Haspe. Der ehemalige Hagener Unternehmer Heinz Walter Bamberger will an der Grundschötteler Straße keine weiteren Flächen für Gewerbe verkaufen.
Mit der Frühlingssonne im Rücken lässt der 84-Jährige den Blick über das frische Grün der Wiesen und Buschgruppen schweifen. Von Kindesbeinen an lebt Heinz Walter Bamberger am Rande der Grundschötteler Straße auf halber Strecke zwischen Hagen-Haspe und Volmarstein. Bis heute schläft er in seinem einstigen Kinderzimmer. Von der reichlich frequentierten Hauptverkehrsader zur A1-Anschlussstelle Haspe/Volmarstein mal abgesehen, gelten die landwirtschaftlich genutzten Grasflächen und Kleinforste im Hasper Norden als Idyll für Spaziergänger und Rehwild. „Das ist meine Oase Haspe“, lässt der frühere Bauunternehmer, der hier einst 50 Hektar der Flächen sein Eigen nennen durfte und dort auch seit vier Jahrzehnten die Jagdhoheit inne hat, keinen Zweifel, dass seine Liebe der Natur gehört. Daher formuliert er angesichts der Gewerbeentwicklungen am Rande der Autobahn an die Adresse der Hasper auch ein Versprechen: „Ich werde – mal abgesehen von den Flächen, die ich bereits an den Weltmarktführer Abus verkauft habe – keinen Quadratmeter mehr abgeben.“
Stadt Hagen möchte weitere 20 Hektar entwickeln
Zum Leidwesen der Stadt Hagen, die hier im Rahmen der Regionalplan-Aufstellung stolze 20 Hektar für Gewerbe- und Industrieansiedlungen reserviert hat. Ein inzwischen drei Jahre alter Vorstoß, zu dem Bamberger sich nur verwundert die Augen reiben kann. Seit Jahrzehnten fühlt sich der Hasper dem Wetteraner Unternehmen Abus das seit knapp 100 Jahren rund um den Erdball sein Geld mit Schließ- und Sicherheitssystemen verdient, und seinen Geschäftsführern freundschaftlich verbunden: „Das sind seriöse Leute, die solide Arbeitsplätze schaffen“, freut sich der alteingesessene Hasper, dass der Bau eines gigantischen Hochregallagers sowie einer weiteren Produktionshalle auf der Fläche Grundschötteler/Schülinghauser Straße jetzt endlich in den politischen Gremien der Stadt entschieden wird.
Im vergangenen Monat hat bereits die Bezirksvertretung Haspe – gegen die Stimmen der beiden Grünen-Vertreter – den Daumen zugunsten der 63.200-Quadratmeter-Entwicklung nach oben gehoben. Am heutigen Dienstag, 3. Mai, wird sich der Umweltausschuss mit dem Millionenprojekt befassen, am Donnerstag, 5. Mai, folgt das Votum des Stadtentwicklungsausschusses. Dabei scheinen die politischen Mehrheiten trotz aller ökologischer Bedenken in puncto Flächenverzehr und Hochwasserschutz zu stehen.
Heinz Walter Bamberger bewahrt seine „Oase Haspe“
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Allerdings unterstreicht Heinz Walter Bamberger im gleichen Atemzug, dass sich in Hagen niemand Hoffnungen machen solle, dass er die vollen 20 Hektar für Gewerbeansiedlungen, die die Stadt im Regionalplan anvisiert, preisgeben werde. Zwar habe er Abus noch eine weitere, direkt angrenzende Fläche südlich der Schülinghauser Straße bereits vertraglich fest zugesagt: „Aber das ist in Summe nicht einmal die Hälfte dessen, was die Stadt dort an Gewerbegebiet und ohne Rücksprache mit mir als Eigentümer auf den Weg gebracht hat.“ Zwar hätten die beiden Geschäftsführer der Hagener Industrie- und Gewerbeflächen-Gesellschaft (HIG) Burkhard Schwemin und Michael Greive bei ihm vorgesprochen, um weitere Flächen anzukaufen, doch er habe die beiden Herren mit traurigen Augen und vor allem leeren Händen zurück ins Hagener Rathaus geschickt, erzählt der Großgrundbesitzer, der selbst nach den Abus-Verkäufen noch 40 Hektar Fläche vorzugsweise östlich der Grundschötteler Straße sein Eigen nennt. „Die können mich nicht mit Geld locken“, ist der Hasper mit seiner Familie wirtschaftlich unabhängig.
Seine Passion für den heimatlichen Grund packte Bamberger bereits als 16-Jährigen, als ihm seine Großmutter 3000 Quadratmeter Land rund um sein Elternhaus vermachte, das seinerzeit auch noch Ziegen, Hühnern und Schweinen eine Bleibe bot. Nach einer Maurerlehre und seiner Ausbildung zum Diplom-Ingenieur startete der spätere selbstständige Unternehmer sein Wirken nicht etwa im väterlichen Hochbauunternehmen, sondern beim Hagener Konkurrenten Köster, wo er direkt als Assistent der Geschäftsführung mit Dienstwagen und stattlicher Entlohnung begann. „Dort habe ich fünf Jahre lang alles aufgesaugt, bevor ich mich auf eigene Füße gestellt habe.“ Nicht etwa als Nachfolger im Familienbetrieb, sondern als Chef eines eigenen Unternehmens. „Mein Vater war ein raubeiniger Handwerksmeister“, macht Heinz Walter Bamberger kein Hehl aus dem komplizierten familiären Miteinander.
Familie fühlt sich über die Generationen der Natur verpflichtet
Aber auch ohne die begleitende Erfahrung der Elterngeneration gelang es Bamberger, sein Wirken mit mehr als 200 Beschäftigten erfolgreich zu gestalten und sich somit die finanziellen Spielräume für Flächenzukäufe entlang der Grundschötteler Straße zu erarbeiten. „Ab Anfang der 70er-Jahre habe ich regelmäßig angekauft oder ersteigert“, wuchs seine „Oase Haspe“ auch dank guter nachbarschaftlicher Beziehung stetig an. Sogar von der Stadt Hagen konnte Bamberger knapp fünf Hektar ergattern – der Rat stimmte seinerzeit einem Kaufpreis von 1,80 Euro/qm zu.
Rat positioniert sich zum Regionalplan
Die Verbandsversammlung des Regionalverbandes Ruhr (RVR) hatte im Sommer 2018 beschlossen, den Regionalplan Ruhr zu erarbeiten und die Öffentlichkeit sowie die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen zu beteiligen – auch die Stadt Hagen.Inzwischen läuft die zweite Runde des Beteiligungsverfahrens, weil nach der ersten öffentlichen Auslegung einige Inhalte des Planwerkes noch einmal überarbeitet worden sind. Die Vorschläge rund um die Grundschötteler Straße blieben dabei unangetastet.Das letzte Wort hat nach den Fachausschüssen in der kommenden Woche der Hagener Rat (12. Mai.).
„Nach dem Geschäft mit Abus war für mich klar: Keinen Meter weiter“, verschwendet der 84-Jährige heute keinen Gedanken mehr daran, sich von seinen verbliebenen 40 Hektar Natur weitere Flächen abverhandeln zu lassen. „Und das gilt genauso für meine Kinder“, betrachtet Bamberger sein Versprechen quasi wie einen Generationenvertrag. So betreibe seine Tochter Katja Schäfer auf der angrenzenden Hofstelle Hömann einen Reiterhof, auf dem in naher Zukunft weitere 14 Pferdeplätze etabliert würden. Und auch ihre Schwester Anja Raguse sei eine in der aktiven Reiterei verwurzelte Frau, die auch im Turniersport unterwegs sei und das grüne Drumherum entlang der Grundschötteler Straße zu schätzen wisse. Beide seien nicht bloß finanziell unabhängig, sondern fühlten sich aufgrund ihrer Pferde-Leidenschaften und des damit verbunden Flächenbedarfs der „Oase-Haspe“-Idee ihres Vaters eng verbunden.