Hagen-Boele. 35.000 Menschen säumen den traditionellen Boeler Tulpensonntagszug. Wagen, Gruppen und Musikanten veranstalten ein tolles Straßenspektakel.

Dieses faszinierte Strahlen in den Augen von Danielo spiegelt die pure Freude wider. Soeben ist es dem Dreijährigen auf der Schulter seines Vaters tatsächlich gelungen, eine prallgefüllte Popcorn-Tüte aus der Luft zu fischen – damit ist der Kleine endgültig mit dem Boeler Karnevalsvirus infiziert. So wie 35.000 weitere Jecken, die an diesem Tulpensonntag den Weg des traditionellen Narrenumzugs durch den Hagener Norden gesäumt haben – der Großteil kostümiert. Die ungezählten Superhelden, Feen, Seeräuber, Skelette und Pharaonen begleitet von der bunten Vielfalt der Tierwelt und Verhohnepipelungen der Geistlichkeit feierten die 600 Aktiven im Zug für ihre Originalität und Ausgelassenheit.

Angesichts der zweistelligen Temperaturen und einer anhaltenden Regenpause dürfen sich die Völker des Nordens bei den befreundeten Wolkenschiebern aus Haspe dafür bedanken, dass vorhergesagte Regenwahrscheinlichkeiten eben noch lange nichts mit der Realität zu tun haben müssen. Wobei es keinen Zweifel gibt, dass diese geballte Ansammlung an Lebenslust und Ausgelassenheit gepaart mit Familientradition und nachbarschaftlicher Zuneigung auch jedem Regenschauer getrotzt hätte. Insgesamt 2,5 Tonnen Kamelle sollen die zwölf Vereine unter dem Narrenvolk verteilt haben – eine Form des Niederschlags, die der Karnevalist ja ohnehin am meisten zu schätzen weiß.

Charmant und originell: Die Kostümierungen der Zuschauer stehen den Ideen der Wagenbauer und Fußgruppen in nichts nach.
Charmant und originell: Die Kostümierungen der Zuschauer stehen den Ideen der Wagenbauer und Fußgruppen in nichts nach. © Alex Talash | Alex Talash

Tanz- und textsicher am Zug

Dabei war es der Polizei und dem als Blumen-Charmeur voranschreitenden Boeler Schutzmann „Knobi“ zu verdanken, dass der Zug ein so entschleunigtes Hulapalu-Tempo anschlug, dass immer wieder reichlich Zeit für ein launiges Verschmelzen zwischen Zuschauern und den 17 Wagen sowie 22 Fußgruppen verblieb. Da wurde gebützt, getanzt, geschunkelt, abgeklatscht und vor allem lauthals und textsicher mitgesungen: „Hodiodioooodiooodie Hodiodiodieeeee!“ Spielmannszüge und Kapellen mit insgesamt 100 Musikern sorgten immer wieder dafür, dass es nicht ausschließlich bei Stimmungspop aus der Retorte auf Finger-im-Po-Mexiko-Niveau blieb.

Zu Bestaunen gab es dabei reichlich, denn die Vereine arbeiteten sich traditionell nicht bloß am Berliner Ampel-Geschacher ab, sondern nahmen auch detailreich Lokales unter die Lupe. Der Applaus auf offener Straße war Ausdruck der großen Bewunderung des Publikums für die liebevollen Kostümierungen und Inszenierungen. Die Zip-Line-Hängepartie zwischen RWE-Pumpspeicherwerk und der Sex-on-the-Beach-Bar in Hengstey – nach dem Wunsch des Heidefreunde-Nachwuchses auch gerne mit Surfschule – zählte zu den gefeierten Hinguckern. Ebenso die Persiflage auf die marode Hegemann-Grundschule. Ganz stark auch die Fußgruppe der Loßröcke, die die Namensrechte-Posse zum vorweihnachtlichen „Blau unterm Baum“-Spektakel kurzerhand in „Stramm am Stamm“ umfirmierte – inklusive Lizenzvertrag für die Neu-Wortschöpfung.

Die Kinder dürften sich kaum beschwert haben: 2,5 Tonnen Kamelle prasselten auf die Gäste des Zuges nieder.
Die Kinder dürften sich kaum beschwert haben: 2,5 Tonnen Kamelle prasselten auf die Gäste des Zuges nieder. © Alex Talash | Alex Talash

Ob sich daraus Kapital schlagen lässt, wird Kämmerer Christoph Gerbersmann, der in weiblicher Verwandlung blond-bezopft bei der St.-Elisabeth-Gemeinde tapfer mitmarschierte, noch nicht überdacht haben. Denn seine in ein knappes Mieder gepresste Oberweite klemmte schon vor dem Start des Zuges so eng wie sein aktueller Haushalt.

Rosensonntagszug in Boele: Der Karneval in Bildern

Karneval im Norden von Hagen: Tausende Jecken feiern beim Rosensonntagszug in Bole.
Karneval im Norden von Hagen: Tausende Jecken feiern beim Rosensonntagszug in Bole. © WP | Alex Talash
Rosensonntagszug in Boele: der Höhepunkt des Karnevals im Norden von Hagen.
Rosensonntagszug in Boele: der Höhepunkt des Karnevals im Norden von Hagen. © Alex Talash | Alex Talash
Karneval im Norden von Hagen: Tausende Jecken feiern beim Rosensonntagszug in Bole.
Karneval im Norden von Hagen: Tausende Jecken feiern beim Rosensonntagszug in Bole. © WP | Alex Talash
Karneval im Norden von Hagen: Tausende Jecken feiern beim Rosensonntagszug in Bole.
Karneval im Norden von Hagen: Tausende Jecken feiern beim Rosensonntagszug in Bole. © WP | Alex Talash
Karneval im Norden von Hagen: Tausende Jecken feiern beim Rosensonntagszug in Bole.
Karneval im Norden von Hagen: Tausende Jecken feiern beim Rosensonntagszug in Bole. © WP | Alex Talash
Karneval im Norden von Hagen: Tausende Jecken feiern beim Rosensonntagszug in Bole.
Karneval im Norden von Hagen: Tausende Jecken feiern beim Rosensonntagszug in Bole. © WP | Alex Talash
Karneval im Norden von Hagen: Tausende Jecken feiern beim Rosensonntagszug in Bole.
Karneval im Norden von Hagen: Tausende Jecken feiern beim Rosensonntagszug in Bole. © WP | Alex Talash
Karneval im Norden von Hagen: Tausende Jecken feiern beim Rosensonntagszug in Bole.
Karneval im Norden von Hagen: Tausende Jecken feiern beim Rosensonntagszug in Bole. © WP | Alex Talash
Rosensonntagszug in Hagen: Oberbürgermeister Erik O. Schulz und Bezirksbürgermeister Heinz-Dieter Kohaupt feiern mit tausenden Jecken Karneval.
Rosensonntagszug in Hagen: Oberbürgermeister Erik O. Schulz und Bezirksbürgermeister Heinz-Dieter Kohaupt feiern mit tausenden Jecken Karneval. © Alex Talash | Alex Talash
Rosensonntagszug in Boele: Das ist der Höhepunkt des Karnevals im Norden von Hagen.
Rosensonntagszug in Boele: Das ist der Höhepunkt des Karnevals im Norden von Hagen. © Alex Talash | Alex Talash
Rosensonntagszug in Boele: Das ist der Höhepunkt des Karnevals im Norden von Hagen.
Rosensonntagszug in Boele: Das ist der Höhepunkt des Karnevals im Norden von Hagen. © Alex Talash | Alex Talash
Karneval im Norden von Hagen: Tausende Jecken feiern beim Rosensonntagszug in Bole.
Karneval im Norden von Hagen: Tausende Jecken feiern beim Rosensonntagszug in Bole. © WP | Alex Talash
Rosensonntagszug in Boele: Das ist der Höhepunkt des Karnevals. Die Jecke machen sich bereit.
Rosensonntagszug in Boele: Das ist der Höhepunkt des Karnevals. Die Jecke machen sich bereit. © Alex Talash | Alex Talash
Rosensonntagszug in Boele: Das ist der Höhepunkt des Karnevals. Die Jecke machen sich bereit.
Rosensonntagszug in Boele: Das ist der Höhepunkt des Karnevals. Die Jecke machen sich bereit. © Alex Talash | Alex Talash
Karneval im Norden von Hagen: Tausende Jecken feiern beim Rosensonntagszug in Bole.
Karneval im Norden von Hagen: Tausende Jecken feiern beim Rosensonntagszug in Bole. © WP | Alex Talash
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Kein Platz für Ausgrenzung

Lobenswert auch die Toleranz-Signale aus dem Zug: So warben die Regenbogen-Piraten nicht bloß für die Vielfalt unter den Liebenden, sondern auch beim Thema Klimawandel wurde sehr schnell deutlich, dass wir ökologisch ohnehin in einem globalen Boot sitzen – ein Thema, das keinerlei Spielraum für Ressentiments unter den Völkern, Religionen und Kulturen lässt. Den größten Spaß in den Backen hatte allerdings die Fußgruppe der Caritas, die ihr Motto „Kunterbunt und Hand in Hand, so wollen wir es wagen, so ist Inklusion in Hagen“ mit vielen Beschäftigten aus der St.-Laurentius-Werkstatt leidenschaftlich auf den Asphalt zauberte.

Kein Tempolimit bei Videospielen fordert die launige Fußgruppe der Heidefreunde.
Kein Tempolimit bei Videospielen fordert die launige Fußgruppe der Heidefreunde. © Alex Talash | Alex Talash

Auf ein Neues am Rosenmontag in Hagen, dann allerdings nicht mit Oberloßrockpaar, Stukenförster und Vorhaller Bauer an der Spitze, sondern dem Hagener Prinzenpaar Detlef II. und Simone II.: „Wir haben noch Kondition und freuen und riesig“, luden sie noch einmal alle Hagener zum Zug in der Innenstadt ein.