Hagen.

Der Fall scheint banal, eine Verhandlung wie viele vor dem Verwaltungsgericht. Doch die Streitsache Fröhlich gegen Stadt Hagen hat eine grundlegende Bedeutung, es geht ums Prinzip: Die Straßenreinigungssatzung der Stadt steht auf der Kippe.

Siegfried Fröhlich wohnt schon lange in der Bolohstraße 81, Obstbäume und Klappliegen stehen in seinem weiträumigen, beschatteten Garten, hinter dem ein Fußweg verläuft, der sich so recht in das gutbürgerliche Wohngebiet am Haferkamp schmiegt. Fröhlich benutzt diesen Weg fast nie, er verlässt sein Haus zur anderen Seite hinaus, aber als Anlieger sei er dennoch verpflichtet, den Weg sauber zu halten. Sagt das Ordnungsamt. Und sagt das Verwaltungsgericht Arnsberg, vor dessen Schranken Fröhlich in erster Instanz unterlegen ist.

Denn der 80-Jährige weigert sich, den Gehweg zu reinigen. „Mein Grundstück wird durch den Weg ja gar nicht erschlossen“, sagt er. Er kann durch die Hecke spähen und die Menschen und Hunde beim Gassigehen beobachten. Wenn sie stehen bleiben, weiß Fröhlich schon den Grund. Der Weg ist voller Hundehaufen.

Streit mit den Nachbarn vorprogrammiert

Streit zwischen der Stadt Hagen und Anwohnern um die Reinigung des Gehweg der die Straßen Bolohstraße und Haferkamp.
Streit zwischen der Stadt Hagen und Anwohnern um die Reinigung des Gehweg der die Straßen Bolohstraße und Haferkamp.

Es erscheint ihm unzumutbar, dass den Anwohnern die Beseitigung dieser stinkenden Hinterlassenschaften übertragen wird. Fröhlich muss nur bis zur Wegmitte reinigen, die Säuberung der anderen Hälfte obliegt dem Nachbarn gegenüber, und er könne ja, sagt er listig, den Hundekot und weiteren Unrat mit einem Hochdruckreiniger auf die andere Seite spritzen. Das werde er natürlich nicht tun, aber: „Man sieht, Krach mit der Nachbarschaft ist hier doch programmiert.“

Sein Anwalt Klaus-Peter Kniffka hat die Straßenreinigungssatzung der Stadt Hagen unter die Lupe genommen. Dort heißt es in Paragraph 3: „Die Gehwege sind freitags vom 1. April bis 30. September bis spätestens 18 Uhr und vom 1. Oktober bis 31. März bis spätestens 16 Uhr zu säubern.“ Ja, was denn, fragt Anwalt Kniffka, an den übrigen Tagen dürfen die Wege nicht gereinigt werden? Und gibt selbst die Antwort: „Es müsste doch heißen: Die Wege sind bei Bedarf zu säubern.“

Fehlende Details sind von erheblicher Bedeutung

Außerdem sei die Satzung viel zu unbestimmt gehalten, moniert der Rechtsanwalt. Sie verliere kein Wort darüber, was von den Anliegern denn nun eigentlich verlangt werde. Müssen sie bloß einen Besen in die Hand nehmen und fegen? Müssen sie die in den Weg hineinragende Vegetation wegschneiden? Den Hundekot wegspritzen? Die Ritzen zwischen den Gehwegplatten mit der Zahnbürste von Moos und Unkraut befreien?

Reine Polemik, mag man einwenden, der gesunde Menschenverstand reiche doch aus, um einen Gehweg zu reinigen. Aus juristischer Sicht sind die fehlenden Details jedoch von erheblicher Bedeutung. „Ich halte die gesamte Satzung für nichtig“, fasst Kniffka seine Argumente zusammen und verweist auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Schleswig, das eine ähnliche Satzung für ungültig erklärt hat.

Es geht ums Grundsätzliche

Es geht also ums Grundsätzliche. Das Hagener Ordnungsamt hat, weil Fröhlich seiner vermeintlichen Pflicht nicht nachkam, den Weg selbst gereinigt und ihm die Kosten in Rechnung gestellt. 530 Euro sollte der Rentner für drei Arbeiterstunden, eine Meisterstunde, drei Lkw-Stunden sowie die Entsorgung zahlen. Dagegen zog er vors Verwaltungsgericht, wo seine Klage mit der Begründung, die Stadt dürfe ihre Reinigungspflicht selber ausgestalten, abgewiesen wurde.

Demnächst steht die Berufungsverhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster an. Angesichts des ungewissen Ausgangs will die Stadt keine Stellungnahme in der Sache abgeben. Rentner Fröhlich dagegen, selbstbewusst und kampfeslustig, bietet einen Kompromiss an: „Die Stadt reinigt den Weg und legt die Kosten auf alle Anwohner um. Damit wäre ich einverstanden.“