Hagen.

Hagen. Aus Sorge um den Ausverkauf des Stadttheaters haben Intendant Norbert Hilchenbach und Generalmusikdirektor Florian Ludwig in einem Brandbrief an Oberbürgermeister Jörg Dehm zügige Entscheidungen zur Zukunft des Hauses eingefordert.

Andernfalls lehnt das Führungsduo die Verantwortung für die bevorstehende Spielzeit 2010/11 ab. Klaus Hacker, Vorsitzender des Theaterfördervereins, befürchtet gar „chaotische Zustände“ und mahnt ein klar definiertes, strategisches Konzept an.

„Schon heute sind wir aufgrund der ausbleibenden Entscheidungen nicht mehr in der Lage, die kommende Spielzeit seriös und verantwortlich vorzubereiten“, warnen die beiden Frontmänner von Hagens erster Kulturadresse vor einem weiteren Spiel auf Zeit. Nicht besetzte Stellen von Musikern, Beleuchtern oder auch in der Schneiderei sowie die Nicht-Übernahme der Auszubildenden bringen das Haus sowohl künstlerisch als auch organisatorisch in die Planungsklemme. Bis zum Spielzeitende am 8. Juli müssten angesichts der bis zum 23. August andauernden Theaterferien klare Richtungsentscheidungen getroffen werden, „damit wir zumindest die allernotwendigsten Maßnahmen ergreifen und somit weiteren Schaden vom Theater abwenden können“.

Verdi fordert Führungsentscheidungen ein

„Dem Theater geht es an dieser Stelle wie vielen anderen Dienststellen auch, die das Ausbleiben von Führungsentscheidungen bemängeln“, kann die Hagener Verdi-Geschäftsführerin Regina Sparfeld-Möbus den Frust von Hilchenbach und Ludwig nur allzugut nachvollziehen: „Während dem OB die Vorgabe von Konsolidierungszielen leicht von der Hand ging, hapert es nun mächtig an der Stelle, an der definiert werden muss, welche Aufgaben demnächst mit abgesenkten Standards oder auch gar nicht mehr wahrgenommen werden.“

Intendant und GMD, die sich enttäuscht über die mangelnde Gesprächsbereitschaft von Dehm zeigen, äußern zudem ihre Sorge, dass ihre permanenten Sparaktivitäten gar nicht registriert würden und „dass auf diese Weise Theater und Orchester bei lebendigem Leib so lange operiert werden sollen, bis sie nicht mehr lebensfähig sind“. Mit diesem Kurs des OB würden „das ebenso aufopfernde wie aufreibende Engagement aller Theatermitglieder in den vergangenen Jahren mit Füßen getreten wie auch den seit langer Zeit laufenden Vorbereitungen für die Jubiläumsspielzeit 2011/12 gänzlich der Boden entzogen“, nehmen Hilchenbach und Ludwig kein Blatt vor den Mund.

Sparkurs könnte das Ende des Musiktheaters bedeuten

Dabei erscheint das Szenario wahrlich dramatisch: Neben der auf Grundlage des Actori-Gutachtens bereits beschlossenen Einsparung von 800 000 Euro im Theateretat möchte Dehm auch die pauschal angedachte Personalkostenreduktion von gut 18 Prozent für den Musentempel angewendet wissen. Damit würde sich die Einsparsumme auf etwa 3,5 Millionen Euro summieren. „Damit reden wir nicht etwa über das Aus von Chor, Ballett oder Jugendtheater, sondern das wäre gleichbedeutend mit dem Ende des gesamten Musiktheaters“, sieht auch Theaterfördervereinsvorsitzender Hacker die städtischen Bühnen endgültig am Scheideweg.

Zumal auch die Kooperationsgespräche mit den Häusern in Wuppertal und Dortmund, bei denen durch intelligente Zusammenarbeit Einsparpotenziale gehoben werden sollten, nach Informationen unserer Zeitung bei weitem nicht das erbringen, was ursprünglich erhofft wurde. Offenbar kann durch Zusammenarbeit lediglich ein niedriger sechsstelliger Betrag eingespart werden.