wir möchten damit unsere Wertschätzung gegenüber Gert Schneider deutlich machen“, sagte Pfarrer Hans-Peter Naumann. „Die Menschen in Vorhalle haben ihm viel zu verdanken. Er ist ein großer, kluger und belesener Mensch.“

Schneider war 19 Jahre lang in der Liebfrauen-Gemeinde tätig. Neben seinem sozialen Engagement lag ihm vor allem die Ökumene am Herzen, die evangelische Kirche war ihm stets ein Partner, nie ein Konkurrent. Obwohl wissenschaftlich vorgebildet, trat er in Vorhalle nicht als abgehobener Theologe auf, sondern war nah an den Menschen. „Er nahm die kleinen Leute mit und machte sie selbstständig“, so Christel Hackenberg, Sprecherin der Frauengemeinschaft. „Und den jungen Leuten verlieh er Rückgrat.“

Liebfrauen-Gemeinde wird kein eigener Pfarrer mehr zugeteilt

Mit Gesten versuchte der Pfarrer den Vorhallern das Gefühl zu vermitteln, dass er zu ihnen gehörte. So trat er zum Kyrie hinter dem Altar hervor und drehte sich um, um die gleiche Blickrichtung wie die Gläubigen einzunehmen. Und zwischen Schlussgebet und Abschlusssegen machte er häufig auf Ungerechtigkeiten in der Welt aufmerksam.

Der Liebfrauen-Gemeinde wird nach Schneiders Weggang kein eigener Pfarrer mehr zugeteilt, sie wird fortan im Rahmen des Pfarrverbundes Hagen-Witten seelsorgerisch betreut. Die Verwaltung der Pfarrei übernimmt Dechant Dieter Osthus, der somit nach St. Josef, St. Meinolf und Eckesey bereits die vierte Gemeinde administrativ betreut.

Das Presbyterium der evangelischen Kirchengemeinde brachte sein Bedauern darüber zum Ausdruck, dass die katholische Pfarrstelle künftig wegfallen wird. Die Teilnahme an der Abschiedsmesse und die Absage des eigenen Gottesdienstes mussten sich die Vorhaller Protestanten von ihrem Kreissynodalvorstand genehmigen lassen.

An der Kommunion dürfen sie allerdings nicht teilnehmen. Pfarrer Naumann bedauert das: „Es ist doch eigentlich eine Schande, dass es Katholiken und Protestanten heutzutage immer noch nicht möglich ist, gemeinsam das Abendmahl zu feiern.“