Hagen.

Der Hagener Schilder-Streit bewegt die Gemüter. Im Rathaus hat der Streich, aus der „Stadt der FernUniversität“ die „Stadt der Vollidioten“ zu machen, Wut und Unverständnis hervorgerufen. Jetzt hat die Stadt Anzeige wegen Beleidigung erstattet.

Wie Stadtsprecher Karsten-Thilo Raab bestätigte, hat die Verwaltung gegen die unbekannten Täter, die die Ortsschilder mit der „Vollidioten“-Folie überklebten, Anzeige wegen Beleidigung erstattet.

Das Rechtsamt habe sich der Angelegenheit angenommen, so Raab: „Wir stehen auf dem Standpunkt, dass alle Bürger Hagens beleidigt worden sind.“ Zudem müsse noch geprüft werden, ob sich alle Schilder rückstandslos von den Folien befreien ließen. Ansonsten folge eine weitere Anzeige wegen Sachbeschädigung. Die Folien wurden zur Beweissicherung der Polizei übergeben.

Rechtslage im Wald der Ortsschilder ist verworren

Die Rechtslage im Wald der Ortsschilder stellt sich verworren dar. Zwar gibt es Bundesländer, deren Kommunen Zusatzbezeichnungen im Schilde führen, doch gehen sie von unterschiedlichen, juristischen Auffassungen aus. So meldete die bayerische Staatsregierung, dass aufgrund neuer Verwaltungsvorschriften zur Straßenverkehrsordnung seit September 2009 keine neuen Zusätze mehr genehmigt würden. „Altfälle genießen aber Bestandsschutz und dürfen deshalb stehen bleiben“, so Katja Winkler, Sprecherin im Münchener Innenministerium. In Bayern führen mehrere Städte einen Zusatz im Ortsschild (Passau und Eichstätt nennen sich z.B. „Universitätsstadt“). Es war übrigens der ehemalige Ministerpräsident Franz-Josef Strauß, der den Kommunen seines Landes in den 80-er Jahren diese Möglichkeit eröffnete.

Aus Hessen kommen gegenteilige Signale. Das Land hatte 2009 im Bundesrat eine erfolgreiche Initiative zur Änderung der Straßenverkehrsordnung gestartet. Laut einer seitdem gültigen Verwaltungsvorschrift sind Zusätze auf Ortstafeln demnach zulässig, wenn sie aufgrund allgemeiner kommunalrechtlicher Vorschriften amtlich verliehen worden sind. Hessens Verkehrsminister Dieter Posch betonte, dass es sich hierbei nicht um werbende Zusätze handeln dürfe: „Ein vernünftiges Ergebnis, mit dem die hessischen Kommunen sicher zufrieden sind.“

Änderung des Gemeindenamens bedarf der Genehmigung des Innenministeriums

In Hessen führt etwa Hanau im Ortsschild die Zusatzbezeichnung „Brüder-Grimm-Stadt“, Kassel heißt „Documenta­stadt“, Hünfeld „Konrad-Zuse-Stadt“. Verliehen werden können die Titel auf Antrag vom hessischen Innenministerium.

In Nordrhein-Westfalen sind die entsprechenden kommunalrechtlichen Vorschriften in der Gemeindeordnung geregelt. Dort ist nicht die Rede von Bezeichnungen, die über die laut Straßenverkehrsordnung gültigen Zusätze „Stadt“, „Kreisstadt“ oder „Landeshauptstadt“ hinausgehen. Es heißt aber: „Der Rat kann mit einer Mehrheit von drei Vierteln seiner Mitglieder den Gemeindenamen ändern. Die Änderung des Gemeindenamens bedarf der Genehmigung des Innenministeriums.“

Innenministerium will Hagener Fall genau prüfen

Eine Sprecherin des Innenministeriums ließ auf Anfrage unserer Zeitung verlauten, man werde den Hagener Fall genau prüfen, sobald Oberbürgermeister Dehm mit Zustimmung des Rates tatsächlich den Titel „Stadt der FernUniversität“ als Namenszusatz beantragen werde. Das Hagener Stadtoberhaupt hatte, unterstützt von Regierungspräsident Helmut Diegel, eine entsprechende Initiative angekündigt, nachdem das NRW-Verkehrsministerium gefordert hatte, die Zusatzbezeichnung müsse wieder von den Hagener Ortsschildern entfernt werden.

In Witten hat man es erst gar nicht so weit kommen lassen. Die größte Stadt des Ennepe-Ruhr-Kreises wollte sich vor Jahren mit dem Titel „Universitätsstadt“ schmücken. „Wir haben die Rechtslage geprüft und es dann gelassen“, sagte Stadtsprecher Jochen Kompernaß. Zwar gibt es unweit der Wittener Universität ein Ortsschild mit der Zusatzbezeichnung „Universitätsstadt“, dieses gilt aber nicht als offizielles Verkehrszeichen.