Hagen. .
Ihr Zeigefinger malt einen kleinen Kringel auf den Handrücken: Das Wort für Tablette. Um „Rezept“ darzustellen, zeichnet Lara Lübold ein Rechteck vor sich in die Luft. Die 19-Jährige hat ein ausgefallenes Hobby: Sie lernt Gebärdensprache - so wie andere Briefmarken sammeln oder schwimmen gehen.
„Ich habe in einem Restaurant am Nebentisch Gehörlose beobachtet, wie die sich unterhalten haben“, erinnert sich Lübold. „Danach wollte ich das auch können.“ Die junge Frau mit dem sympathischen Gesicht meldete sich bei der Volkshochschule an, seit dem vergangenen September ist sie dabei. Sprache ist eine lebendige Angelegenheit. Gehörlosensprache ist erst recht eine lebendige Angelegenheit. Das Gesicht spricht Bände, wenn die Hände gebärden. Über Mimik lassen sich viele Gefühle transportieren.
An erster Stelle jedoch steht für Lara Lübold, Vokabeln zu pauken wie in Englisch, Russisch oder Spanisch auch. Der Wortteufel steckt im Detail: Ob „Salz“ oder „Geld“ darüber entscheidet die Geste zweier aneinander geriebener Finger, die nach unten oder oben zeigen. Immerhin sind die Sätze infacher strukturiert. Inzwischen ist sie im dritten VHS-Kurs bei Christiane Urbanski angekommen. „Der ist schon eher auf privater Basis zustandegekommen wegen der Teilnehmerzahl.“ Lara Lübold bleibt am Ball.
Was aus Neugierde begann, passt perfekt zum Beruf
Denn, was aus Neugierde begann, passt perfekt zu ihrem Beruf. Soeben hat Lübold ihre Ausbildung zur Pharmazeutisch-Technisch Assistentin abgeschlossen und arbeitet in einer Apotheke in der Innenstadt. Sie war schon seit drei Monaten im Kurs, als sie es am Arbeitsplatz zaghaft publik machte. Seitdem bekommt sie positive Rückmeldung von gehörlosen Kunden. „Ich kenne noch nicht alle Zeichen, aber zur Not kann man auch buchstabieren.“ Von ihrer VHS-Kursleiterin hat Lübold ein Heft mit pharmazeutischen Begriffen bekommen.
„Bisher wurden auch bei Informationen über die Medikamenteneinnahme aufgeschrieben“, erzählt Lübold. „Das verstärkt eher Ausgrenzung und Isolation“, meint Lübolds Chef, Klaus Fehske. Deshalb ist er froh über die neuen Kenntnisse seiner jungen Mitarbeiterin. „Das passt zu unserem Anspruch, ganzheitlich beraten zu wollen. Zuwendung hilft, Krankheiten zu überwinden.“
Lara Lübold hat den Ansatz, helfen zu wollen. Aus dem Grund begann sie nach Schulpraktikum die PTA-Ausbildung. Ins Team der Rathausapotheke fügt sie sich gut ein, 14 verschiedene Sprachen begegnen einem dort. Weil ihr Chef so begeistert ist, finanziert er nun Intensivkurse und Wochenendseminare für Lara Lübold und eine Kollegin, eine Kosmetikerin - für umfassende Gesundheitsberatung ung.