Hagen-Mitte. Was tut sich in der Innenstadt? Wie bewerten Einzelhändler und Filialisten Hagen als Einkaufsstadt? Wie kann man die Attraktivität des Oberzentrums Hagen stärken? Drängende Fragen rund um die City. Grund für die WP-Stadtredaktion, Experten des Einzelhandels zum Forum einzuladen.
Und nicht nur über Begriffe wie Sortimentsangebot, Filialisierungsgrad, Leerstände und Einkaufsgewohnheiten zu diskutieren, sondern auch über das Image der Stadt bei den Bürgern selbst sowie bei Besuchern von außerhalb zu sprechen.
Verkraftet Hagen noch eine weitere Einkaufspassage? Eine Frage, die viele Gemüter beschäftigt. „Zu allererst muss man natürlich sagen, dass Investitionen in Hagen immer gut sind”, unterstreicht Jochen Schleuter (Wolff 1782), 1. Vorsitzender der City-Gemeinschaft, räumt jedoch ein: „Unsere bereits bestehenden Bereiche werden es durch eine zweite Galerie noch schwerer haben.” Die Rede ist von der geplanten „Rathaus-Galerie” in der Mittelstraße mit rund 50 Geschäften und Shops (u.a. Kaufpark und Sinn-Leffers). Auch Christina Eylmann, Filial-Geschäftsführerin des Kaufhofs, steht der neuen Mall, wenn sie denn realisiert wird, aufgeschlossen gegenüber, obwohl: „Die obere Mittelstraße würde aufgewertet, Einzelhändler an der unteren Elbe würden wohl einen Kundenrückgang verzeichnen.” Christina Eylmann: „Die Mitte ist stark und funktioniert schon jetzt, doch die Attraktivität der Nebenlagen würde weiter abnehmen.”
"Mitsprache wünschenswert"
Karin van Doornick (van Doornick Mode und Schuhe) würde gern im Vorfeld erfahren, welche Anbieter in die Galerie zögen und ob das bisherige Angebot in der Stadt auch tatsächlich sinnvoll erweitert würde, „eine Mitsprache der heimischen Händler wäre daher wünschenswert”. Markus Scheer, neuer Center-Manager der Volme-Galerie, sieht in einer zweiten Passage zwar eine weitere Attraktivitätssteigerung der Innenstadt, vertritt jedoch die Ansicht, dass „in Hagen keine großen Verkaufsflächen fehlen”. Hagen habe einen hohen Filialisierungsgrad („Bis auf ,Zara' sind beinahe alle Filialisten hier vertreten.”), sei also für große Ketten schon heute ein lukrativer Standort. Der Center-Manager weiter: „Wenn der City-Kern durch eine weitere Mall gestärkt wird, fransen die Ränder noch weiter aus. Das sehe ich kritisch.”
Einig sind sich die vier City-gemeinschafts-Vertreter, dass eine funktionierende Innenstadt zwar von einem pulsierenden 1-A-Lage-Kern lebt, aber auch Laufachsen, die Kundenströme steuern, benötigt. Nicht mehr existieren würden heute Achsen-Endpunkte, wie sie früher Schwenke und B & U gebildet hätten.
Markthalle fehlt
Was fehlt in der City? Für Karin van Doornick ganz klar eine Markthalle, wie es sie vor Jahren in der Elberfelder Straße gab, „und Lebensmittelgeschäfte mit hochwertigem Sortiment”. Die übrigen Forums-Teilnehmer würden einen weiteren Herrenausstatter, der hochwertige Garderobe anbietet, begrüßen.
Hagens neue Mitte? Die Experten bescheinigen dem Ebert-Platz vor der Volme-Galerie hohe Aufenthaltsqualität, gerade im Sommer habe die City wirklich Flair. Christina Eylmann: „Die Innenstadt hat sich stark verändert, und es passiert weiterhin viel. Doch diese positive Entwicklung muss auch nach außen getragen werden.” Womit die Filial-Chefin auf ein derzeit fehlendes Stadtmarketing anspielt. „Es brennt uns auf der Seele, dass es wieder eine Instanz ,Stadtmarketing' gibt. Wir Händler führen Gespräche untereinander und planen Aktionen - alles ehrenamtlich - mehr ist nicht drin'.” Jochen Schleuter ergänzend: „Der Bereich Stadtmarketing muss sich neu entwickeln, sollte fachmännisch, jedoch nicht von Verwaltungsleuten, geführt werden. Und das Vertrauen der Sponsoren muss zurückgewonnen werden.”
Gespräche mit Mietern
Leerstände in der City? Leerstände gäbe es in jeder Großstadt, sprechen die Einzelhandels-Experten mit einer Stimme. Bezüglich der freien Fläche in der Volme-Galerie (Ex-Basic-Bio-Supermarkt) und der leerstehenden Räumlichkeiten im Stadtfenster würden Gespräche mit möglichen Mietern geführt, so Scheer, aber konkret wolle er sich noch nicht äußern.
Seiner Funktion als Oberzentrum würde Hagen mit seinen mehr als 190 000 Einwohnern gerecht; Kundenerhebungen attestieren einen hohen Anteil auswärtiger Besucher (größtenteils aus dem EN- und Märkischen Kreis). Scheer: „Die Frequenzen sind gut. Besucher aus den umliegenden Städten sind zufrieden mit dem Branchenmix, nur die Hagener selbst bewerten ihre City häufig nicht so positiv.”
"Früher konnte manleichter planen"
Einkaufsgewohnheiten? „Die Kunden sind flexibler geworden; früher konnte man leichter planen”, resümiert Karin van Doornick. Frau Eylmann stimmt zu: „Nur der Samstag ist mit 35 Prozent des Umsatzes der gesamten Woche als absolut stärkster Tag geblieben.” Auch Markus Scheer kennt die Unberechenbarkeit des Kunden, „doch ein Zickzack-Verlauf beim Umsatz ist normal. Hauptsache, das Wochendurchschnittsergebnis stimmt”.
Unabhängig vom Angebot des Einzelhandels - was täte der City gut? „Ein modernes Innenstadt-Hotel”, ist sich Jochen Schleuter sicher. Das neue Kunstquartier sieht der Vorsitzende der City-Gemeinschaft als deutlichen Gewinn für die Stadt: „Hoffentlich profitieren künftig auch Einzelhandel und Gastronomie von der attraktiven Museumsinsel.”