Breckerfeld. Über Arbeit und Aufträge kann die Firma Gebrüder Gensler aus Breckerfeld nicht klagen. Doch es fehlt der Nachwuchs, sprich: Es mangelt an Azubis.

Tobias Gensler (29) hat die Arbeit auf dem Bau schon immer gemocht. „Das liegt bei mir in den Genen“, berichtet er: „Ich bin schon als kleiner Junge mit Vater und Onkel auf der Baustelle gewesen.“ Später verdiente er sich während der Schulferien das Geld für den Urlaub. Und nach seinen Lehr- und Wanderjahren trat er als Maurer- und Betonbauermeister in den väterlichen Betrieb ein: „Das war für mich eine gute und folgerichtige Entscheidung, die ich nie bereut habe.“

Tobias Gensler ist ins Familienunternehmen eingestiegen und arbeitet an der Tribüne auf dem Sportplatz in Breckerfeld.
Tobias Gensler ist ins Familienunternehmen eingestiegen und arbeitet an der Tribüne auf dem Sportplatz in Breckerfeld. © WP | Hubertus Heuel

Dass die Familientradition bei seiner Berufswahl eine große Rolle gespielt hat, steht außer Frage. Wahrscheinlich ist ein solches privates Motiv sogar ausschlaggebend dafür, dass sich ein junger Mensch für eine Ausbildung auf dem Bau entscheidet. Denn seit zwei Jahren bietet die Firma Gebrüder Gensler, ein ebenso angesehener wie alteingesessener Betrieb in Breckerfeld, zwei Ausbildungsplätze für Maurer bzw. Betonbauer an. Und seit zwei Jahren sind diese beiden Stellen unbesetzt. „Wir finden einfach keine Azubis mehr“, sagt Martin Gensler (63), der das Unternehmen zusammen mit seinem Bruder Peter (61) leitet.

920 Euro im ersten Lehrjahr

Auf allen möglichen Wegen haben Genslers Anzeigen geschaltet und um Auszubildende geworben – vergeblich. Jetzt stellt sich für sie die Frage, warum junge Leute heutzutage nicht mehr auf dem Bau arbeiten wollen. Am Geld kann es kaum liegen, schließlich verdient ein Maurer-Azubi schon im ersten Lehrjahr 920 Euro. „Vielleicht wollen sich die jungen Menschen die Hände nicht mehr schmutzig machen“, mutmaßt Martin Gensler. „Vielleicht ist es auch das Vorurteil, dass man bei Wind und Wetter draußen arbeiten muss und täglich schwer zu schleppen hat.“ Das entspreche zwar nicht der beruflichen Wirklichkeit: „Aber Bewerber gibt es trotzdem nicht.“

Das bestätigt Frederik Linke, Lehrlingswart der Baugewerks-Innung Hagen: „Fast alle Betriebe beklagen, dass sie keine Azubis mehr finden.“ Er stellt das Problem in einen größeren Zusammenhang: „Ich kenne kaum eine Branche, die nicht unter Fachkräftemangel leidet.“

Ein Familienunternehmen mit langer Tradition

Die Firma Gebrüder Gensler blickt auf eine lange Geschichte zurück. Der Großvater der heutigen Inhaber gründete das Unternehmen bereits 1911, Martin und Peter Gensler leiten den Betrieb also in der dritten Generation. Ursprünglich war die Firma vor allem im klassischen Hochbau tätig und errichtete oder sanierte so manches Haus. Doch den Bau von Wohnhäusern haben Inflation, Zinserhöhungen und kostspielige Auflagen der Politik beinahe zum Erliegen gebracht. „Allein der Zementpreis hat sich innerhalb von zwei Jahren nahezu verdoppelt“, berichtet Martin Gensler: „Und das muss letztlich der Endverbraucher bezahlen.“

Azubis dringend gesucht: Martin und Tobias Gensler.
Azubis dringend gesucht: Martin und Tobias Gensler. © WP | Hubertus Heuel

Wie gut, dass sich die Firma rechtzeitig auf andere Tätigkeitsfelder besonnen hat und längst auch im Tief- und im Industriebau tätig ist oder Pflaster- und Fundamentarbeiten durchführt. Jüngstes Beispiel ist die Tribüne auf der Sport- und Freizeitanlage an der Wahnscheider Straße, die die Genslers mit entworfen haben und derzeit errichten. „Es ist gut, dass wir breit aufgestellt sind“, sagt Martin Gensler.

Nachfolger setzen neue Impulse

Neue Impulse im Unternehmen setzt sein Neffe Tobias Gensler. Nach dem Abitur in Hagen absolvierte der junge Mann zunächst eine Lehre als Betonbauer in Plettenberg, ehe er die Meisterschule besuchte. Dann zog es ihn zu einer Sanierungsfirma nach München, ehe er nach Breckerfeld zurückkehrte und bei zwei weiteren Baufirmen Erfahrungen sammelte. Vor drei Jahren stieg er dann in das Familienunternehmen ein. „Ich kann viel einbringen von dem, was ich auf meinen früheren Stationen gelernt habe“, sagte Tobias.

Auch Matthias Gensler (29), der Sohn von Martin Gensler, ist Bauingenieur und Anfang des Jahres in die Familienfirma eingestiegen ist. Er will das Unternehmen zusammen mit seinem Vetter Tobias weiterführen.

Auch weibliche Azubis sind willkommen

Doch wie man das Problem mit den fehlenden Azubis löst, weiß auch er nicht. Zwar sei die Arbeit auf dem Bau bisweilen nach wie vor Knochenarbeit, doch mit früheren Verhältnissen nicht mehr zu vergleichen. Wichtig seien jedoch Ehrgeiz, Fleiß, Pünktlichkeit und Verlässlichkeit, sagt Tobias Gensler: „Mir ist wichtig, dass unsere Männer gern zur Arbeit kommen.“ Was übrigens nicht heißen soll, dass der Job als Maurer nichts für Frauen wäre: „Weibliche Azubis wären uns ebenso willkommen.“

Durchaus als Akt der Verzweiflung darf man es ansehen, dass die Firma über eine Agentur Kontakt zu einem potenziellen Azubi in Marokko aufgenommen hat. Wenn der junge Mann über die deutsche Botschaft in seinem Heimatland alle bürokratischen Hürden genommen hat, soll er nach Breckerfeld kommen dürfen und bei Genslers als Maurer-Lehrling anfangen. Denn auf herkömmlichem Wege, so scheint es, wird das Unternehmen so schnell keinen Azubi finden...