Wehringhausen. Die Villa Springmann in Wehringhausen, erbaut von 1909 bis 1911 unter Leitung des berühmten Architekten Henry va de Velde, wird aufwändig saniert. Demnächst sollen dort betuchte Senioren einziehen.
Vor genau 100 Jahren begann der Architekt Henry van de Velde auf Geheiß des Industriellen Rudolf Springmann mit dem Bau eines herrschaftlichen Hauses in Wehringhausen. Dieses historische Kleinod wird derzeit aufwändig saniert und soll nach Fertigstellung solventen Senioren einen altersgerechten Ruhesitz bieten.
Wenn heute in Hagen der Name van de Velde fällt, überschlagen sich Stadtkenner und Denkmalschützer vor Begeisterung. Denn der große Baumeister, einer der hervorragendsten Vertreter des Jugendstils, setzte architektonische Glanzpunkte. Die Springmann-Villa, gelegen in der Christian-Rohlfs-Straße 49, gehört dazu.
Für den Mitinhaber der damaligen Schraubenfabrik Funcke & Hueck schuf van de Velde ein repräsentatives Wohnhaus, in dem er den in Form eines Kreuzes angelegten Grundriss bis in die Wegeführung des Gartens fortsetzte. Prägend ist der halbrunde Erker an der Straße, in dem einst ein über zwei Geschosse reichender Wintergarten untergebracht war. Aber auch die Loggia, die in den einem Park ähnlichen Garten führt, ist ein Beispiel für die hohe Kunst geschmackvoller, distinguierter Lebensweise.
Besitzerwechsel
Die blaugrünen Fliesen stammen aus der Zeit van de Veldes, ebenso die Heizkörperverkleidungen, die Beschläge an den Türen, das Muster des Parkettfußbodens und die etwas konventionell wirkenden Pfeiler mit der Stuckverzierung in dem großartig zentral platzierten Flur-Salon.
Doch wurden im Laufe der Jahre zahlreiche Gestaltungselemente wie Zierverschieferungen und Glasornamente verändert. Die Villa wechselte die Besitzer, eine Zeitlang lebten leitende Angestellte der Firma Feldmühle in den 600 Quadratmeter umfassenden Räumen. Und alle Bewohner veränderten die Inneneinrichtung, tauschten Möbel aus, „modernisierten” die Zimmer.
Viele Geschmäcker
1963 kauften die in Berlin ausgebombten Großeltern des Unternehmers Dr. Stephan Gerber (Wippermann GmbH) das Anwesen. Als dessen Eltern vor einigen Jahren starben, stand Gerber, der mit Familie in Syburg lebt, vor der Frage, was mit der sanierungsbedürftigen, unter Denkmalschutz stehenden Immobilie geschehen sollte: „Wir haben schon damit geliebäugelt, wieder nach Hagen zu ziehen, uns aber für Syburg entschieden.”
Dennoch stellte sich Gerber (56) der Verantwortung für das familiäre Erbe und ließ die Villa unter der Leitung des Architekten Erwin Sommer für einen „mittleren sechsstelligen Betrag” sanieren. Dem Baufachmann gelang das Kunststück zu erhalten, was erhaltensfähig war, und so die Geschmäcker vieler Eigentümer zu vereinen. „Es wäre nicht möglich gewesen, sich auf einen Zeitabschnitt zu konzentrieren”, so der Architekt.
Groschengrab
Ohnehin ist das alte Haus ein Energiefresser, die Nebenkosten seien jahrelang ein „Groschengrab” gewesen, sagte Gerber. Zwar gibt es nun eine technologisch hochwertige Gasheizung, doch für die Fenster durfte nur das dünnste Isolierglas verwendet werden, das auf dem Markt ist. Der Denkmalschutz will es so. Immerhin: „Wenn meine Schwiegereltern das Haus so sähen, würden sie sich freuen”, gab sich Caroline Gerber überzeugt.
Demnächst soll die ehemalige Unternehmer-Residenz als „Stadtgartenvilla” sieben Senioren einen angenehmen Lebensabend ermöglichen. Mit hauseigenem Fahrdienst, kulturellem und sportlichem Angebot. Gabriele Schemmann, Betreiberin des Hauses, ist es wichtig, dass „Leben in die Räume kommt”. Die Eheleute Gerber sind mit der neuen Form der Nutzung zufrieden. Am 10. Oktober ist Tag der Offenen Tür.