Hagen. .

Ein 21-jähriger Syrer ist im Hagener „Ehrenmordprozess“ zu einer Gefängnisstrafe von 14 Jahren verurteilt worden. Das Landgericht sah es als erwiesen an, dass der Mann zusammen mit seinem Onkel seine Cousine getötet hat. Motiv der Tat war die vermeintlich angegriffene Familienehre.

Der 21-jährige Angeklagte nahm das Urteil reglos auf, sein Vater dagegen konnte seinen Zorn nicht im Zaum halten: «14 Jahre! Sie haben sein Leben kaputt gemacht!», tobte er nach der Verhandlung auf dem Flur des Landgerichts Hagen. Nur schwer ließ er sich von Angehörigen beruhigen. Mit der Verurteilung seines Sohnes wegen Mordes ging am Dienstag der dreimonatige Prozess um einen sogenannten Ehrenmord an einer 20 Jahre alten Frau aus Schwerte zu Ende.

Der Verurteilte ist ein Cousin des Opfers, das er nach Feststellung des Gerichts Ende August 2008 gemeinsam mit seinem Onkel auf einem Parkplatz an der Autobahn 45 mit drei Schüssen getötet hatte. Wer von den beiden auf das am Boden liegende Opfer schoss, konnte das Gericht nicht endgültig klären. Zugunsten des Angeklagten nahm es an, dass der derzeit noch flüchtige Onkel der Todesschütze war.

Der Angeklagte syrischer Herkunft hatte in dem Prozess eine willentliche und wissentliche Tatbeteiligung bestritten und erklärt, von seinem Onkel zu der Tat gezwungen worden zu sein. Demnach war er mit ihm auf den Parkplatz an der A 45 bei Lüdenscheid gefahren. Dort habe der Onkel dann den Kofferraum des Pkw geöffnet und seinen Neffen mit einer Waffe dazu gezwungen, eine darin liegende Person herauszuheben. Erst später habe er erkannt, dass es sich bei dem gefesselten Menschen um seine Cousine handelte.

Das Gericht schenkte diesen Angaben keinen Glauben. Die Tat zeuge von genauer Planung und mache es unwahrscheinlich, dass der Onkel am Tattag ohne Ankündigung seinen Neffen besucht haben soll. Dahinter stehe der Versuch des Angeklagten, seinen Onkel als Alleintäter hinzustellen. Der vom Angeklagten als überraschend dargestellte Besuch des Onkels konnte im Verfahren unter anderem auch durch Protokolle von Handy-Gesprächen widerlegt werden. Demnach mietete sich der Onkel schon Tage vor der Tat in einem Dortmunder Hotel ein.

Grund für den Mord war nach Feststellung des Gerichts der westliche Lebenswandel der jungen Frau. Wegen ihres betont weiblichen Kleidungsstils und ihrem Gefallen daran, mit Männern auszugehen, habe ihre Familie ihr viele Vorwürfe gemacht. Daraus sei dann im Familienkreis die Forderung entstanden, sie zu töten. Als sich die Familienkrise zuspitzte, floh das spätere Opfer in ein Frauenhaus. Bis zuletzt habe sie gehofft, dass ihr die Familie verzeihen würde, so der Vorsitzende Richter.

Doch stattdessen beschloss ein «Familientribunal», die junge Frau zu töten, wie der Richter feststellte. Die Ermordung sei ein «gemeinsamer Tatbeschluss» der Familie gewesen, den auch der Angeklagte mitgetragen habe. Das Opfer erlebte seine letzten Sekunden dem Gericht zufolge offenbar bei vollem Bewusstsein. Dagegen hatte der Angeklagte angegeben, die junge Frau sei bewusstlos gewesen. Im Körper der Toten seien jedoch keine Spuren eines Betäubungsmittels nachgewiesen worden.

Wegen der niederen Beweggründe wandte das Gericht auf den Angeklagten nicht das Jugendstrafrecht an, obwohl der Verurteilte zum Tatzeitpunkt noch 20 Jahre alt war. Gegen eine lebenslängliche Haftstrafe, wie sie bei Mord üblicherweise vorgesehen ist, spricht nach Einschätzung des Gerichts, dass der junge Mann wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden könne und dass er die «geringeren Tatbeiträge» geleistet habe. (ddp)