Hagen. In Karsten Grolls Salon auf der Springe in Hagen hat der Trend „Silent Cut“ Einzug gehalten. Und was sagen die Kunden zum Schweigen beim Friseur?

Der Trend kommt aus London, schwappte dann nach Berlin über und hat jetzt auch Hagen erreicht: Die Rede ist vom „Silent Cut“ (zu Deutsch: „Stiller Schnitt“) – der Begriff spielt auf die Möglichkeit an, beim Friseur einen Termin auszumachen, bei dem auf Smalltalk verzichtet wird.

Seit gut drei Wochen im Angebot

In Hagen wird das Haareschneiden ohne Quatschen seit gut drei Wochen im Salon „Haargenau Catwalk“ auf der Springe auf Wunsch praktiziert. „Ein langjähriger Freund, ein Friseurmeister aus Essen, hat mich vor kurzem angerufen und mir erzählt, dass er das Angebot ,Silent Cut’ bei sich im Salon ausprobieren würde“, berichtet Haargenau-Betreiber Karsten Groll. Und da habe er, Groll, sich dazu entschlossen, den Trend ebenfalls aufzugreifen.

Zehn Prozent der Kunden buchen einen „Silent Cut“-Termin

Und das Ergebnis? „Gut zehn Prozent unserer Kunden haben in den letzten drei Wochen Termine gebucht, bei denen aufs Plaudern verzichtet wird. Für mich ein Zeichen, dass das Angebot, das für uns keine Mehrkosten bedeutet, durchaus sinnvoll ist“, zieht Karsten Groll eine erste Bilanz.

Im Salon „Haargenau Catwalk“ auf der Springe 2 in Hagen wird seit etwa drei Wochen Abschalten groß geschrieben. Durch die Einführung des Angebots „Termin ohne Gespräche“ sei auch die Geräuschkulisse im Salon zurückgegangen, unterstreicht Friseurmeister Karsten Groll.  
Im Salon „Haargenau Catwalk“ auf der Springe 2 in Hagen wird seit etwa drei Wochen Abschalten groß geschrieben. Durch die Einführung des Angebots „Termin ohne Gespräche“ sei auch die Geräuschkulisse im Salon zurückgegangen, unterstreicht Friseurmeister Karsten Groll.   © Unbekannt | Yvonne Hinz

Auf Social-Media-Kanälen hat der Friseurmeister den „Silent Cut“ beworben, außerdem per E-Mail-Newsletter. „Wer online bei uns einen Friseurtermin bucht, kann einfach in der Zusatzspalte ,Silent’ einen Haken setzen“, sagt Groll und ergänzt: „Oder am Telefon sagen, dass er einen ,Stillen Schnitt’ bevorzugt.“

Empfundener Zwang zum Gespräch ist weg

Aber was ist mit dem Klischee, dass der Friseur der Kummerkasten, der Psychiater oder der beste Freund ist? Karsten Groll lacht, „das ist veraltet“. Wobei jene, die einen Austausch über das Wetter, Krankheiten, Politik oder Mode haben wollen, sich ja weiterhin mit dem Friseur unterhalten können, „nur der von manchen Kunden empfundene Zwang zum Gespräch ist eben weg.“

Luana Pereglin ist eine „Silent-Cut“-Kundin par excellence. „Ich studiere Marketing und digitale Medien an der FOM Hochschule für Ökonomie und Management in Dortmund“, erzählt die 21-Jährige und fährt fort: „Ich hab’ eine Menge um die Ohren, hab’ kaum Zeit, und da nutze ich die Stunde hier gern, um am Laptop zu arbeiten.“ Das Angebot, bei Haargenau einen „Haareschneiden ohne Quatschen“-Termin zu buchen, habe sie auf Instagram entdeckt und dann gleich einen Termin ausgemacht.

Etwa zehn Prozent der „Haargenau Catwalk“-Kundinnen und -Kunden haben bislang einen „Silent Cut“-Termin gebucht. Das Angebot müsse sich erst einmal herumsprechen, sagt Salon-Inhaber Karsten Groll. Er geht von einer demnächst steigenden Zahl von Ruheliebhabern aus.
Etwa zehn Prozent der „Haargenau Catwalk“-Kundinnen und -Kunden haben bislang einen „Silent Cut“-Termin gebucht. Das Angebot müsse sich erst einmal herumsprechen, sagt Salon-Inhaber Karsten Groll. Er geht von einer demnächst steigenden Zahl von Ruheliebhabern aus. © Unbekannt | Yvonne Hinz

„Natürlich haben wir ein kurzes Beratungsgespräch geführt. Luana möchte die Spitzen geschnitten bekommen, eine Pflegespülung für die Haare und ein abschließendes Styling. Als das geklärt war, stand freiwilliges Schweigen auf dem Programm“, sagt Maria Groll. Sie macht derzeit eine duale Ausbildung bei Haargenau und kümmert sich um Luana Pereglin.

„Ich hab’ mein eigenes Tablet vergessen, deshalb hab’ ich eins vom Laden ausgeliehen bekommen“, sagt Luana Pereglin die 21-Jährige, „das ist echt praktisch, ich kann hier Vorlesungen vor- oder nachbereiten, anstatt übers Wetter zu quatschen“, zieht die die 21-jährige Dortmunderin ein positives Fazit.

Tablets werden kostenlos ausgeliehen

Acht Tablets mit Internetzugang stehen im Salon zur kostenlosen Ausleihe bereit, „einige Kunden nutzen die Zeit gern zum Surfen“, sagt Karsten Groll.

Aber zurück zum „Silent Cut“: Haargenau-Mitarbeiterin Rosie betont, dass man auch weiterhin auf Kundenwünsche eingeht, „wer entspannen möchte, der kann das bei uns – beim netten Gespräch oder bei Stille.“ Das Gespür, was ein Kunde bevorzugt, hätten sie und ihre Kolleginnen und Kollegen in der Regel sowieso, „aber jetzt kann der Wunsch im Vorfeld dezent vermerkt werden.“

Rosie lächelt: „Wobei – Männer reden meist eh weniger als Frauen.“ Karsten Groll nickt zustimmend: „Ja, besonders ältere Damen erzählen schon sehr gern. Aber bei uns kann jeder so, wie er mag.“ Der Friseurmeister sieht im „Silent Cut“ ein Alleinstellungsmerkmal für seinen Salon, „und für neue Trends bin ich immer zu haben.“

Andere Kollegen verlassen sich weiterhin eher auf ihr Gespür

Und was sagen Hagener Kolleginnen und Kollegen aus der Branche zum Schweigen im Friseurstuhl? „Bei uns hat sich noch keine Kundin danach erkundigt. Wir spüren, ob jemand mit uns reden oder sich von uns unterhalten lassen möchte oder nicht“, sagt Myriam Domingos, die den Salon „Glam Hair“ am Friedrich-Ebert-Platz 5 leitet.

Ähnlich reagiert auch Vassilios Eleftheriadis von „Vassilis Cut“ in der Kampstraße 26. „Ich betreibe seit 33 Jahren einen Salon in Hagen. Wir machen keine Show, und wir Friseure reden auch nicht ohne Pause auf unsere Kunden ein. Der Kunde, der sich beim Haareschneiden mit uns unterhalten möchte, kann das natürlich tun. Aber wir vermerken doch nirgendwo ein ja oder nein. Nun ja, neue Trends wird es immer geben.“