Hagen. Moderne Technologie trifft auf klassisches Handwerk: In der Riepe-Werkstatt in Hagen gibt‘s eine Waschanlage für Rollstühle und eine Schneiderei.

Ein spannender Besuch: Das Gebäude ist hochmodern, und beim ersten Blick auf den funktionalen Bau geht man nicht davon aus, dass in den Räumlichkeiten eine Manufaktur, also eine Produktionsstätte für spezialisierte Handwerker, ansässig ist. Doch genau so ist es, denn in der Heinz-Riepe-Straße 2 sind u.a. Orthopädie-Techniker, Orthopädieschuh-Techniker und Bandagisten beschäftigt.

Neubau ist 5500 Quadratmeter groß

In dem Neubau wurde die komplette Produktion, das Lager und die Logistik des Unternehmens „Sanitätshaus Riepe“ zusammengefasst. Auf einem 18.500 Quadratmeter großen Grundstück in Hagen-Boele - direkt neben dem Verwaltungsgebäude, in dem das Riepe Orthopädie- und Rehazentrum an der Hagener Straße 153 beheimatet ist - wurde vor knapp zwei Jahren der insgesamt 5500 Quadratmeter große Gebäudekomplex eingeweiht.

In der modernen Riepe-Manufaktur in Hagen-Boele: Im August hat der junge Syrer Mohammad Al Haji dort seine Ausbildung zum Orthopädie-Techniker begonnen. Er wurde bei einer Explosion in seinem Heimatland schwer verletzt und trägt mittlerweile eine Beinprothese.
In der modernen Riepe-Manufaktur in Hagen-Boele: Im August hat der junge Syrer Mohammad Al Haji dort seine Ausbildung zum Orthopädie-Techniker begonnen. Er wurde bei einer Explosion in seinem Heimatland schwer verletzt und trägt mittlerweile eine Beinprothese. © Hagen | Yvonne Hinz

Ein Besuch der Manufaktur: Mohammad Al Haji ist mit dem Testbau für eine Prothese beschäftigt. Vorher wurden die Körpermaße des Patienten bzw. Kunden ermittelt, um das Hilfsmittel zu fertigen. Der 31-jährige Syrer streicht über das gefertigte Modell, kontrolliert es auf Unebenheiten. Mohammad Al Haji hat Anfang August seine Ausbildung zum Orthopädie-Techniker bei Riepe begonnen und trägt selbst eine Prothese. Sein linkes Bein wurde bei einer Bombenexplosion zerfetzt, er hat noch immer etliche Granatsplitter in seinem Körper, doch durch die Beinprothese kann der junge Syrer wieder gehen und arbeiten.

Was er an seiner Ausbildung und seinem späteren Job spannend findet? „Hier wird klassisches Handwerk mit moderner Technologie verbunden“, erklärt Mohammad Al Haji, der seit 2016 in Deutschland lebt und mittlerweile sehr gut Deutsch spricht.

Moderne Technologie

„Ja, wir steigen langsam, aber stetig in den Bereich moderner Technologie ein“, nickt Lars-Gunnar Stockmann, seit sechs Jahren geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Riepe.

Lars-Gunnar Stockmann ist seit sechs Jahren geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Riepe. „Wir setzen auf Wachstum“, sagt Stockmann.
Lars-Gunnar Stockmann ist seit sechs Jahren geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Riepe. „Wir setzen auf Wachstum“, sagt Stockmann. © WP/Yvonne Hinz | Yvonne Hinz

Wir steigen langsam, aber stetig in den Bereich moderner Technologie ein
Lars-Gunnar Stockmann - Geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Riepe

Beispiele? „Wir haben einen 3-D-Drucker angeschafft, mit dem wir u.a. Unterarmschienen fertigen können. Und wir betreiben eine moderne Waschstraße.“

Pro Tag laufen 70 bis 80 Hilfsmittel durch die moderne Waschanlage.
Pro Tag laufen 70 bis 80 Hilfsmittel durch die moderne Waschanlage. © WP/Yvonne Hinz | Yvonne Hinz

Besagte Waschanlage ist etwa zehn Meter lang, „in ihr werden zum Beispiel Krankenbetten, Rollstühle und Rollatoren keim- und bakterienfrei desinfiziert“, erläutert Stockmann. Pro Tag laufen 70 bis 80 Hilfsmittel durch die Anlage, „nach 40 Minuten sind die gereinigten Gegenstände wieder einsatzbereit“. Nicht nur Hilfsmittel, die in Hagen im Einsatz waren, durchlaufen die Waschstraße, sondern auch jene, die im Einzugsgebiet, das von Riepe betreut wird - also Sauerland, Ruhrgebiet sowie Münsterland - benutzt worden sind.

Aufbereitung und Kontrolle von Hilfsmitteln

Weiter geht‘s: In einem Raum werden orthopädische Schuhe gefertigt, in einem anderen spezielle Einlagen. Fünf Hebetische bestimmen einen Bereich, in dem es um die Aufbereitung und Kontrolle von Hilfsmitteln geht. Dann folgt die Schneiderei, in der zeitgleich drei Mitarbeiterinnen beschäftigt sind.

Bandagistin Silvia Schapp präsentiert einen Stangenmieder: „Das Mieder ist für eine alte Dame bestimmt, und ich fertige es nach Maß.“
Bandagistin Silvia Schapp präsentiert einen Stangenmieder: „Das Mieder ist für eine alte Dame bestimmt, und ich fertige es nach Maß.“ © WP/Yvonne Hinz | Yvonne Hinz

„Hier herrscht Frauenpower“, lacht das Mädels-Trio. Eine der Bandagistinnen ist Silvia Schapp. „Ich arbeite gerade an einem Stangenmieder. Das Mieder ist für eine alte Dame bestimmt, und ich fertige es nach Maß.“

Auf geht‘s ins angeschlossene, 1800 Quadratmeter große Lager, in dem man wiederum auf Hilfsmittel unterschiedlicher Art stößt, „und auch auf Produkte, die Kunden benötigen, die künstlich ernährt werden“, ergänzt Lars-Gunnar Stockmann, „diese Artikel müssen trocken und speziell temperiert gelagert werden“.

140 Mitarbeiter an sieben Standorten

Das Sanitätshaus Riepe ist ein Vollsortimenter für Sanitätsfachhandel. Das Familienunternehmen beschäftigt derzeit etwa 140 Mitarbeiter an insgesamt sieben Standorten.

Im letzten Sommer hat Riepe sein Stamm-Sanitätshaus am Emilienplatz 2 in Hagen verlassen und ist seitdem mit dem Geschäft an der Elberfelder Straße 74 zu finden.

Ende November wurde (u.a. aufgrund des Fachkräftemangels) das Riepe-Sanitätshaus an der Berliner Straße 114 a in Haspe geschlossen.

In der neuen Manufaktur samt Lager sind 70 Mitarbeiter beschäftigt, in der um den Jahrtausendwechsel erbauten, 2300 Quadratmeter großen Zentrale auf dem Nachbargrundstück insgesamt 40.

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Erweiterungsbau ist in Planung

Ein direkt an die Manufaktur angrenzender Erweiterungsbau ist bereits in Planung, „die Realisierung wird allerdings noch einige Jahre dauern. Dort soll dann die komplette Verwaltung untergebracht werden. Wir sind auf Wachstum ausgerichtet und bekennen uns zum Standort Hagen“, betont der geschäftsführende Gesellschafter.

Die kleine Straße, die von der Knippschildstraße in Boele in Richtung Neubau führt, wurde in Heinz-Riepe-Straße umbenannt.
Die kleine Straße, die von der Knippschildstraße in Boele in Richtung Neubau führt, wurde in Heinz-Riepe-Straße umbenannt. © WP/Yvonne Hinz | Yvonne Hinz

Übrigens: Im Sommer wurde die kleine Straße, die von der Knippschildstraße in Boele in Richtung Neubau führt, in Heinz-Riepe-Straße umbenannt. „Ich hatte dafür einen Antrag bei der Stadt Hagen gestellt, und dieser ist genehmigt worden“, sagt Lars-Gunnar Stockmann. Zum einen sei es eine Anerkennung des Wirkens des Unternehmensgründers Heinz Riepe und ein eigener Straßenname mache sich als Adresse auch auf einem Lieferschein gut, zum anderen habe er den Sicherheitsaspekt im Fokus gehabt: „Lieferanten und Manufaktur-Beschäftigte benutzen die umbenannte Straße als eigene Zuwegung mit eigenem Parkplatz samt Schranke, und unsere Kunden erreichen uns wie bisher unbehelligt über die Hagener Straße.“