Hagen. Nach der Flut zog Stephanie Krause (Freiwilligenzentrale) ins Haus Busch ein, nun arbeitet sie im Besprechungszimmer der Bürgermeister.

Ein bisschen fühlt sie sich wie ein Vagabund – Stephanie Krause. Die Leiterin der Hagener Freiwilligenzentrale hat es in den letzten Monaten gelernt, provisorisch aus Kisten und Kartons zu arbeiten.

„Aber ich bin froh, mit unserer Einrichtung überhaupt irgendwo Unterschlupf gefunden zu haben“, sagt Krause gewohnt optimistisch.

Rückblick: Das Rathaus an der Volme, in dem die Freiwilligenzentrale seit knapp zehn Jahren beheimatet ist, wurde – wie etliche innerstädtische Gebäude ebenfalls – vom Hochwasser Mitte Juli stark getroffen, sprich, war von jetzt auf gleich nicht mehr nutzbar.

Ein Großteil des technischen Equipments bleibt vom Hochwasser verschont

„Glück im Unglück: An jenem Nachmittag, als der Pegel der Volme immer höher stieg, haben wir zur Vorsicht Computer, Laptops und Drucker auf die Tische gehievt, so dass ein Großteil des technischen Equipments vom Hochwasser am späten Abend verschont blieb“, sagt Krause.

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Seit dem 14./15. Juli herrscht in den gefluteten Räumen nun Großbaustellen-Flair. „Der komplette Estrich musste raus, dadurch lagen sämtliche Rohre frei und mussten, um sie vor Kälte zu schützen, ummantelt werden. Trockner waren non-stop im Einsatz, der komplette Boden muss noch erneuert werden“, zählt Stephanie Krause die Flutschäden auf. „Es heißt, dass die Räume in diesem Frühjahr wieder bezogen werden können, warten wir’s mal ab“, sagt die Leiterin mit ein wenig Zweifel in der Stimme.

Unterschlupf im leerstehenden Journalistenzentrum im Lennetal

Unendlich froh sei sie gewesen, so Krause, als sie nur zwei Tage nach dem Hochwasser ins Haus Busch ziehen konnte. Das frühere, seit Ende 2019 leerstehende Journalistenzentrum im Lennetal bot ihr sowie acht Mitarbeitern aus der Stadtverwaltung Unterschlupf, um von dort aus das von der Stadtverwaltung binnen weniger Stunden aus dem Boden gestampfte Projekt „Hochwasserhilfe“ zu unterstützen.

„Die Infrastruktur im Haus Busch war ja intakt, das war ein Riesenglück,“ sagt Krause und spielt damit auf vorhandene Telefonverbindungen, Internet und Mobiliar an. „Ich bezog einen Raum im Haus Busch, und drei ehrenamtliche Helfer der Freiwilligenzentrale arbeiteten aus dem Homeoffice heraus und unterstützten ebenfalls die Hochwasserhilfe. Das war schon klasse.“

Sämtliche Kleinmöbel und Büro-Utensilien werden provisorisch in einem Raum zwischengelagert.
Sämtliche Kleinmöbel und Büro-Utensilien werden provisorisch in einem Raum zwischengelagert. © WP | Michael Kleinrensing

Die eigentliche Arbeit der Freiwilligenzentrale – ehrenamtliche Helfer und hilfsbedürftige Bürger zusammenzubringen – ruhte in jener Zeit, kam aber Anfang September wieder in Fahrt. „Wir konnten unsere Beratung zwar nicht in der überfluteten Zentrale im Rathaus anbieten, doch wurde uns ,Asyl‘ in der Stadtbücherei gewährt“, erläutert Krause. Andrea Steffes, die Leiterin der Stadtbücherei auf der Springe, habe unbürokratisch und handfest gehandelt, „wir konnten und können noch immer stundenweise Bereiche der Stadtbücherei nutzen, um dort unsere Beratungen anzubieten“.

Bis Anfang Dezember im Haus Busch

Und Krause selbst konnte im Spätsommer in Haus Busch ihre originäre Arbeit wieder aufnehmen, sich also um die Belange der Freiwilligenzentrale kümmern. Bis Anfang Dezember, denn dann rückten erneut Soldaten der Bundeswehr im Lennetal an, um der Stadt Hagen - wie auch schon einige Monate zuvor - wieder bei der Corona-Kontaktverfolgung zu helfen.

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Stephanie Krause musste das Feld räumen, war wieder „heimatlos“. Aber nicht lange: „Die Stadt bot mir schnell eine gute Alternative an“, lobt Krause.

Seit zwei Monaten darf sie für ihre Arbeit das gemeinsame Besprechungszimmer der zwei Hagener Bürgermeister Hans-Dieter Fischer und Dietmar Thieser sowie Bürgermeisterin Karin Köppen nutzen. „Durch Corona-Einschränkungen wurde das Büro in der letzten Zeit eh kaum genutzt. Und wenn doch mal ein Raum benötigt wird, ist immer ein Sitzungszimmer frei“, so Stephanie Krause.

Nun sitzt sie also, gemeinsam mit einem Kollegen, im Büro B 214 in der zweiten Etage. „Hier sind wir zentral beheimatet und können gut arbeiten“, unterstreicht Krause.

1999 in Hagen gegründet

Die Freiwilligenzentrale Hagen wurde 1999 als unabhängige Einrichtung gegründet. Die gemeinnützige Organisation hat das Ziel, den Gedanken des bürgerschaftlichen Engagements an die Bürger heranzutragen und die Rahmenbedingungen für das Ehrenamt zu verbessern.

Seit 2012 ist die Freiwilligenzentrale Mieterin von knapp 140 Quadratmeter großen Räumen im Erdgeschoss des Rathauses an der Volme.

In der Stadtbücherei auf der Springe bietet das Team der Freiwilligenzentrale derzeit dienstags von 16 bis 18 Uhr und donnerstags von 10 bis 12 Uhr Beratungsstunden für Bürger, die sich ehrenamtlich engagieren möchten, an.

Und ergänzt schmunzelnd: „Und wir werden bei unserer täglichen Arbeit von einer alten Triumph-Schreibmaschine, von Heimatbüchern, Biergläsern aus Hagens Partnerstädten und diversen Anstecknadeln begleitet.“

Was auf ihrem „eigenen“, temporären Schreibtisch liegt? Stephanie Krause lacht, nimmt ein buntes Perlsacktier aus Stoff, das auf ihrer Schreibtischunterlage thront, in die Hand: „In all dem Chaos, was Corona und das Hochwasser angerichtet haben, hab‘ ich mir diese eierlegende Wollmilchsau gegönnt. Sie spendet Mut und Elan.“