Hagen. Wirt Cimi Eroglu steht nach dem Feuer in Hagen vor den Trümmern seiner Existenz. Dass er noch lebt, hat er vielleicht Hund Simba zu verdanken.
Vielleicht ist es ihm zu verdanken, dieser Seele von einem Hund, dass Cimi noch lebt. Simba, gerade einmal 16 Monate alt, Mischling. „Er war irgendwie so unruhig, ganz anders als sonst“, sagt Cimi Eroglu. „Da habe ich beschlossen, mit Simba eine kleine Runde zu drehen.“
Vielleicht zehn Minuten später kehren sie zurück. Simba, der fröhliche Mischling, und Cimi, der Kneipenwirt. Da brennt es im Gebäude an der Eckeseyer Straße, in dessen Erdgeschoss Cimi kurz zuvor noch gestanden hatte, lichterloh. Laute Explosionen sind zu hören. Flammen schlagen aus dem Fenster. Die Feuerwehr rauscht heran. Nicht ein Wagen. Dutzende. Blaulicht überall.
Zwei Menschen kommen in den Flammen ums Leben
Die ganze Tragik dieses Unglücks wird erst später klar. Zwei Menschen – so stellt sich Stunden nach den Löscharbeiten der Feuerwehr heraus – verlieren ihr Leben.
Cimi steht vor der Tür. Und er steht auch vor den Trümmern seiner Existenz. „Das sind Momente, die kann man nicht beschreiben“, sagt er. „Ich war völlig fassungslos, habe nicht realisiert, was da gerade passiert.“
Türkische Wurzeln und deutsche Kneipenkultur
„Neue’S Eck“ heißt die Kneipe im Erdgeschoss des Mehrfamilienhauses. „Eine klassische deutsche Bierkneipe“, erzählt Eroglu, ein Mann mit türkischen Wurzeln, der sich diesem Teil der deutschen Kultur schon seit Jahren mit geballter Leidenschaft verschrieben hat. „Mit Teestuben oder Shishabars kann ich nichts anfangen. Bei uns gibt es ein Bier und Snacks – Frikadellen, Currywurst-Pommes, Schnitzel.“
Und es gibt das, was die Menschen so sehr schätzen: einen Plausch, ein gutes Gespräch, ein Skatspiel, Knobeln und vor allem Darts. „Sechs Mannschaften gehen bei uns ein und aus“, sagt Cimi, 48 Jahre alt, der im Alter von einem Jahr nach Deutschland gekommen ist. „Sie trainieren hier, sie feiern, sie tragen ihre Spiele aus.“
2019 in neue Kneipe eingezogen
2019 haben Cimi und Selma Eroglu die Kneipe übernommen. Dann kam Corona, dann kam die Flut und jetzt das Feuer. „Eine normale Zeit, die haben wir vielleicht im Jahr 2019 noch erlebt – danach nie wieder. Durch die Flut haben wir unsere Zapfanlage verloren. Die neue war gerade installiert“, sagt Cimi.
Mit seiner Gaststätte war er quasi von gegenüber umgezogen. „Mit einer Kneipe wird man nicht reich. Aber es reicht, um davon zu leben“, erzählt Cimi. „Dazu kommen die vielen Begegnungen. Zu uns sind die verschiedensten Typen gekommen. Welche, die politisch eher links waren. Andere, die eher rechts waren. Das spielt in einer Kneipe keine Rolle. Hier zählt der Mensch. Wir waren wie eine Familie, haben zusammen gefeiert.“
Gäste unterstützen ihren Kneipenwirt
Sie hält zusammen, diese Familie. Und das ist schon an Tag eins nach dieser Tragödie, nach der Katastrophe zumindest ein kleines Zeichen, das Hoffnung macht. „Es haben sich so viele nach uns erkundigt, gefragt, wie es uns geht, ob sie etwas für uns tun können“, sagt Cimi, „die ersten Gäste sind schon auf der Suche nach einer neuen Bleibe für die Kneipe. Auf Deutsch gesagt: Das ist einfach ein geiles Gefühl. Das macht mich stolz.“
Wie es weitergeht... Das weiß Kneipenwirt Cimi noch nicht. „Es ist alles noch ganz frisch, Wir müssen das jetzt erst einmal verdauen“, sagt er, „unsere Vermieterin hat uns signalisiert, dass sie gerne sanieren möchte und mit uns weitermachen möchte.“
Ob das gehen kann – völlig offen. Das Haus gilt zunächst als einsturzgefährdet.