Hagen. Justin Mehl ist von seiner Gesamtschule in Hagen mit dem #ehrenwert-Preis ausgezeichnet worden. Er griff zum Handy, als ein Feuerteufel zündelte.

Dies ist keine Heldengeschichte. Justin Mehl (19) sieht sich nicht als Held. Er habe doch nur die Polizei angerufen, und dafür dürfe man doch eigentlich nicht ausgezeichnet werden, oder? Der angehende Abiturient der Gesamtschule Fritz Steinhoff in Hagen ist aber genau dafür geehrt worden: dass er die Polizei rief, als es brenzlig wurde. Mehr nicht, aber auch nicht weniger.

Denn auch ein Anruf bei der Polizei kann ein Ausweis für Zivilcourage sein. Andere Menschen hätten in jener Situation vielleicht nicht zum Handy gegriffen, sagt Sven Dehmlow, Lehrer an der Schule in Helfe: „Justin ist zur Tat geschritten, noch bevor eine Lehrkraft vor Ort sein konnte.“ Und dafür habe ihm die Schule den neuen Preis #ehrenwert verliehen.

Feuer auf Sockel des Denkmals entzündet

Was an jenem 12. Januar geschah, ist schnell erzählt. Justin und seine Freunde zogen sich während der Mittagspause auf eine Bank nahe des Boeler Kriegerdenkmals zurück: „Das machen wir öfter, dort haben wir unsere Ruhe, wenn die Schulhöfe überfüllt sind.“

Doch die Unterhaltung der Schüler wurde jäh von einem offenbar psychisch gestörten Mann unterbrochen, der Blätter und Zweige und nach Aussage von Justin Mehl auch einige Habseligkeiten auf dem Sockel des Denkmals aufschichtete und in Brand setzte. „Dabei hat er gerufen, Deutschland sei ein KZ, und auch von Corona war die Rede“, erinnert sich der Schüler.

Passanten vor dem Feuerteufel gewarnt

Gemeinsam mit seinen Freunden warnte er Passanten vor dem Mann und wählte den Notruf. Die Beamten erstickten den brennenden Unrat mit einem Feuerlöscher und konnten den Brandstifter, einen 38-jährigen Hagener, kurz darauf ausfindig machen. Er wurde des Platzes verwiesen und erhielt eine Strafanzeige; außer einigen Verrußungen hatte das Denkmal keinen Schaden genommen.

Doch niemand weiß, was der Feuerteufel noch alles angerichtet hätte, wenn die Polizei nicht so schnell zur Stelle gewesen wäre. Schließlich lag die Gesamtschule mit über tausend Schülern, darunter viele Kinder, nur einen Steinwurf vom Tatort entfernt.

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Mit seinem Anruf bei der Polizei hat Justin Mehl unter Umständen Schlimmeres verhindert – eine ehrenwerte Tat, die es hervorzuheben verdient, so Sven Dehmlow: „Auch in den nächsten Jahren soll ehrenwertes Verhalten an unserer Schule ausgezeichnet werden und so der Blick der jungen Generation auf Werte wie Hilfsbereitschaft, Mut, Toleranz und Respekt gelenkt werden.“

„Schule ist für mich zur Heimat geworden“

Für Justin Mehl (Leistungskurse Deutsch und Sozialwissenschaften) stehen jetzt erst einmal die Abiturprüfungen auf dem Programm, dann will er ein Freiwilliges Soziales Jahr bei der Caritas absolvieren. Was danach kommt, wird sich zeigen.

Zivilcourage und besonderes Engagement

Eine Schülerin aus der 9. Klasse bewies Mut und meldete einen Mitschüler, der die gesamte Klasse tyrannisierte. Ein Mädchen aus dem 6. Jahrgang bot auf einer Klassenfahrt einer unglücklichen Mitschülerin ihren Schlafplatz im Zimmer ihrer Freundin an, obwohl sie selbst gerne geblieben wäre.
Diese und andere ehrenwerte Taten werden seit diesem Jahr an der Fritz-Steinhoff-Gesamtschule Helfe ausgezeichnet. Schüler werden für Zivilcourage oder besonderes Engagement geehrt.

Neun Schüler wurden insgesamt mit einer Medaille und einem kleinen Präsent ausgezeichnet: Aurela Hasani (Klasse 6), Melissa Turan (Klasse 6), Merjema Cardakovic (Klasse 6), Florian Häring (Klasse 7), Marc Häring (Klasse 7), Angel Lang (Klasse 9), Lara Kästner (Klasse 12), Adrian Kolar (Klasse 13) und Abiturient Justin Mehl (Klasse 13).

Auf jeden Fall wird er seine Schule stets in guter Erinnerung behalten, wie er berichtet: „Ich bin hier seit der fünften Klasse, sie ist für mich zu einer Heimat geworden.“ Er habe einen großen Freundeskreis und komme auch mit den Lehrern gut aus. Besonders gefreut hat es ihn, dass die wegen Corona immer wieder abgesagte Stufenfahrt nach Hamburg in diesem Jahr – nicht zuletzt aufgrund der Fürsprache einer engagierten Beratungslehrerin – doch noch stattfinden konnte.

Corona habe das Schulleben stark verändert und offen gelegt, dass die digitalen Strukturen in Deutschland nicht sonderlich gut entwickelt seien, sagt Justin Mehl: „Andererseits haben wir gelernt, selbstständiger zu lernen.“

Nein, Justin Mehl will kein Held sein. Manchmal genügt schon ein Anruf, um möglicherweise Schlimmeres zu verhindern.