Haspe. Beim Pflanzfest von WP und Waldlokal haben Hunderte Bürger Setzlinge in den Boden an der Hasper Talsperre eingebracht.
Der Wald ist Rückzugsort und Ruhepol, nicht nur für Tiere und Pflanzen, sondern auch für den Menschen. Der Wald, der Hagen umgibt, ist jedoch zunehmend bedroht. Wer aus Hagen herausfährt, hat es wahrscheinlich selbst gesehen: Riesige, wüst aussehende gerodete Flächen erstrecken sich über die Hänge, auf denen einst der Wald stand. Grund dafür sind unter anderem die langanhaltenden Trockenperioden im Sommer, die besonders dem Fichtenwald zusetzen, der sich infolge des Wassermangels dem Borkenkäfer nicht erwehren kann. Übrig bleiben die trostlosen Flächen, die sich von allein nicht erholen können. Beim Pflanzfest der Westfalenpost und Waldlokal haben Bürger nun gegengesteuert.
Fotostrecke- Freiwillige forsten Wald beim Pflanzfest auf
Diesen Zustand des Waldes wollen die Naturfreunde Hagens nicht einfach hinnehmen. Die Initiative „Waldlokal“ und der Wirtschaftsbetrieb Hagen haben die zweite Auflage des Pflanzfestes, das diese Zeitung bei seiner Erstauflage mitbegleitet hatte, ermöglicht, bei dem eine ausgewählte Freifläche durch das Mitwirken Freiwilliger mit neuen Setzlingen aufgeforstet werden soll.
Einiges zu beachten
Trotz schlechter Wettervorhersage füllt sich der Parkplatz vor der Gaststätte Plessen am Samstagvormittag. Mit festem Schuhwerk, Spaten und Arbeitskleidung finden sich engagierte Bürger trotz leichtem Regen nahe der Hasper Talsperre ein, um einen konstruktiven Beitrag zum Schutz der Natur und des Klima zu leisten.
Martin Holl, Leiter des Forstressorts beim Wirtschaftsbetrieb Hagen, begrüßt die motivierten Unterstützer und erklärt vorab, was es zu beachten gibt: „Es gibt ein bisschen mehr zu beachten, als nur Wurzel nach unten“, erklärt der Fachmann. „Die Setzlinge müssen bis zum Wurzelhals in die Erde“.
Die Setzlinge werden in Nestern angelegt. Jedes Nest wird mit einer Baumart bepflanzt, wobei die Abstände zwischen den Setzlingen rund einen Meter betragen. „Dadurch wachsen die Bäume durch die Konkurrenz schneller in die Höhe“, erklärt Holl auf Nachfrage. In einem Nest werden um die 25 Setzlinge gepflanzt. Diese sind zwischen einem und drei Jahren alt und größer als 30 Zentimeter.
Gepflanzt wird alles
„Gepflanzt wird heute alles“, erklärt Holl. Mischwald lautet die Antwort auf die trockenen Sommer. Verschiedene Laubbaumarten wie Linde, Roteiche, Kastanie oder Elsbeere werden in den markierten Nestern gepflanzt. Diese Arten sind klimaresistenter als die Fichte, wodurch sie auch längere Trockenperioden besser überstehen können.
Ein „total schönes Erlebnis“ für Jung und Alt
„Brauchst du den Spaten noch?“ oder „Komm, hilf mir mal!“ – die Naturfreunde packen gemeinsam an: Carina Winner ist mit ihrer Familie vor Ort und steht gerade zusammen mit den Kindern vor dem etwa 20 Zentimeter tiefen Loch, das sie gerade ausgehoben haben und nun die richtige Tiefe hat. „Es ist traurig zu sehen, in welchem Zustand sich der Wald befindet“, erzählt die Hagenerin. „Das Pflanzfest ist eine super Idee, es ist schön, auch mit Fremden einen Beitrag zum Klima zu leisten“, so Winner weiter. Sie selbst und ihre Familie hätten eine enge Verbindung zum Wald und der Natur. Der leichte Regen macht ihnen nichts aus. „Die Jungs können helfen, wirklich ein total schönes Erlebnis“.
Ein Kind hat einen Setzling in das vorbereitete Loch gepflanzt. Mit dem „Förstergriff“ kontrolliert Martin Holl, ob der Setzling auch fest genug eingebettet wurde. „Das passt“, konstatiert der Fachmann. Auch Christian Bargen, der sich über den Zustand des Waldes bestürzt zeigt, bewertet die zweite Auflage des Pflanzfestes positiv: „Eine klasse Aktion, bei der jeder effektiv und einfach helfen kann!“
Der Klimawandel als klare Ursache
Aktionen wie das Pflanzfest ermöglichten den Menschen, den Bezug zur Natur nicht zu verlieren, erklärt Martin Holl. Durch die Arbeit im Wald werde jedem außerdem klar, dass der Wald keine Selbstverständlichkeit, sondern mit viel Arbeit verbunden sei. Durch die langen Trockenphasen in den Sommern seit 2018 ist der Wald stark geschädigt. „Eigentlich könnte sich der Wald selbst regenerieren, aber durch den Klimawandel kommen die Pflanzen einfach nicht mehr mit“, erklärt Holl.
Die klimatischen Umstellungen vollzögen sich zu schnell, als dass der Wald sich anpassen könne. Erschwert wird die natürliche Aufforstung durch die enorme Größe der Freiflächen: „Keine Eichel kann so weit rollen“, verdeutlicht Holl die damit verbundene Problematik. Außerdem werde durch die großen Freiflächen das Mikroklima geschädigt. Normalerweise böten umstehende Bäume Sprösslingen Sonnenschutz und Kühlung. Auf Freiflächen müssen die jungen Setzlinge geschützt werden. Hierfür stellen Forstwirte Einzelschützer um die heranwachsenden Bäume auf.
Diese bestehen aus biologisch abbaubarem Kunststoff, die doppelwändigen Kunststoffplatten werden zu einer Röhre gefaltet und mit einem Holzpflock um die Pflanzen aufgebaut. Der ein Meter hohe Schutz bietet Biss- und Sonnenschutz. Wasser kondensiert an der Innenwand, die Pflanze wird durch Tau bewässert. Für die nächsten fünf Jahre wird dieser Schutz von Nöten sein. Außerdem sei es notwendig, die Fläche zu pflegen und ungewollten Begleitwuchs zu entfernen, erklärt Holl.
Enorme Kosten
„Es liegt in der Verantwortung des Menschen, den Wald wieder aufzuforsten - schließlich sind wir auch für den Klimawandel verantwortlich“, verdeutlicht Martin Holl.
Die Wiederaufforstung des Waldes kostet Geld. Viel Geld, wie Martin Holl den Besuchern anhand einer groben Rechnung veranschaulicht. „Die Kosten für einen Setzling betragen etwa 5 bis 6 Euro“, erzählt der Forstwirt. Inbegriffen sind sowohl der Setzling, die Kosten für den Einzelschutz und die Personalkosten. Auf einem Hektar Land werden etwa 400 solcher Setzlinge eingepflanzt – die Bepflanzung eines Hektars kostet damit zwischen 2000 und 2400 Euro.
„Hinzu kommen 400 Euro Pflegekosten je Hektar im Jahr innerhalb der ersten fünf Jahre“ – die Pflege eines neu bepflanzten Hektars schlägt also mit weiteren 2000 Euro zu Buche. „In Hagen gibt es etwa 250 Hektar, die bepflanzt werden müssen“, so Holl – daraus resultiert ein überschlägiger Finanzbedarf von mindestens einer Million Euro.
Die Initiative „Waldlokal“
Die Initiative „Waldlokal“ bietet hier Unterstützung. Mit verschiedenen Spendenmodellen für Privatpersonen und Unternehmen sammeln sie Geld ein und fördern so die Wiederaufforstung der lokalen Wälder. „Wir freuen uns über jeder Spende“, erklärt Jasmin Hiller von „Waldlokal“.
Das „Waldretter Projekt“ wird von vielen Privatpersonen und Unternehmen aus Hagen unterstützt – auch von unserer Zeitung. Die traditionsreiche Hagener Parfümerie Douglas unterstützt das Projekt nicht nur finanziell – rund ein Dutzend Mitarbeiter unterstützten die Pflanzaktion tatkräftig.