Hagen. Im Treppenhaus stapeln sich Müll und Unrat, Scheiben sind eingeschlagen, der Hof gleicht einer Müllkippe. Das Horror-Haus in Hagen beschäftigt sechs Behörden. Der Vermieter bekommt das Chaos bislang nicht in den Griff.

Die Zustände im Haus an der Eugen-Richter-Straße 98 in Hagen-Wehringhausen sind eigentlich unhaltbar. Sechs Behörden schicken hier regelmäßig ihre Aufsichtsbeamten vorbei: die Untere Wasserbehörde, die Abfallbehörde, das Ordnungsamt, die Stadtentwässerung, das Bauordnungsamt und das Gesundheitsamt. Alle sehen sie hier nach dem Rechten.

Es ist aber auch ein wahres Horror-Haus, ein Dreckloch. In dem verlotterten Treppenhaus stapeln sich Müll und Unrat, der Staub liegt dick auf Fensterbänken und Böden, an mancher Wohnungstür sind die Scheiben eingeschlagen. Man kann den Mief förmlich riechen. Und das alles bietet der Hinterhof in potenzierter Form, nur dass hier auch noch Efeu und Gesträuch wild durcheinander wuchern und Wasser in trommelndem Stakkato aus einem abgebrochenen Rohr tropft. Wenn in einer der Mietwohnungen der Spülhahn aufgedreht wird, ergießt sich ein Wasserschwall in den Hof. „Am schlimmsten aber war das defekte Abwasserrohr”, sagt Georg Thomys, Leiter des Bauordnungsamtes, und rümpft die Nase. Drei Tage lang flossen die Fäkalien der Hausbewohner ungeklärt in den Garten, es muss entsetzlich gestunken haben. Das Gesundheitsamt hat (noch) keine bakterielle Verseuchung festgestellt.

Erbaut um Jahrhundertwende

Das Haus an der Eugen-Richter-Straße 98 war einmal ein schönes Haus. Erbaut um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, vermittelt die Fassade noch heute eine Ahnung einstigen Bürgerstolzes. Der schleichende Verfall, wann setzte er ein? Der Besitzer, Horst Edel (72), ein ehemaliger Opernsänger, wohnt in Baden Baden. 150 000 Euro habe er in den vergangenen vier Jahren in die Sanierung des Gebäudes gesteckt, berichtet er am Telefon: „Einige Bewohner unterschlagen einfach die Miete. Wenn ich sie endlich los bin, lassen sie ihren Unrat zurück. Sie gehen zum Amt, beantragen neue Möbel und verhunzen die nächste Wohnung.”

Die Stadtverwaltung hat Edel kürzlich mit drei Zwangsgeldern gedroht: wegen Holzstapeln, ach was, Bretterbergen im Hausflur und kaputter Treppenstufen. „Diese Mängel sind dann beseitigt worden”, so Zeki Ates, Sachbearbeiter im Rathaus.

Mietnomaden

„Dem Vermieter kann man keinen Vorwurf machen”, sagt Mieter Kai-Uwe Stein. Wohl aber einigen Mitbewohnern des Hauses: „Das sind regelrechte Mietnomaden.” Auch Olaf Möller (33), der im benachbarten Haus Nr. 96 lebt und für Edel die Vermittlung leer gezogener Wohnungen übernommen hat, macht die Mieter für die asozialen Verhältnisse verantwortlich: „Wenn eine neue Tür eingebaut ist, gebe ich Ihnen drei Monate, dann ist die Tür eingetreten.” Bereitwillig zeigt er eine vor Schmutz starrende Wohnung: „Die Leute sind einfach abgehauen.”

Für die ästhetischen Mängel, für den Dreck kann die Stadt kein Zwangsgeld verhängen. „Wir müssen uns an die Fakten halten”, sagt Thomys. Deshalb wende man sich an den Eigentümer, der sei dafür verantwortlich, dass Bestands- und Verkehrssicherheit, Brandschutz und gesunde Wohnverhältnisse gewährleistet seien. Ja, man habe auch schon über eine Zwangsräumung nachgedacht: „Aber dann stehen alle Mieter auf der Straße.”

Hof als Müllkippe

Es wohnen nicht wenige Hartz-IV-Bezieher in dem Haus, und zwei Türen weiter, in Haus Nr. 102, das ebenfalls Edel gehört, ist es genauso. Möller zeigt den Hof, oder besser: Er zeigt die Müllkippe. Er steht inmitten eines ungeheuren Müllhaufens. Auf einer Balkonstange ist ein halbes Brötchen aufgespießt, möglicherweise als Vogelfutter. „Wenn der Hartz-IV-Geruch erst einmal im Haus hängt, kriegt man keinen vernünftigen Mieter mehr”, sagt Edel. Er ist weit weg in Baden Baden, und wenn er etwas reparieren lässt in diesem einstmals stolzen Bürgerhaus, dann mutet das an wie Flickschusterei, und kann er wirklich dafür verantwortlich gemacht werden, wenn betrunkene Mieter die Türen einschlagen, die Abwasserrohre beschädigen und ihren Müll aus dem Fenster werfen?

Der Unrat, die offene Kloake, die Zerstörungen - all das ist bittere Realität. Mitten in Hagen. Mitten in Deutschland. Das Haus wird die Hagener Behörden wohl noch lange Zeit beschäftigen.

Mief und Müll im Hagener Horror-Haus

Vermülltes und versifftes Haus in Hagen, Stadtteil Wehringhausen in der Eugen-Richter-Straße.
Vermülltes und versifftes Haus in Hagen, Stadtteil Wehringhausen in der Eugen-Richter-Straße. © WP
Vermülltes und versifftes Haus in Hagen, Stadtteil Wehringhausen in der Eugen-Richter-Straße.
Vermülltes und versifftes Haus in Hagen, Stadtteil Wehringhausen in der Eugen-Richter-Straße. © WP
Vermülltes und versifftes Haus in Hagen, Stadtteil Wehringhausen in der Eugen-Richter-Straße.
Vermülltes und versifftes Haus in Hagen, Stadtteil Wehringhausen in der Eugen-Richter-Straße. © WP
Vermülltes und versifftes Haus in Hagen, Stadtteil Wehringhausen in der Eugen-Richter-Straße.
Vermülltes und versifftes Haus in Hagen, Stadtteil Wehringhausen in der Eugen-Richter-Straße. © WP
Vermülltes und versifftes Haus in Hagen, Stadtteil Wehringhausen in der Eugen-Richter-Straße.
Vermülltes und versifftes Haus in Hagen, Stadtteil Wehringhausen in der Eugen-Richter-Straße. © WP
Vermülltes und versifftes Haus in Hagen, Stadtteil Wehringhausen in der Eugen-Richter-Straße.
Vermülltes und versifftes Haus in Hagen, Stadtteil Wehringhausen in der Eugen-Richter-Straße. © WP
Vermülltes und versifftes Haus in Hagen, Stadtteil Wehringhausen in der Eugen-Richter-Straße.
Vermülltes und versifftes Haus in Hagen, Stadtteil Wehringhausen in der Eugen-Richter-Straße. © WP
Vermülltes und versifftes Haus in Hagen, Stadtteil Wehringhausen in der Eugen-Richter-Straße.
Vermülltes und versifftes Haus in Hagen, Stadtteil Wehringhausen in der Eugen-Richter-Straße. © WP
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