Hagen. Trotz aller Bemühung seitens des Rathauses: Es gelingt in Hagen weiterhin nicht, alle Kinder mit einem Kita-Platz zu versorgen.
Die Versorgung der Hagener Mädchen und Jungen mit ausreichend Kindergartenplätzen bleibt absolut unzureichend. Der Fachbereich Jugend und Soziales aus dem Ressort von Dezernentin Martina Soddemann hat in der letzten Ratssitzung des Jahres die Plandaten für das Kitajahr 2024/25 vorgelegt. Daraus geht hervor, dass trotz aller intensiven Bemühungen im U3-Bereich weiterhin 219 Plätze fehlen und bei den Drei- bis Sechsjährigen (Ü3) sogar 562 Betreuungsplätze benötigt werden. Ein seit Jahren anhaltender Missstand, an dem sich zeitnah nach Einschätzung der Verwaltung auch nichts ändern dürfte. Zumal zu dem im August 2024 startenden neuen Kindergartenjahr keine weitere der geplanten neuen Einrichtungen eröffnen kann, um die prekäre Lage zu verbessern.
Bereits vor elf Jahren hatte der Rat der Stadt für Hagen eine Betreuungsquote für Kinder unter drei Jahren von stadtweit 38 Prozent festgelegt (30 Prozent Tagespflege/70 Prozent institutionelle Betreuung) – ein bis heute unerfüllter Anspruch. Bislang wird für die Jüngsten lediglich eine Quote von 34,2 Prozent erreicht – immerhin 2,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Im Gegenzug sinkt derweil die Quote bei der Versorgung der Drei- bis Sechsjährigen und erreicht nicht einmal mehr die 90-Prozent-Marke. Statt zuletzt 89,4 Prozent werden im Kindergartenjahr 2024/25 lediglich noch 88,9 Prozent erreicht. An dieser Schieflage ändert vor dem Hintergrund stetig wachsender Kinderzahlen auch nichts die Tatsache, dass im nächsten Kindergartenjahr 61 U3-Plätze und 108 Ü3-Plätze mehr angeboten werden als im noch laufenden Jahr.
Keine Neueröffnung im Jahr 2024
Und es gibt zeitnah kaum eine Perspektive, dass sich diese äußerst unbefriedigenden Schieflage entschärft. „Zum neuen Kindergartenjahr wird keine der zur Fertigstellung geplanten Einrichtungen eröffnen können“, nimmt die Fachverwaltung mit ihrer Beschlussvorlage allen Zweckoptimisten den Wind aus den Segeln. Hintergründe seien weiterhin fehlende Gewerke und Baumaterialien, so dass keine Eröffnung bis zum August 2024 möglich sei. Quintessenz: „Das Ausbauprogramm um neue Kitas/Plätze zu schaffen, kommt kaum noch voran“, schenkt die Verwaltung der Politik reinen Wein ein.
„Eine unterjährige Eröffnung, wie es in der Vergangenheit schon häufiger der Fall war, ist vor dem Hintergrund des bestehenden Fachkräftemangels derzeit nicht zu realisieren“, schließt der Fachbereich flexible Lösungen abseits des August-Stichtages ebenfalls aus. Dafür, das zeigten auch Beispiele aus den Nachbarkommunen, fehle einfach das erforderliche Personal. Perspektivisch macht das Soddemann-Team deutlich: „Bei den in Hagen geplanten Neubaumaßnahmen sind die Investoren momentan nicht bereit, eine Fertigstellungszusage zu einem bestimmten Termin zu geben. Von daher wurden die geplanten Neubaumaßnahmen Langenkampstraße und der Umbau Prentzelstraße auf 2025 verschoben.“
Zusätzlich verschärft sich die Lage durch die Vorgaben des Bundesteilhabegesetzes, das die inklusive Betreuung sogenannter Integrationskinder regelt. Demnach wird die Gruppenstärke noch abgesenkt, wenn Kinder mit Behinderung der besonderen Versorgung und Frühförderung bedürfen. Hier erwartet die Stadt einen weiteren Fehlbedarf – im Klartext: eine Lücke – von etwa 300 Plätzen. „Deshalb“, so der Appell in Richtung Politik, „sollte die Umsetzung der Neubaumaßnahmen mit oberster Priorität behandelt werden.“
Bildungschancen ermöglichen
Zudem dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich bei der Versorgung mit Kinderbetreuungsplätzen um einen Rechtsanspruch handele, der von den Eltern gegenüber der Stadt eingeklagt werden könne. Sozialdezernentin Martina Soddemann blickt zudem über den Kita-Tellerrand hinweg: „Es sollte für Hagen ein entwicklungspolitisches Ziel sein, allen Kindern die gleichen Bildungschancen zu ermöglichen. Jeder in der frühkindlichen Bildung verlorene Jahrgang ist ein Jahrgang mit verminderter Zukunftsperspektive.“
Mit Blick auf die mittelfristige Perspektive weist die Verwaltung darauf hin, dass die aktuelle Bevölkerungsvorausberechnung weiter ansteigende Kinderzahlen prognostiziere. Parallel dazu erhöhe sich aktuell auch wieder die Anzahl der Flüchtlinge, und der EU-Zuzug aus Südosteuropa sei weiter ungebrochen. Vor diesem Hintergrund sei es besonders fatal, dass angesichts der anhaltenden Probleme am Bau in Kombination mit den gestiegenen Zinsen einige Investoren ihre angedachten Projekte kurzfristig wieder zurückgezogen hätten. Sie hegen schlichtweg die Befürchtung, dass sich ihre Kita-Entwürfe selbst bei einer 25-jährigen Vertragsbindung nicht amortisieren.