Breckerfeld. Was für ein Zeichen in die Pandemie hinein. Die Landwirte rollten mit ihren leuchtenden Traktoren wieder durch Hagen und Breckerfeld.
Es ist Samstagabend. Im Licht der Laternen am Hansering sieht man den Regen schräg vom Himmel fallen. So ganz kurz vor Schnee. Es ist kalt, ungemütlich und in einigen Minuten fängt das Spiel zwischen Dortmund und Bayern an.
Die Bürgersteige hoch hinauf zur Ecke „Vor dem Tore“ und runter Richtung Ecke Jakobusweg sind voll. Junge Leute mit Bierrucksäcken, Familien, ältere Leute mit Glühwein. Wer an der Strecke wohnt, hat Freunde auf die Terrassen geladen.
Da hupt es plötzlich. Und vor dem Eingang des Altenzentrums Breckerfeld werden die Augen von Eleonore Bangert (82) etwas größer. Eingemuckelt in eine Decke harrt sie in ihrem Rollstuhl aus. „Das lassen wir uns nicht nehmen“, sagt sie. „Was für eine Freude.“
Halt vor Kinderdörfern und Alteneinrichtungen
Da rollen sie an. 55 Traktoren, geschmückt mit bunten Lichtern, verziert mit Botschaften, teilweise Engelsflügeln auf den Heckscheiben, winkende Fahrer und Fahrerinnen.
Die Landwirte sind wieder da. Genau wie letztes Jahr. Mit ihrer Tour „Ein Funken Hoffnung“ rollen sie an diesem kalten Regenabend durch Lüdenscheid, Breckerfeld, den Hagener Süden und die Hagener City bis hinüber nach Schwelm. Sie machen Halt vor SOS-Kinderdörfern oder Alteneinrichtungen und setzen ihr Statement, zu dem es eigentlich kein weiteres Wort braucht.
Der junge Mann, der den Hoffnungs-Konvoi stolz anführt, ist Heiner Born. Er stellt seinen Trecker vor dem Altenzentrum am Hansering ab, springt aus der Fahrerkabine, holt einen Weihnachtsbaum vom Hecklader.
Andere Landwirte hinter ihm bringen Milch, Süßes, Gebäck. Die bunten Traktoren leuchten, die Bewohner des Altenzentrums kleben an den Fensterscheiben und die, die gut zu Fuß sind oder wie Eleonore Bangert hartgesotten, kommen heraus.
Keine Sekunde kam es für Heiner Born und die Landwirtskollegen in Frage, die große Fahrt der Hoffnung wegen der hohen Corona-Infiziertenzahlen in der Region abzublasen. „Jetzt erst recht. Wir fahren, weil wir der Pandemie etwas entgegensetzen wollen“, gibt der junge Mann auf die Frage, mit welchem Gefühl er voranfahre, im Breckerfelder Nieselregen eine Antwort, die mitten aus seinem stolzen Herzen kommt. „Schauen Sie mal, was hier los ist. Es ist an den Straßenrändern noch voller als im letzten Jahr. Erwachsene, Senioren, Kinder, alle stehen zusammen und halten zusammen. Das ist, worauf es ankommt. Freude machen und zusammenhalten. Die Menschen in diesem Heim erleben jetzt schon zwei Jahre Pandemie.“
In der Tat wirkt die Szene vor dem Breckerfelder Altenzentrum wie ein Symbol. Fünf-, sechs-, siebenjährige Kinder stehen direkt vor dem Eingangstor, bestaunen die Traktoren und sind dabei, wie Eleonore Bangert stellvertretend die Geschenke und die Grüße der Landwirte entgegennimmt.
Respekt und Wertschätzung
Alte Menschen, denen die Pandemie seit zwei Jahren und nach einem langen Leben gnadenlos zusetzt. Genau wie den Kindern, die von Lockdowns und Kontakteinschränkungen so hart betroffen waren und sind, dass es traurig macht. Nicht heute Abend. Hier sind sie vereint. Seite an Seite.
Kein Marketing-Guru dieser Welt hätte besser erfinden können, was die Landwirte mit ihrer Hoffnungstour geschaffen haben. Freude für die Kinder, die über leuchtende Traktoren strahlen. Das große Zeichen des Respekts und der Wertschätzung vor den Alteneinrichtungen.
Und der Kampf in eigener Sache. „Ohne uns Landwirte geht es nicht“, steht vorne auf dem Traktor von Heiner Born. „Wir setzen hier auch ein Zeichen, dass die Landwirtschaft gestärkt werden muss. Die Politik muss erkennen, was sie an uns hat. Noch mehr Auflagen und finanzieller Druck erschweren unsere Arbeit sehr“, kämpft er für seine Zunft.
Sie müssen weiter. Richtung Klinik Ambrock. Im Hagener Süden werden gleich Hunderte Leute am Straßenrand stehen und ihnen zuwinken. Den Hoffnungsfahrern, die ihre Traktoren geschmückt haben, um anderen eine Freude zu machen. Helden einer verregneten Nacht. Ein echter Funken Hoffnung in dieser Pandemie.