Hagen. .

Heute hat Ulrich Grunwald den Hut auf - besser: den Helm auf. Die Eltern sind abgemeldet, Ulrich Grunwald ist ab sofort die unangefochtene Nummer eins auf dem Platz der Jugendverkehrsschule am Ischeland. 13 bunte Fahrradzwerge stehen erwartungsvoll vor ihm, neben sich ihre Zweiräder. Sie lernen jetzt, richtig Rad zu fahren.

„Manche Eltern meinen, wenn ihr Kind geradeaus fahren kann, beherrscht es das Radfahren.“ Ein Trugschluss, wie der Polizeibeamte meint, der sich seit 24 Jahren der Verkehrserziehung verschrieben hat. Denn im Straßenraum begegnen den Kindern nicht nur Autos und Ampeln, die Aufmerksamkeit fordern. Am Wegesrand gibt es allerlei Spannendes für Kinder zu entdecken, was für Ablenkung sorgt.

Bevor die Kleinen - altersmäßig zwischen sechs und 13 Jahren anzusiedeln - überhaupt in die Pedalen treten dürfen, überprüft Grundwald kritisch Räder und Radler. Passt der Helm zum Kopf? „Der Kopf ist das Wichtigste, was unsere Kinder haben“, mahnt er. „Bei einer Schramme am Arm, kann man ein Pflaster drauf kleben. Wenn am Gehirn was kaputt geht, klappt das nicht.“ Grunwald balanciert geschickt auf Grat, ein ernstes Thema immer noch launig und anschaulich rüberzubringen. Ergo: Helm nicht zu groß kaufen!

Die Kritik ist erbarmungslos

Das gilt auch fürs Rad selbst. „Wenn Kinder auf dem Sattel sitzen und in Klappmesserstellung gehen, sollte der Mund in der Mitte der Lenkerstange aufliegen.“ Klingt kompliziert, ist aber eine prima Faustformel - bei den meisten passt’s auch. Eltern atmen innerlich auf. Lob verteilt Grunwald ebenfalls für die Räder mit Rücktritt. „Bis zum 14., 15. Lebensjahr sollten Kinder ein Rad mit Rücktritt fahren.“

Dann kritisiert Grunwald erbarmungslos: zu tief hängende Handbremsen, zu hoch stehende Handbremsen, herumschlagende Wimpel, fehlende Lenkergriffe. . . - keine Kleinigkeiten, denn „das Rad ist eines der gefährlichsten Spielzeuge“, warnt Grunwald, der privat Touren fährt, stets vorbildlich einen Helm trägt und seiner eigenen Tochter im Alter von fünf Jahren die Pedalen abschraubte. Vor 20 Jahren gab es eben noch keine Laufräder. Da baute sich Grunwald selbst eins: „Wer wie ein Wilddieb mit dem Laufrad rasen kann, der hat keine Probleme mit dem Radfahren.“

Kindern helfen, Wahrnehmung und Bewegung zu koordinieren

Genug der Theorie und Belehrungen: Rauf auf den Sattel und los! Die Fahrradschlange setzt sich einigermaßen koordiniert in Bewegung. Dann müssen Leonie, Moritz, Finn-Luca und Co den Bremstest bestehen. Das Kommando lautet: Füße hoch und Handbremse ziehen. Jonas rollt einfach weiter. . . Beim zweiten Versuch sieht’s besser aus. „Üben, üben, üben - das ist das A und O. Außerdem müssen wir Erwachsenen alles erklären und demonstrieren“, kommentiert Grunwald. „Die Sensomotorik der Kinder wird erst im 7. Lebensjahr ausgebildet.“ Vorher muss man nachhelfen, denn Jüngere sind nicht gut in der Lage, Wahrnehmungen und Bewegungen überein zu bringen.

Leonie bremst ihr pinkes Prinzessinnenrad punktgenau ab. Mama Karin strahlt. Ihre Vierjährige ist heute hier, damit sie lernt, was wichtig ist. Als Erzieherin im Kindergarten kennt Karin Wewer Dias die Tipps des Polizeioberkommissars. Auch für Christian Gladen ist Sicherheit im Straßenverkehr oberstes Gebot. „Wir fahren viel Rad, aber Finn-Luca muss noch etwas selbstständiger werden. Heute ist er mit Spaß dabei und das ist viel wert.“

Mit Spaß sind auf jeden Fall alle dabei, als es um die letzte Übung geht: Wasserbomben überrollen und platzen lassen. . . - und sie wollen nochmal wiederkommen.