Hagen. Zumindest testweise möchte die Polizei in Hagen am Bahnhofsvorplatz in das Thema Videobeobachtung einsteigen. Das sind die Ziele:
Während die Polizei in Dortmund zur systematischen Kriminalitätsbekämpfung ihre Videoüberwachung in der Nordstadt aufgrund überzeugender Ermittlungserfolge jetzt verlängert, nähert sich inzwischen auch das Präsidium in Hagen der Thematik an: Denn das NRW-Innenministerium hat eine landesweite Beschaffungsaktion von mobilen Videobeobachtungsanlagen eingefädelt und die Hagener Behörde für den Berliner Platz (Bahnhofsvorplatz) entsprechend interessiert die Hand gehoben.
„Eine Datenerhebung durch den offenen Einsatz optisch-technischer Mittel, sogenannter Videobeobachtungsanlagen, unterliegt strengen rechtlichen Voraussetzungen und stellt einen nicht unerheblichen Grundrechtseingriff dar“, erinnert der Hagener Polizei-Sprecher Tim Sendler daran, dass somit auch jeder Bürger rund um die Uhr gefilmt wird, der vielleicht nur auf den Bus wartet, zum Zug schlendert oder sich im Fast-Food-Restaurant einen Burger gönnt. „Die Entwicklung der Fallzahlen für die Straßenkriminalität der letzten anderthalb Jahre zeigt jedoch, dass auch in Hagen die Voraussetzungen für den Einsatz einer Videobeobachtung grundsätzlich gegeben sind“, unterstreicht der Polizeioberkommissar.
301 Delikte in einem Jahr
So wurden im erweiterten Bahnhofsquartier im Jahr 2022 exakt 301 Delikte aus dem Bereich Straßenkriminalität – das Spektrum reicht von Diebstählen über Sachbeschädigung und Körperverletzung bis hin zu Raub – gezählt, allein 70 am Brennpunkt Berliner Platz. Entsprechend habe die Hagener Behörde jetzt beim zuständigen Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste ihr Interesse formuliert. „Diese Möglichkeit kann insbesondere dazu genutzt werden, die Wirkung einer Videobeobachtung auf die Entwicklung der Straßenkriminalität zu testen.“
In Dortmund wird das System schon getestet
Die Ordnungshüter in der Nachbarstadt Dortmund sind hier schon einen Schritt weiter: Dort wurden bereits im März im Dietrich-Keuning-Park im Norden der Innenstadt Kameras installiert, nachdem dort die Zahl der bekannt gewordenen Straftaten innerhalb von drei Jahren um 70 Prozent gestiegen war. Die Bilanz nach den ersten drei Monaten kann sich dabei durchaus sehen lassen: 195 Straftaten wurden erfasst – den Großteil machten Rauschgifttaten (132) aus gefolgt von Körperverletzungen (21) und Raubdelikten (16). Parallel dazu erhöhte die Polizei in Dortmund auch im Umfeld der Nordstadt im Rahmen ihres Gesamtkonzeptes den Druck, um simple Verdrängungseffekte zu bekämpfen.
Angesichts dieses Erfolges wurde der Zeitraum der Videobeobachtungen in Dortmund jetzt bis zum Oktober verlängert. Dabei geht es sowohl darum, das Sicherheitsgefühl der Menschen zu verbessern als auch potenziellen Straftätern zu signalisieren, dass man sie im wahrsten Wortsinn im Blick hat. Zuvor hatte man in der Nachbarstadt auch schon in der Münster- und Brückstraße gute Erfahrungen gemacht, wo die Zahl der Straftaten sogar messbar zurückgegangen war. Diese positiven Effekte bei den Fallzahlen haben sich wiederum in den Altstädten von Köln und Düsseldorf nicht eingestellt, dafür ist dort aber immerhin die Aufklärungsquote dank der Kamerabilder deutlich gestiegen.
Schwerpunktdienst erfolgreich
Ob sich ähnliche Verbesserungen auch am Hagener Hauptbahnhof erzielen lassen, würde die Polizei in Hagen zumindest testweise gerne einmal mit einer Videoanlage aus dem Bestand des Landesamtes austestet. Wann diese in Hagen aufgestellt werden könnten, ist zurzeit aber noch völlig offen. Zugleich verweist das Präsidium in Hagen darauf, dass man – als milderes Mittel – ja bereits den Schwerpunktdienst der Polizeiwache Innenstadt an der Bahnhofstraße personell deutlich verstärkt habe. Diese Dienststelle sei vorwiegend mit der Bekämpfung der Straßen- und Betäubungsmittelkriminalität am Hauptbahnhof sowie in Altenhagen und Wehringhausen beauftragt.
„Bei zurückliegenden Kontrollaktionen konnten die Beamtinnen und Beamten in diesen Bereichen bereits einige Einsatzerfolge erzielen“, bilanziert Tim Sendler. „Die Maßnahme der Videobeobachtung ist für Hagen somit nicht ausgeschlossen, für die Bekämpfung der Straßenkriminalität jedoch nur eine von vielen polizeilichen Möglichkeiten. Zudem muss sich die Effektivität einer Videobeobachtung konkret in dem oben genannten Bereich erst in der Praxis bestätigen“, verweist der Behördensprecher darauf, dass sich Dortmund und Hagen nicht direkt miteinander vergleichen lassen.