Hagen. „Blitzgewitter“ nennt die Hagener Polizei ihre Aktion. Unsere Mitarbeiterin Bianca Junker hat das Team der Polizei einen Abend begleitet.
Es regnet in Strömen, als zwei Beamte der Direktion Verkehr der Polizei Hagen am vergangenen Freitagabend das mobile Geschwindigkeitsmessgerät ES 8.0 im Stadtgebiet in Stellung bringen. Hintergrund ist die europaweite Aktion „Roadpol Operation Speed“, die die ganze Woche stattgefunden hatte. Hagen tituliert den Einsatz „Blitzgewitter bei Nacht“.
Start an dieser Messstelle ist um 19 Uhr, geblitzt wird bis spät in die Nacht. Vor Ort ist auch die Pressesprecherin der Polizei, Ramona Arnhold, die die Social Media Kanäle der Polizei Hagen live mit relevanten Informationen füttert und mit Nutzern aktiv interagiert, in dem sie online Fragen beantwortet. Zudem hat sie auch andere Kanäle im Blick und stellt schon während des Aufbaus des Gerätes fest, dass Verkehrsteilnehmer sich untereinander vor der Kontrollstelle warnen. Beobachtet die Polizei das mit Argwohn? „Nein“ antwortet Arnhold, „die Autofahrer werden dadurch dazu gebracht, auf die Geschwindigkeit zu achten“.
8024 Unfälle im vergangenen Jahr
Eine der am häufigsten gestellten Fragen ist „Habt ihr nichts Wichtigeres zu tun?“. Arnhold antwortet deutlich: „Wir möchten euch nicht ärgern, sondern schützen. Wir möchten, dass so wenig Menschen wie möglich im Straßenverkehr verletzt oder getötet werden. Jeder Unfall ist vermeidbar und hat eine Ursache. Geschwindigkeitsverstöße gehören zu den Hauptunfallursachen, darum sind Kontrollen wichtig.“ 8024 Unfälle nahm die Polizei im vergangenen Jahr insgesamt auf, 685 Personen wurden zum Teil schwer verletzt und sieben Verkehrstote sind zu beklagen.
Das Blitzgerät ist inzwischen aufgebaut. Die Einrichtung dauert etwa 15 Minuten. Insgesamt umfasst die Messstelle drei einzelne Geräte: den Sensor, die Kamera und den Tablet-ähnlichen Bildschirm. Ein Router verbindet alle über WLAN miteinander. Insgesamt stellen die Komponenten eine exakt aufeinander abgestimmte Einheit dar, werden regelmäßig geeicht und arbeiten präzise. Für den Aufbau müssen die Abstände zur Fahrbahn protokolliert werden, die Fahrbahnneigung wird ebenso berücksichtigt wie die Fahrbahnbreite und eine Fotolinie wird eingezeichnet. Diese ist exakt drei Meter vom Sensor entfernt und der Punkt, an dem die Fahrzeuge geblitzt werden.
Zudem dokumentieren die Beamten in einem Protokoll das Datum und die Uhrzeiten des Einsatzes, welches der vier Geschwindigkeitsmessgeräte benutzt wurde mit genauen Standort- und Eichdaten. Es wird der Fahrbahnzustand notiert, die Lichtverhältnisse und das Verkehrsaufkommen. Zudem kontrollieren die Beamten vor und nach der Messung die relevanten Verkehrszeichen.
Toleranzen zu beachten
Das Blitzgerät muss so ausgerichtet sein, dass sowohl Kennzeichen als auch der Fahrer gut erkennbar sind. Die Feinabstimmung erfordert einige Probefotos, der Blitz kann mit dem Bildschirm in der Höhe verstellt werden, so dass Kennzeichen nicht überblenden und der Fahrzeuginnenraum ausreichend ausgeleuchtet wird. Der Sensor nimmt jedes Fahrzeug mit drei Sensoren im Abstand von 50 Zentimeter auf. Gibt es Unstimmigkeiten zwischen den Sensoren, wird die Aufnahme annulliert und das Blitzgerät löst nicht aus. Das kommt zum Beispiel vor, wenn auf der gegenüberliegenden Fahrbahn ein Fahrzeug auf gleicher Höhe aufgenommen wird, denn der Sensor erfasst beide Fahrbahnrichtungen, geblitzt wird aber nur in eine Richtung. Bei erlaubten 50 km/h löst das Gerät bei 59 km/h aus, 3 km/h werden tolerant in Abzug gebracht. Das gilt für die städtischen stationären Blitzer wie für die mobilen Blitzgeräte der Polizei gleichermaßen. Ab 101 km/h werden drei Prozent abgezogen.
33 Verstöße geahndet
In der ersten Stunde blitzt es zwölfmal. Zwischendurch kommt ein besorgter junger Mann zu Fuß zur Messstelle und bittet die Beamten um Auskunft, ob man ihn erwischt habe. Er habe mit einem Firmenfahrzeug vor fünf Minuten die Messstelle passiert und wolle seinen Arbeitgeber gegebenenfalls gerne vorwarnen. „Nein, Sie haben Glück gehabt. Aber passen Sie auf und fahren Sie vorsichtig.“ Es blitzt wieder. Hätte der Fahrer ein Handy am Ohr, so würden zwar beide Vergehen notiert, mit einem Bußgeld belegt würde aber nur der Handyverstoß, weil der Geschwindigkeitsverstoß in diesem Fall unterrangig wäre. Fahrzeugrennen finden in der heutigen Nacht zum Glück nicht statt. Würde hier ein Mensch sein Leben verlieren, würden die Fahrer des Mordes angeklagt werden.
Am Ende des Einsatzes werden 760 Fahrzeuge erfasst worden sein. 33 waren zu schnell. Deren Daten gehen jetzt zur Auswertung ins Verkehrskommissariat und in der Folge zur Bußgeldstelle. Von dort werden die betroffenen Fahrzeughalter in den nächsten Wochen Post bekommen.