Hagen. .

(jf) Woran erkennt man auf einem Friedhof bindungswillige Rentnerinnen? An ihrer verdrehten Gießkannentülle natürlich! Nicht die einzige überraschende Lehre aus der „Verlobung im Altenheim“, die am Sonntag im Lutz Premiere feierte.

Mit Spielfreude, Tempo und jeder Menge Selbstironie trieb der Seniorenclub des Theaters Hagen seinem Publikum die Lachtränen in die Augen. Den „ganz normalen Wahnsinn“ des Altenalltags nahm die von Clubmitglied Ulla Gericke mit spitzer Feder verfasste Kriminalkomödie aufs Korn. Gemeinsam mit Mitgliedern des Jugendclubs suchten die Senioren nicht nur den Mörder dreier Heimbewohner, sondern auch die Antworten auf andere essentielle Fragen: Wird Siegmund alle Damen zum Flaschendrehen zulassen? Wer hat Ernas Unterwäsche gestohlen? Ist Giselas Katze wirklich im Gulasch gelandet, und wird Elsbeth auf der nächsten Beerdigung wieder nur „Tom Dooley“ auf ihrer Posaune spielen?

Auch Liebe ist für die Senioren noch ein heißes Thema - schließlich sind zwei von ihnen kurz davor, sich im Alter noch einmal zu binden. Klar, dass die Versicherungsvertreterin für „Entsorgung schön gemacht“ bei den agilen Heimbewohnern nicht landen kann. Der Seniorenclub selbst hingegen hielt am Sonntag sogar der Konkurrenz durch die Fußball-WM stand: Die Zuschauerränge im Lutz waren voll besetzt und Deutschlands Tore gegen Australien wurden von Werner Hahn, der die Komödie mit Caroline Nöding inszeniert hatte, geschickt in das laufende Stück eingebunden. Erstaunlich viele Handlungsstränge entsponnen sich in zwei kurzweiligen Stunden – am Ende jedoch fand sich für die dubiosen Kräuter im Küchengarten genauso eine Lösung wie für die ebenso zweifelhaften Spendensammlungen der Zeugen Jehovas. Schade eigentlich, denn am Ende des Stücks hatte man die Heimbewohner längst liebgewonnen und hätte ihre Schrullen gerne noch länger beobachtet – sei es nun Frühaufsteherin Käthe oder Möchtegernliteratin Annemarie, die vor der schwierigen Entscheidung zwischen Franz Kafka und Georg Trakl steht. Auch die jungen Mimen spielten sich als Praktikantinnen, Küchenjunge oder durchtriebene Enkelin schnell in die Herzen der Zuschauer. Stehende Ovationen belohnten Alt und Jung. Keine Frage, dem souveränen Sieg der deutschen Fußballer hatte der Seniorenclub deutlich mehr Spannung entgegenzusetzen.