Für eine differenziertere Betrachtung bei einem Parteiausschlussverfahren plädiert Kommentator Martin Weiske.

Beim Thema Verfassungstreue darf es keine Kompromisse geben. Wer Führungsaufgaben in einer Organisation übernimmt, an deren Ideologie und Radikalität es begründete Zweifel gibt und dieses Denken womöglich gar forciert, darf nicht mit faulen Kompromisslinien und Toleranz rechnen.

Aber ist das hier tatsächlich der Fall? Am Ende kommt es sicherlich auf die Einzelfallprüfung an – angesichts der politischen Brisanz darf man hier eine individuelle und qualifizierte Betrachtung durchaus erwarten.

Dass Özlem Başöz als Hagener CDU-Frau bislang durch keinerlei extremistisches Handeln aufgefallen ist, macht es der lokalen Parteiführung natürlich besonders schwer, ausgerechnet in einer Stadt mit 43 Prozent Migrantenanteil und gigantischen Integrationsherausforderungen einer engagierten Frau mit türkischen Wurzeln den Stuhl vor die Tür zu setzen. Denn es ist kaum anzunehmen, dass dieses Handeln in die Community der vielen zugewanderten Familien ausreichend differenziert aufgenommen wird. Diese Menschen, die zum Teil seit Generationen glücklich in dieser Stadt leben, werden lediglich das Signal wahrnehmen und in den Hinterköpfen abspeichern, dass politisch vielfältig Engagierte mit anderen Wurzeln in der Union nicht gewollt sind.

Am Ende leistet die NRW-CDU den lokalen Parteifreunden einen Bärendienst, wenn sie hier auf Einhaltung neun Jahre alter Bundesparteitagsbeschlüsse beharrt. Seitdem hat die Welt sich erheblich weitergedreht. Dieses Votum müsste mindestens ebenso engagiert hinterfragt werden, wie Özlem Başöz eine fundierte Überprüfung ihres tatsächlichen Wirkens und ihrer Haltung verdient hat.