Hagen. Mit dem Abschied von Kämmerer Christoph Gerbersmann endet in Hagen eine Finanzära voller Verzicht, aber auch mit Erfolgen.
Rein menschlich erscheint die Lust von Christoph Gerbersmann auf einen Jobwechsel nachvollziehbar: Wenn man sich über fast zwei Jahrzehnte auf verschiedensten Ebenen permanent um den pekuniären Notstand seiner Heimatkommune kümmert und mit den aktuellen Beratungen zum Doppelhaushalt 2024/25 wieder einmal feststellen muss, dass trotz aller Bemühungen der Schuldenberg in den nächsten Jahren wieder rasant zu wachsen droht und zugleich die politische Gefolgschaft massiv bröckelt, darf es nicht verwundern, wenn die Leidenschaft für den Job in Hagen erlischt. Zumal, wenn eine attraktive Alternative lockt.
Als Kämmerer und ewiger Sparsamkeits- und Verzichtsmahner gewinnt man in einer notleidenden Stadt ohnehin nie den Beliebtheitspokal. Als der einstige CDU-Fraktionschef das Ressort in der Ära von Ex-OB Peter Demnitz von seiner Vorgängerin Annekathrin Grehling übernahm, erbte er zugleich die millionenschwere Derivate-Katastrophe. Direkt zum Start eine traumatische Erfahrung, die Gerbersmanns Hang zu absoluter Haushaltsdisziplin – neben der fachlichen Begleitung durch den vom Regierungspräsidenten entsandten Mentor Stefan Bajohr – zusätzlich prägte. Immerhin gelang es ihm, das Minus der Kassenkredite von knapp 1,3 Milliarden Euro auf zwischenzeitlich unter 900 Millionen Euro zu senken – ein pekuniärer Erfolg, den die nächsten Haushaltsjahre aufzufressen drohen.
Was wurde dadurch erreicht? Ja, den nachfolgenden Generationen bleiben noch höhere Schulden erspart. Jedoch erben sie im Gegenzug eine marode, unzeitgemäße Infrastruktur sowie einen schwächelnden Wirtschaftsstandort, der Hagen immer weniger zu einer lebenswerten Stadt macht und den Ruf bundesweit negativ prägt. Deshalb engagierte sich der letzte Dezernent mit Hagener Stallgeruch im Verwaltungsvorstand auch bundesweit als Sprecher des „Aktionsbündnisses für die Würde unserer Städte“, um der erdrückenden Altschuldenproblematik den gebotenen Rahmen zu geben – leider bis heute effektfrei.
Parteipolitisch leistet Gerbersmann seiner CDU mit seinem Karriereschritt obendrein einen Bärendienst: Dem künftigen Oberbürgermeister, der ab Herbst 2025 absehbar aus den Reihen der Union stammt, fehlt mit Abgang des altgedienten Finanzdezernenten und Rathaus-Intimus ein ganz wichtiger Verbündeter und Verbindungsmann in die Tiefen der Verwaltung hinein.
Dafür erhält der Orchideen-Fan in der Rolle als künftiger Ex-Kämmerer die Beinfreiheit zurück, sich parteipolitisch wieder sichtbarer einbringen zu können – beispielsweise als Christian-Nienhaus-Nachfolger in der Rolle des Kreisschatzmeisters oder gar als CDU-Kreisvorsitzender, falls es Amtsinhaber Dennis Rehbein 2025 tatsächlich in den Sessel des Oberbürgermeisters ziehen sollte.