Wehringhausen. Die Augustastraße in Wehringhausen ist seit dem Herbst eine Fahrradstraße. Doch für die Zweirad-Nutzer bleiben es dort weiterhin sehr gefährlich.

Spätnachmittag, 18.20 Uhr in der Auguststraße: Ein Radfahrer strampelt in der März-Dämmerung in Fahrtrichtung Haspe durch das untere Wehringhausen. Eine Pflanzinsel rund um einen Straßenbaum verengt die ohnehin wenig üppige Spur, um den Verkehr in der nahtlos zugeparkten Wohnstraße zusätzlich einzubremsen. Aus der Gegenrichtung nähert sich ein Skoda-Kombi, dessen Fahrer keinerlei Anstalten macht, den Fuß vom Gaspedal zu nehmen. Verärgert gestikulierend macht der Zweirad-Nutzer kurz vor der Engstelle eine Vollbremsung, springt aus dem Sattel und schickt dem ignoranten Autofahrer noch einen nicht-zitierfähigen Fluch hinterher. Denn: Die Augustastraße gilt seit Herbst vergangenen Jahres als eine Fahrradstraße, also als eine Zone und wichtige Ost-West-Verbindungsachse, in der die Zweirad-Fraktion alle Privilegien genießt. Allerdings werden diese bislang weitgehend mit Füßen getreten, wie die Verkehrs- und Ordnungsexperten der Stadt im Gegensatz zur Hagener Polizei in einer ersten Bilanz jetzt feststellen. Deshalb soll der Autoverkehr durch Absperrpfosten sogar noch weiter eingeschränkt werden.

„Für uns ist das weder ein Schwer-, noch ein Brennpunkt“, betont derweil Polizeisprecher Tino Schäfer, dass seine Streifenkollegen, die bekanntlich für die Überwachung des fließenden Verkehrs verantwortlich sind, im ersten halben Jahr des Fahrradstraßen-Daseins keine massiven Verstöße festgestellt hätten. Allerdings sei es auch ausgesprochen schwierig, so der Behördensprecher, Missachtungen des Anliegerverkehrs oder Abstandsverstöße zu überprüfen und entsprechend zu ahnden. Der Verkehrsabteilung im Hagener Präsidium seien zudem bislang auch noch keine regelmäßigen Beschwerden seitens der Fahrradfahrer zu Ohren gekommen.

Nach nicht einmal einem halben Jahr lösen sich die auf dem Fahrbahnbelag angebrachten Piktogramme, die großflächig aufgebracht wurden, schon wieder auf.
Nach nicht einmal einem halben Jahr lösen sich die auf dem Fahrbahnbelag angebrachten Piktogramme, die großflächig aufgebracht wurden, schon wieder auf. © WP | Michael Kleinrensing

Gefährliche Situationen

Eine Wahrnehmung, die sich so gar nicht mit den Beobachtungen der Verkehrs- und Ordnungsbehörden der Stadt Hagen deckt. So werden nach Angaben des Rathauses beim turnusmäßigen Austausch mit den Interessensverbänden von ADFC, Verkehrswende Hagen und VCD immer wieder gefährliche Situationen diskutiert, die auf den dortigen Auto-Durchgangsverkehr zurückzuführen seien. Dabei haben Pkw in der Augustastraße lediglich in Ausnahmefällen überhaupt noch was zu suchen: „Die Fahrradstraße ist grundsätzlich ausschließlich für den Radverkehr nutzbar“, stellt die Verwaltung in ihrem ersten Zwischenbericht fest; der Anliegerverkehr wird hier lediglich aufgrund eines Zusatzschildes noch toleriert. Im Klartext: Außer Radfahrern sind hier maximal noch Anwohner und dort tätige Lieferanten geduldet. Alle anderen, die beispielsweise die Einzelhändler entlang der Lange Straße und am Wilhelmsplatz ansteuern oder die Augustastraße gerne als Schleichweg nutzen, haben dort nichts verloren.

Doch die Realität sieht komplett anders aus: Seit auf der Augustastraße im Herbst die Rechts-vor-links-Regelungen zugunsten einer durchgehenden Vorfahrt aufgehoben wurden, sind dort nicht bloß mehr Autos, sondern vor allem auch deutlich flotter unterwegs. Dabei werden Zweiradnutzer fleißig überholt, obwohl an den meisten Stellen der gebotene Mindestabstand von 1,50 Metern (zwischen Lenkerende und Außenspiegel) ohnehin kaum einzuhalten ist. Selbst das gemütliche Nebeneinanderfahren von mehreren Fahrrädern ist hier erlaubt und muss seitens des Autoverkehrs toleriert werden. Drängeln oder gar Weghupen sind absolut tabu. Darüber hätten nicht bloß Medien-Informationen, sondern auch Banner entlang der Fahrradstraße sowie Hinweise bei „Hagen blüht auf“ und „HagenUpdate“ ausführlich aufgeklärt, reklamiert die Stadt für sich.

Die Hinweise, dass in der Fahrradstraße in Wehringhausen neben den Zweiradnutzern lediglich Anlieger noch willkommen sind, können kaum übersehen werden.
Die Hinweise, dass in der Fahrradstraße in Wehringhausen neben den Zweiradnutzern lediglich Anlieger noch willkommen sind, können kaum übersehen werden. © WP | Michael Kleinrensing

Aufklärung greift nicht

Da diese Aufklärungskampagnen die Köpfe der Autofahrer jedoch offenkundig nicht erreicht haben, denkt die Stadt jetzt darüber nach, die Durchfahrtsmöglichkeiten für den Autoverkehr baulich weiter einzuschränken. So sollen im April an der Ecke Augusta-/Bachstraße Absperrbügel oder Metallpfosten platziert werden, die zwar den Zweiradnutzer die Passage weiter ermöglichen, Pkw und Lkw jedoch zum Abbiegen zwingen. Damit soll erreicht werden, das vor allem der Verkehr in Fahrrichtung Innenstadt bereits an der Minervastraße die Anlieger-Regelung respektiert und geradeaus den Weg in Richtung Lange Straße sucht. Begleitet werden soll diese bis Ende Mai laufende Testphase durch Verkehrszählungen, um die Vorher/Nachher-Effekte sofort messen zu können. Sollte sich diese Maßnahme bewähren, sind weitere Absperr-Poller zwischen Bachstraße und Bergischem Ring vorstellbar.