Hagen. Lars Martin vom Hotel- und Gaststättenverband sieht harte Zeiten für Gastronomen. Der Umsatz ist gering und Kredite müssen zurück gezahlt werden.

Im zweiten Corona-Jahr ist die Gastronomie durch die pandemiebedingten Einschränkungen eine besonders arg gebeutelte Branche. Lars Martin, Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Hagen, kennt die Nöte seiner Mitglieder.

Herr Martin, wie ist die derzeitige Stimmung unter den Hagener Gastronomen?

Lars Martin: Einerseits sind die Restaurant- und Gaststättenbetreiber froh, dass sie ihre Betriebe geöffnet haben dürfen und der Zehn-Personen-Beschränkung wie Privathaushalte nicht unterliegen, andererseits ist die Winterzeit für die meisten eine Katastrophe.

Lars Martin ist Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststätenverbandes (Dehoga) Hagen und stellvertretender Hauptgeschäftsführer von Dehoga Westfalen.
Lars Martin ist Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststätenverbandes (Dehoga) Hagen und stellvertretender Hauptgeschäftsführer von Dehoga Westfalen. © Lichtrevier

Sie spielen damit auf die abgesagten Weihnachts- und Betriebsfeiern an?

Genau. In den Sommermonaten und dann etwa bis Oktober lief das Gastro-Geschäft relativ normal. Viele Leute hatten nach dem Lockdown einfach wieder Lust, auszugehen, und einige vorher abgesagte Feiern wurden nachgeholt. Doch im November und Dezember kam der große Einbruch. Zum einen, da es keine Weihnachtsfeiern im großen Stil geben durfte, zum anderen, da viele Leute aufgrund der aktuellen Corona-Entwicklungen ängstlich beziehungsweise vorsichtig sind und lieber zu Hause bleiben.

Und wie gestaltet sich die Lage an Silvester?

Erfreuliche Umsätze werden die Gastronomen zum Jahreswechsel kaum machen, da es keine großen Feiern und Partys gibt. In einigen Restaurants liegen Reservierungen für Vierer- oder Sechser-Tische vor, ein gemütliches A-la-carte-Essen im kleinen Kreis ist ja möglich. Aber viele Gastronomen öffnen aufgrund der Beschränkungen an Silvester gar nicht oder schließen spätestens um 22 Uhr.

In Hagen sind 80 Betriebe Dehoga-Mitglied

Lars Martin ist Geschäftsführer von Dehoga Hagen und stellvertretender Hauptgeschäftsführer von Dehoga Westfalen.

In Hagen sind 80 Betriebe – vom kleinen Imbiss bis zum Vier-Sterne-Hotel – dem Verband angeschlossen.

NRW-Privathaushalte gaben im Jahr 2020 monatlich 33 Euro weniger für Gaststättendienstleistungen aus als 2019. 2020 lag die Summe bei 71 Euro, 2019 noch bei 104 Euro. Die Zahlen stammen von „Information und Technik Nordrhein-Westfalen“ als Statistischem Landesamt.

Im Gegensatz dazu stiegen die monatlichen Ausgaben für Lebensmittel im gleichen Zeitraum um 31 Euro (8,8 Prozent) von 353 Euro auf 384 Euro.

Die Sorge vor der Ausbreitung der Omikron-Variante wächst. Wie blicken Sie in die Zukunft?

Mit großer Sorge. Wenn es zu einem erneuten Lockdown kommt, wird die Gastronomie als erste Branche schließen müssen und als letzte Branche wieder öffnen dürfen. Das war auch schon beim letzten Lockdown so.

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Würde ein weiterer Lockdown für etliche Gastronomen nicht der Dolchstoß bedeuten?

Das befürchte ich auch. Ehrlich gesagt wundert es mich derzeit sogar, dass so viele Betriebe überhaupt noch existieren.

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Wo sehen Sie die Gründe, dass sich viele Restaurant- und Kneipenbetreiber trotz derart schwieriger Zeiten noch über Wasser halten?

Vielen aus der Branche wurden ihre Sozialversicherungsbeiträge und Mieten gestundet. Und etliche Gastronomen haben ihre Kreditlinien ausgereizt, sich Geld bei ihren Familien und Freunden geliehen oder ihre Altersvorsorge, zum Beispiel ihre Lebensversicherungen, aufgelöst.

Was bedeutet das für die Zukunft einiger Gastronomen?

Die meist geringen Rücklagen, die die Gastronomen hatten, sind längst aufgebraucht. Und Kredite müssen demnächst zurückgezahlt werden. Dann wird es für viele Gastronomen zum Schwur kommen.

Was bereitet Ihnen derzeit die größte Sorge?

Dass ein Ende der Krise nicht in Sicht ist. Niemand weiß schließlich, was nach Omikron kommt.