30 Jahre nach einem Alarmruf von Alt-OB Thieser stellt Hagen fest, dass die Defizite beim Thema Integration fast gleich geblieben sind.
Der Blick in die Vergangenheit ist manchmal erschreckend aktuell, aber auch entlarvend: Zumindest öffnet er die Augen dafür, was politisch erreicht wurde – in diesem Fall über drei Jahrzehnte offenkundig wenig bis nichts. Der seinerzeit von Alt-Oberbürgermeister Dietmar Thieser inszenierte Hilferuf könnte heute ähnlich formuliert werden. Die Zuwanderungs- und Flüchtlingsproblematik ist in Hotspot-Städten wie Hagen bis heute ungelöst.
Angesichts leerer Kassen mit bedenklichen Begleiterscheinungen: Gettoisierungstendenzen, ethnische Reibereien, Nährboden für Frust und Gewalt, Vernachlässigung von Wohnsubstanz und Quartierskultur, aber auch soziale Spannungen – die Reihe ließe sich fortsetzen. Das alles ist zigfach identifiziert, ausdiskutiert, wissenschaftlich unterfüttert und immer wieder in Fensterreden bewehklagt. Allerdings ist es bis heute kaum gelungen, zu handeln und vor allem gegenzusteuern.
Natürlich hat die Stadt zwischenzeitlich Sozialprojekte aufgelegt und externe formidable Fördermittel abgegriffen. Allerdings wurde das Erreichte sofort wieder weggeschmissen, weil im Anschluss die eigenen Finanzmittel zur Verstetigung der Integrationsarbeit fehlten. Mit dem Effekt, dass Hagen heute wieder an einem ähnlichen Punkt angelangt ist wie vor 30 Jahren.
Mit dem feinen Unterschied, dass der kontinuierliche Zuwanderungsstrom aus Südosteuropa sowie über das Mittelmeer und die Balkanroute zurzeit noch von der Flüchtlingswelle aus den ukrainischen Kriegsgebieten überrollt wird. Eine Realität, für die diese Stadt ebenso wenig gerüstet ist wie vor drei Jahrzehnten.
Dietmar Thiesers Forderung, Einwanderungspolitik bei Bund und Land endlich einmal mit den tatsächlich notwendigen Finanzmitteln hinterlegt zu Ende zu denken und das Thema nicht bloß in den klammen Kommunen abzulagern, ist berechtigt. Die Hagener Politik hat in den nächsten Wochen bei der überfälligen Nacharbeitung der Silvester-Ereignisse die Chance, hier Profil zu zeigen: Damit die nächste Generation in 30 Jahren nicht erneut feststellen muss, dass die wesentlichen Ziele stabil verfehlt wurden.