Hagen-Mitte. Inmitten einer Hagener Wohnung verbergen sich 1400 Stücke Gaming-Geschichte. Wir haben Final Fantasy Fan Steffi Bernatz zuhause besucht.
In den Details, den Boxen, den Spielen, etlichen kleinen Figuren und Plüschtieren könnte man sich sicher stundenlang verlieren, wenn man sich die Zeit nimmt. In den Spielen mit japanischen Aufschriften, Kino-Aufstellern, Plakaten. Steffi Bernatz steht vor dem Portal, das sich um die Zimmertür schmiegt, die in ihre eigene Welt führt.
Eine Welt, die es für sie gibt, seit sie sieben Jahre alt ist. Eine Welt, die ihr Halt gegeben hat, als er in der Schule und Zuhause fehlte, „weil ich eine extreme Mobbing-Vergangenheit habe. Das Final-Fantasy-7-Spiel hat damals einen Stein und eine Leidenschaft ins Rollen gebracht, ohne die ich heute nicht die wäre, die ich bin. Es hat mir Halt gegeben“, sagt Steffi Bernatz stolz. Heute ist sie 33. Finanzbuchhalterin. Wohnt seit 13 Jahren in Hagen.
„Man sitzt nicht nur im dunklen Kämmerchen“
Ihren Beruf würden viele vielleicht als schnöde und langweilig bezeichnen. Steffi Bernatz, mit ihrer pinken Schleife im Haar und ihrem schwarzen Final-Fantasy-Sweatshirt ist wohl das Gegenteil von langweilig. „Und ich kann auch nichts mit dem Klischee anfangen, dass alle Zocker Freaks sind und den ganzen Tag nur im dunklen Kämmerchen hocken“, sagt sie selbstbewusst. Sie gehe auch zur Arbeit, habe ein Privatleben, Freunde, „und ich bin viel auf Events unterwegs.“
1400 Final-Fantasy-Sammelstücke zu Hause
Steffi Bernatz ist mehr als „nur“ ein „normaler“ Final-Fantasy-Fan – also ein Fan der beliebten Computer-Rollenspiel-Serie des japanischen Unternehmens Square Enix. Sie hat jeden erdenklichen Fanartikel zu Hause, „meine Sammlung ist fast 1400 Teile groß. Es dürfte die größte in Deutschland sein, vielleicht sogar europaweit“, sagt sie und lächelt. Sie hat jedes Spiel – es gibt 16 Hauptteile und etliche Unterteile – zigfach durchgespielt. Auf ihrem allerersten Sammlerstück, dem Spiel, mit dem für sie alles anfing, hat sie über die Jahre Unterschriften von Entwicklern, dem Director und dem Musikkomponisten gesammelt, die sie auf Messen oder Fan-Events getroffen hat.
„Mittlerweile bekomme ich vor Veröffentlichung die Spiele zugeschickt, um Bewertungen zu schreiben oder darf als Promoterin mit auf Events, zur Hochzeit habe ich sogar eine Videobotschaft aus Japan vom Team bekommen“, sagt Steffi Bernatz. Manchmal kann sie es selbst kaum fassen, wie das Spiel ihr Leben in all den Jahren so verändert hat.
Sie ist gut in der Community vernetzt, tauscht sich mit anderen Sammlern auf der ganzen Welt aus. „Es sind gute Freundschaften entstanden, und man hilft sich gegenseitig. Wir halten zusammen“, gibt sie Einblicke. Die Jacke beispielsweise, die sie trägt – ein besonderes Stück. Nur 100 Stück gab es davon insgesamt, eine limitierte Edition. „Ich musste lange warten – und gefühlt meine Seele dafür hergeben“, sagt sie und lacht. Eine Freundin, ebenfalls Sammlerin, habe sie im Internet entdeckt, wo sie zum Verkauf stand. „Sie wollte sie selbst haben, hat aber mir den Vortritt gelassen, weil sie wusste, wie sehr ich mich darüber freuen würde.“
Nicht über andere urteilen
Steffi Bernatz lächelt wieder, zeigt auf ihre Regale, die voll sind, mit all den Stücken, die hier über die letzten Jahre zusammengekommen sind. „Als ich Azubi war, passte alles noch in eine Vitrine. Vor allem in den letzten Jahren ist meine Sammelleidenschaft geweckt worden.“ Jetzt wird der Platz sogar eng. Vor allem, wenn die Sammlung nun noch weiter wachsen sollte. „Was sie wohl wird – mein Mann und ich fliegen jetzt für zehn Tage nach Japan, da wird sich sicherlich noch das ein oder andere Teil finden“, sagt die 33-Jährige.
Ihr Mann habe damit, also ihrer Sammelleidenschaft, übrigens kein Problem. Er freue sich für sie und unterstütze sie. „Ich musste nur ein bisschen Platz für seine Fitnessgeräte lassen“, scherzt die Hagenerin. Dass sie ihre Leidenschaft so mit der Öffentlichkeit teilt, das ist für sie kein Problem, „selbst wenn manche sich drüber lustig machen. Man kann nicht über etwas urteilen, das man selbst nie versucht hat. Die Spiele haben tiefgründige Geschichten, im Grunde wie ein Buch, nur dass man sich fühlt, als wäre man dabei. Von Klischees halte ich nichts. Ich lerne die Leute erst mal kennen“, sagt Steffi Bernatz.