Hagen. Was beim Baustellen-Spaziergang am Hohenhof im Zentrum stand und was Baudezernent Keune zur rigiden Fällaktion Anfang des Jahres sagt.
Es geht um die Frage „Erhalten oder Entwickeln“ beziehungsweise, wie beides unter ökologischen, kulturgeschichtlichen, denkmalschutzpflegerischen und städtebaulichen Gesichtspunkten zu vereinbaren ist. Die Villa Hohenhof am Stirnband beschäftigt viele Hagener – weil das Gebäude und das Areal einfach traumschön sind.
In der letzten Zeit rückte der Hohenhof allerdings auch durch eine große Baumfällaktion, die die Stadt vornehmen ließ, ins Visier vieler Bürger. Die Aufregung über das Abholzen alter Bäume war groß, viele Anwohner empörten sich über den Kahlschlag.
Wohl auch vor diesem Hintergrund bot die Stadt im Rahmen des Sommerprogramms „Urlaubskorb“ an zwei Terminen einen Baustellenspaziergang am Hohenhof an.
Der zweite Termin war am Freitag, 5. August, und einige Hagener Bürger hatten sich – mit Regenschirmen und derben Schuhen ausstaffiert – zum Stirnband aufgemacht. Dort ist derzeit allerdings wenig Lustwandeln angesagt, da der historische Garten der Villa im Rahmen der Internationalen Gartenausstellung (IGA) 2027 rekonstruiert wird.
Große Pflanzenkenntnis
„Haus und Garten sind eins“ – dieser Grundgedanke einte Kunstmäzen und Hohenhof-Hausherr Karl Ernst Osthaus (1874–1921) und den Architekten Henry van de Velde, der um 1906 für die Gartengestaltung verantwortlich zeichnete. 1912 beauftragte Osthaus außerdem den Landschaftsarchitekten Leberecht Migge, der seine große Pflanzenkenntnis einbringen sollte, um den Garten ökologisch ausgewogen zu gestalten.
Aufgrund des Todes von Karl Ernst Osthaus in 1921 konnten nicht alle Ideen umgesetzt werden, 1927 verkaufte Osthaus Sohn die Villa samt Areal an die Stadt Hagen. 2018 wurde der Gedanke des Gesamtkunstwerks Hohenhof schließlich seitens der Stadt verfestigt, ein denkmalpflegerisches Entwicklungskonzept entwickelt und Fördergelder beantragt.
Anfangs lag die Summe, die Hagen aus dem EU-Förderprojekt zu erwarten hatte, bei knapp 1,35 Millionen Euro, „nun liegt uns ein Bewilligungsbescheid von 1,44 Millionen Euro vor“, erklärte Baudezernent Henning Keune, der den Baustellen-Spaziergang leitete. Es handele sich um eine 100-prozentige Förderung, nur geringe Kosten für einige Nacharbeiten (Nachpflege) müsse die Stadt selbst tragen. An die Projektförderung sei allerdings eine Bedingung geknüpft, so Henning Keune, „das Förderprogramm muss bis Ende des Jahres abgeschlossen sein“.
Preissteigerungen und Lieferverzögerungen
Auf dem Hohenhof-Gelände führen, was deutlich zu sehen ist, derzeit Handwerker Regie, Bagger ziehen ihre Runden, Erdhaufen türmen sich meterhoch. „Ja, wir werden die Summe hier zügig verbrauchen und mit dem Fördermittelgeber abrechnen“, versichert der Baudezernent.
„Preissteigerungen und Lieferverzögerungen bei Baumaterial machen uns natürlich auch beim Hohenhof-Projekt Probleme und führen zu Mehrkosten“, so Henning Keune und weiter: „Wir werden mit der Bezirksregierung Arnsberg in puncto Förderung noch mal nachverhandeln.“
Die Teilnehmer des Spaziergangs marschierten im Regen über die Baustelle, ließen sich von Stephanie Roth erläutern, wie der Anger (grasbewachsenes Land) früher ausgesehen hat, wie er umgestaltet wird und welche Arbeiten an der Buddha-Grube und am Mausoleum demnächst vorgenommen werden.
Die Abteilungsleiterin Grünplanung betonte, dass nicht alles, was Landschaftsarchitekt Leberecht Migge vor 110 Jahren entworfen hat, in die aktuellen Rekonstruktionspläne aufgenommen werden konnte, „dann würden wir zu stark in den Wald eingreifen“. Und manche Wege könnten ebenfalls nicht originalgetreu nachgebaut werden, da sonst in einigen Bereichen das Wurzelwerk zerstört würde.
Apropos Wald: Auf die Baumfällaktion angesprochen, antwortete Baudezernent Henning Keune: „Ich verstehe eine gewisse Emotionalität bei diesem Thema. Eine frühzeitige Information der Bürger wäre richtig gewesen, konnte jedoch aufgrund der knappen Zeitschiene nicht stattfinden.“
Ausgleichspflanzung im Eilper Grünzug
Einer der Teilnehmer, Hans-Jürgen Quass-Meurer, stellte die Frage, warum so viele Bäume gefällt worden seien. Keune dazu: „Die meisten Bäume gehörten nicht zum Areal. Und die Pappel mit einem Stammumfang von drei Metern war der einzige Baum aus der Osthaus-Zeit, die Pappel hätte schon früher längst gefällt werden müssen“.
Auf eine gefällte Buche angesprochen, antwortete Stephanie Roth: „Die Buche hatte bereits eine historische Mauer zerstört. Außerdem war sie geschädigt und hätte aus Verkehrssicherungsgründen in Kürze sowieso gefällt werden müssen.“ Zum Ausgleich würden Bäume – Buchen und Zukunftsbaumarten, die trocken-warme Sommer vertragen – im Eilper Grünzug nachgepflanzt.
Auf den ebenfalls gefällten Mammutbaum angesprochen, erklärte Stephanie Roth: „Es handelte sich um eine gemeinschaftlich getragene Aktion der unteren Denkmalbehörde, dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe, der Bezirksregierung Arnsbeg und städtischer Ämter. In diesem Fall wurde ausnahmsweise die Rekonstruktion über den Erhalt gestellt.“
Die Jugendstil-Villa Hohenhof, ein Museum des Hagener Impulses, ist eine Dependance des Osthaus-Museums. Öffnungszeiten des Gebäudekomplexes Am Stirnband 10: samstags und sonntags 11 bis 18 Uhr. Führungen sind online buchbar unter www.osthausmuseum.de