Wehringhausen. Regen und Schnee machen den Kindern nichts aus, sie toben und erkunden den Wald im Wehringhauser Bachtal. Wir erklären das besondere Konzept
Der Boden ist von den Regenfällen der letzten Tage an vielen Stellen noch matschig und aufgeweicht. Das scheint hier, im Wald hoch über Wehringhausen, aber niemanden groß zu stören. Im Gegenteil. Die Kinder entdecken den Wald, sägen an den Baumstämmen, buddeln im Sandkasten, spielen im Matsch, klettern die Äste hinauf, wirbeln über den Vorplatz, ausgestattet nur mit Gummistiefeln und Regenjacken. Weil Sturmböen angesagt sind, ist die Gruppe an diesem Morgen nicht zu einem der verschiedenen Waldplätze in der Umgebung losgezogen, sondern am kleinen Forsthaus geblieben.
Das Forsthaus, eine kleine Holzhütte im Wald in Hagen, ist ihr Zufluchtsort, wenn die Witterungsbedingungen extrem sind. „Bei normalem Regen oder Schnee gilt das natürlich nicht. Wir sind so gut es geht und eigentlich den Großteil des Tages draußen im Wald“, sagt Jane Knackstedt. Sie leitet die Waldkita der Johanniter im Wehringhauser Bachtal seit 2019, arbeitet hier aber schon seit 2015 als Erzieherin. „Ich würde auch nicht mehr wegwollen“, sagt sie und lächelt. Ihr Arbeitsplatz: die Natur. „Ich bin selbst quasi im Wald groß geworden - als ich von dem Konzept gehört habe, war ich sofort Feuer und Flamme.“
Damals, in den Anfängen, fiel dieses Konzept wohl etwas aus der Zeit. Zumindest war es nicht so populär. „Wir haben mit vier Kindern angefangen, jetzt sind es 19“, sagt die Leiterin nicht ohne Stolz. Viele Eltern kämen mit Geschwisterkindern wieder, andere auf Empfehlung. In Hagen gibt es immerhin keine weitere Kita mit vergleichbarem Konzept.
Holzhütte mit der nötigsten Ausstattung
Ein Konzept, bei dem das Spielen, Lernen und Erleben der Natur im Mittelpunkt steht. Die Kinder sollen Kinder sein, selbst kreativ werden, die Natur schätzen lernen, „das schafft auch Selbstbewusstsein. Wir helfen zum Beispiel ganz bewusst nicht, wenn eines der Kinder irgendwo hoch- oder runterklettern möchte. Wir geben Hilfestellungen, ja - aber sie sollen es aus eigener Kraft schaffen“, sagt Jane Knackstedt.
In der kleinen Holzhütte gibt es nur das Nötigste. Eine kleine Küchenzeile, Sitzplätze, kleine Tische, Sanitäranlagen. „Bei Minusgraden wärmen wir uns hier auf und essen hier, oder weichen notfalls auf unser Notquartier in einer anderen Kita aus. An den verschiedenen Waldplätzen sind wir draußen, ganz ohne Unterschlupf“, gibt die Leiterin Einblicke. Nur ein Regen-Tarp, also eine große Plane zum Aufspannen, bietet dann etwas Schutz vor den Wassertropfen.
Auf den Spaziergängen zu den Plätzen und beim Erkunden des Waldes lernen die Kinder in und über die Natur. Über die Jahreszeiten, die Bäume und Tiere, oder etwa Giftpflanzen. Blätter werden bei den Spielen dann zu Igeln, Äste zu Kochlöffeln oder Zauberbesen, und Steine zu wertvollen Schätzen, die beschützt werden müssen. „Sie denken sich Geschichten aus, aber helfen sich auch gegenseitig und passen aufeinander auf. Natürlich haben wir auch immer einen Blick auf das, was passiert - aber größere Unfälle hatten wir hier noch nie zu verzeichnen“, so Knackstedt.
Stärkung für das Immunsystem
Jeder der Waldplätze habe etwas Unterschiedliches zu bieten - „im Morgenkreis stimmen wir demokratisch ab, wohin unser Tag uns führt. An einem Platz beispielsweise gibt es ein großes ,Loch‘, in dem die Kinder gerne rutschen. An einem anderen gibt es viele Stämme zum Balancieren und Bäume zum Klettern“, so die Leiterin.
Dass die Kinder den Großteil des Tages an der frischen Luft verbringen, stärke das Immunsystem und sei gesund. „Das haben wir auch in der Coronapandemie bemerkt - all die Krankheitswellen, die in den anderen Kitas grassieren, fallen bei uns nicht so gravierend aus.“
Am Mittag dann, bzw. Nachmittag, werden die Kinder wieder abgeholt, oben aus dem Wehringhauser Bachtal. Einem Tal, das neben den beiden Wildgehegen wunderschöne Möglichkeiten bietet, um den Wald und die heimische Natur zu entdecken.