Hagen. Der TÜV Nord ist wieder mit einer eigenen Station in Hagen vertreten. Ein erster Besuch in der Feldmühlenstraße.

Es soll Leute geben, die vor dem TÜV-Termin noch einmal ganz bewusst ihr Auto bis zum Rand volltanken, um dem Gutachter voller Selbstbewusstsein zu signalisieren, dass man selbst unerschrocken an die Qualität des Wagens glaube. Eine Geste, durch die sich Julian Trutzenberg kaum beeindrucken lässt: „Wenn ein Fahrzeug kaputt ist, gibt es kein Erbarmen“, betont er mit fester Stimme. „Das bin ich dem Kunden, aber vor allem auch den anderen Menschen auf der Straße schuldig.“

Als Leiter der neu eröffneten TÜV-Nord-Prüfstelle an der Feldmühlenstraße neben dem etablierten Toyota-Autohaus ist er natürlich völlig unbestechlich. Den als „Gedankenstütze“ ans Auspuffrohr gebundenen 50-Euro-Schein hat der 27-Jährige in seiner jungen Karriere bislang noch nicht erlebt – und wäre gegen diese Form der wohlmeinenden Beeinflussung garantiert ebenfalls immun.

Wenn ein Fahrzeug kaputt ist, gibt es kein Erbarmen.
Julian Trutzenberg - Leiter der neuen TÜV-Nord-Prüfstelle an der Feldmühlenstraße

Fast sechs Jahre lang war der TÜV, der seit mehr als 150 Jahren als maßgebliche Prüfinstanz in Deutschland gilt, nach der Schließung der vierspurigen Station an der Steinhausstraße in Kabel mit einer eigenen Anlaufstelle aus Hagen verschwunden. Umso engagierter ist Trutzenberg mit seinem Team seit April daher bemüht, mit moderner Technik, Servicequalität und Kundenorientierung an Mitbewerber verlorenes Terrain zurückzuerobern.

Dabei geht es nicht bloß um die Gewährleistung der Sicherheit von Zwei- und Vierrädern, sondern er bietet dort ebenso die Abnahme von Führerscheinprüfungen an. Zu den klassischen Haupt- und Abgasuntersuchungen gesellen sich zudem Änderungsabnahmen bei Umbauten, Unfallverhütungsprüfungen oder auch Oldtimer- sowie Schadens- und Wertgutachten. „Natürlich können wir ebenso Elektrofahrzeuge auf Herz und Nieren untersuchen – Batterie- und Ladecheck inklusive“, umreißt der Stationsleiter das vielfältige Spektrum.

Die neue, modern gestaltete TÜV-Nord-Station an der Feldmühlenstraße befindet sich direkt neben dem Toyota-Autohaus.
Die neue, modern gestaltete TÜV-Nord-Station an der Feldmühlenstraße befindet sich direkt neben dem Toyota-Autohaus. © WP | Michael Kleinrensing

Klassische Schrauber-Passion

Der studierte Maschinenbauingenieur, der im Anschluss noch eine TÜV-Ausbildung zum amtlich anerkannten Sachverständigen genossen hat und als Prüfingenieur für Fahrzeugtechnik fit gemacht wurde, hat seinen Weg in den Job bereits als Kind eingeschlagen. „Groß geworden auf einem Bauernhof, habe ich schon ganz früh damit begonnen, mich um Landmaschinen zu kümmern“, erzählt der gebürtige Iserlohner, der heute in Letmathe wohnt. Später habe er wie viele andere Jungs auch leidenschaftlich an Autos und Motorrädern gebastelt und herumgeschraubt und somit frühzeitig einen Instinkt dafür entwickelt, was technisch machbar, aber eben nicht immer erlaubt ist.

Heute kommt es Trutzenberg vor allem darauf an, gemeinsam mit den Kunden den Zustand ihrer Fahrzeuge zu besprechen und konstruktive Tipps und Hinweise zu geben. Eine Doppelrolle als technischer Begleiter, aber bei Bedarf eben auch als Scharfrichter über die ersehnte Plakette.

Auf zwei Spuren geht es durch die nagelneue, (noch) schneeweiße Prüfhalle über den Bremsenprüfstand hinweg auf die Hebebühne oder bei den Großfahrzeugen auf die Lkw-Grube: Lichtprüfung, Abgastest, Achsspielmessung und immer wieder kritische Blicke mit viel Erfahrung auf Außenhaut und Verschleißteile.

Dabei begleitet heutzutage eine KI-gestützte Spracheingabe den effizienten Prüfablauf mit Laptop: „Diese Technologie fördert nicht nur einen schnelleren Ablauf, sondern verbessert auch die Zuverlässigkeit und Transparenz unserer Arbeit“, erläutert der Stationsleiter. Nach einer halben Stunde ist meist alles erledigt, inklusive Papierkram.

Ohne Laptop und Spracherkennung sowie Künstliche Intelligenz geht beim TÜV heute nichts mehr. Doch die moderne Technik beschleunigt vor allem den Prüfprozess und macht die Arbeit transparenter, meint Stationsleiter Julian Trutzenberg.
Ohne Laptop und Spracherkennung sowie Künstliche Intelligenz geht beim TÜV heute nichts mehr. Doch die moderne Technik beschleunigt vor allem den Prüfprozess und macht die Arbeit transparenter, meint Stationsleiter Julian Trutzenberg. © WP | Michael Kleinrensing

Immerhin: 20 bis 30 Prozent der Fahrzeuge fallen auch heute noch durch. Dabei sind es im Zeitalter der feuerverzinkten Karosserien weniger die Rostmängel, die den Prüfern die Sorgenfalten auf die Stirn treiben, sondern Mängel an der Bremsanlage, an der Lichttechnik oder unpassende Bereifungen.

Raum für Theorie-Prüfungen

In einem Nebenraum der maßgeschneiderten Station in Hagen finden zudem die theoretischen Führerscheinprüfungen statt – videoüberwacht, um Schummelversuche zu dokumentieren. Dabei gibt es nicht bloß Kandidaten, die sich Unterstützung per Handy ergaunern wollen, sondern auch echte Betrüger, die mit falschen Ausweisen fremde Identitäten vorgaukeln, um „guten Bekannten“ über die Theorieprüfungsklippe zu helfen: „Bevor wir diese Leute packen können, ergreifen sie meist schon die Flucht“, beweist Trutzenberg auch hier Unbestechlichkeit und kennt kein Pardon.

Wer sein Fahrzeug, egal ob Auto, Laster, Wohnmobil, Anhänger, Motorrad oder Landmaschine, an der inzwischen deutlich kleineren TÜV-Station – viele Untersuchungen finden heute direkt in den Werkstätten statt – vorführen möchte, kann bereits an der Eingangstür per QR-Code einen Termin buchen. Die TÜV-Station ist grundsätzlich montags bis freitags von 8 bis 16.30 Uhr geöffnet. Darüber hinaus bieten Trutzenberg und sein Team einen langen Donnerstag bis 19.30 Uhr sowie Samstagstermine zwischen 8 und 13 Uhr an.