Haspe. Die Hasper Politik kann sich mehrheitlich keine kinder- und jugendpsychiatrische Tagesklinik auf der Wiese am Quambusch vorstellen.
Die geplante Investition des Gemeinschaftskrankenhauses Herdecke, das am Quambusch eine kinder- und jugendpsychiatrische Tagesklinik errichten möchte, stößt in der Hasper Politik weiterhin auf wenig Gegenliebe. Nach mehr als zweistündiger intensiver Diskussion hat die Bezirksvertretung in ihrer jüngsten Sitzung mit 7:5 Stimmen gegen den Bau auf der Grünfläche unterhalb der Harkort-Grundschule votiert. Lediglich CDU und Grüne waren bereit – wenn auch zähneknirschend – der Errichtung der medizinisch unbestritten notwendigen Therapiestätte an dem Standort mangels Standortalternativen zuzustimmen. Abschließend wird sich der Hagener Rat mit der Thematik in seiner November-Sitzung befassen müssen, wo nach der bereits einhellig erfolgten Zustimmung in den Fachausschüssen dann letztlich – im Widerspruch zu den Haspern – grünes Licht für das Projekt gegeben werden dürfte.
Die Bezirksvertretung Haspe hatte von Beginn an erhebliche Zweifel angemeldet, ob der angedachte Standort für die kinder- und jugendpsychiatrische Tagesklinik tatsächlich klug gewählt sei. Zum einen verwies die Politik darauf, dass durch das Projekt – neben der geplanten Wohnbebauung auf dem Sportplatz sowie der Wohneinrichtung für psychisch Behinderte der Evangelischen Stiftung Volmarstein – den ohnehin schon immensen Verkehrs- und Parkdruck am Quambusch weiter erhöhen werde. Zum anderen wurde, neben gestalterischen Bedenken, die Sorge formuliert, dass mit der Schlittenwiese neben dem Spielplatz eine der letzten Grünschneisen in dem Viertel geopfert werde.
Bedenken, die von den Investoren und dem Büro von Architekt Thorsten König nach einem Ortstermin aufgegriffen wurden und inzwischen in eine geänderte Planung eingeflossen sind: „Wir möchten das Gebäude auf dem Plateau platzieren“, präsentierte der Bauschaffende in einer ersten Machbarkeitsstudie ein naturnahes Konzept mit Öko-Lehrpfad und einem Regenrückhaltebecken als Biotop.
Investoren greifen Bedenken auf
Ein Entwurf, der von den politischen Entscheidungsträgern in Haspe, die alle keine inhaltlichen Zweifel an der Einrichtung haben, zwar wohlwollend goutiert, aber aufgrund des Standortes letztlich mehrheitlich verworfen wurde. Zunächst regte CDU-Vertreter Gerd Romberg an, „in Richtung Sportplatz Quambusch umzuswitchen.“ Für die Sportbrache, auf der 25 Wohneinheiten entstehen sollen, ist zwar seit dem Jahr 2014 ein rechtskräftiger Bebauungsplan in Arbeit, in den bislang bereits ein mittlerer fünfstelliger Betrag geflossen ist. Allerdings ist dieser bis heute nicht abgeschlossen, regte der stellvertretende Bezirksbürgermeister daher einen Standortwechsel für die Tagesklinik an.
Immenser Bedarf wächst durch die Corona-Pandemie weiter
Das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke (GKH) möchte in Haspe mit Hilfe von Fördermitteln eine kinder- und jugendpsychiatrische Tagesklinik mit Institutsambulanz errichten, um künftig die kindermedizinische Versorgung in Hagen sicherstellen zu können.
Die Zahl der niedergelassenen Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie in der Stadt ist deutlich zu gering, während der Bedarf stetig steigt. Mit einer solchen Einrichtung soll die wohnortnahe Versorgung der Familien deutlich verbessert und eine klassische Versorgungslücke geschlossen werden.
Das GKH hat beim Land bereits einen entsprechenden Förderantrag gestellt, der in Absprache mit der Bauverwaltung auf die Quambusch-Schlittenwiese zwischen der Harkort-Grundschule (Twittingstraße) und der Kita (Jungfernbruch) direkt neben dem Spielplatz abzielt.
Grundsätzlich ist das Team um Prof. Oliver Fricke (Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Kinderneurologie) für die medizinische Versorgung in diesem Segment in Hagen sowie im gesamten EN-Kreis verantwortlich.
Das Land hat jetzt in seinem regionalen Planungskonzept entschieden, das bestehende Herdecker Angebot mit bereits 64 vollstationären und sechs tagesklinischen Plätzen in Hagen um 18 Plätze für Kinder im Alter von 4 bis 14 Jahren zu erweitern. In der Institutsambulanz sollen sogar Jugendliche bis 18 Jahren begleitet werden.
Parallel ist der Aufbau einer stationsäquivalenten Behandlung in Planung: Diese umfasst eine Krankenhausbehandlung im häuslichen Umfeld durch mobile, multiprofessionelle Behandlungsteams, um stationäre Aufenthalte zu vermeiden.
Angesichts der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Familien sowie das Miteinander der jüngeren Generation prognostizieren Fachleute bereits einen starken Zuwachs von psychiatrischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Erwartet werden vor allem suizidale Krisen, Angst- und Essstörungen sowie schwere depressive Episoden.
Daher wird sich in den Augen von Medizinern der Bedarf an Behandlungsplätzen deutlich erhöhen. Derzeit liegt die Auslastung der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Herdecke bereits bei 99,8 Prozent.
„Wir nehmen den Bürgern am Quambusch ansonsten die letzte große Frischluftschneise und schaffen wieder mehr Verkehre“, unterstrich auch Grünen-Sprecher Uwe Goertz und sprach gar von einer „historischen Chance“, 300 Meter weiter eine gute Alternative nutzen zu können. Dezernent Sebastian Arlt machte als Jurist derweil deutlich, dass es zwar grundsätzlich möglich sei, ein weit fortgeschrittenes Bauleitverfahren wieder zu stoppen und ein neues einzuleiten. Entscheidend sei jedoch, so Arlt weiter, dass dies auch für den Antragsteller, also das Herdecker Gemeinschaftskrankenhaus, vorstellbar sei und dies keine nachteiligen Auswirkungen auf das Förderantragsverfahren habe.
Doch hier besteht bei den Herdeckern erheblich Skepsis: „Wen wir jetzt versuchen, das Grundstück zu wechseln, habe ich große Sorge, dass das Projekt scheitert und somit eine große Chance verstreicht“, machte Krankenhaus-Geschäftsführer Christian Klodwig in der Sitzung unmissverständlich deutlich, dass damit die Förderkulisse zusammenfalle wie ein Kartenhaus. Zumal auch bloß Flächen förderfähig seien, für die bereits Baurecht bestehe – also nicht für den Sportplatz Quambusch. Dass die städtische Planungsverwaltung hier in ganz Hagen kein Alternativ-Grundstück den Herdeckern anbieten könne, sorgte bei SPD-Bezirksvertreter Dietmar Thieser wiederum für erhebliches Misstrauen.
Das letzte Wort hat der Rat
Obwohl CDU und Grüne in der Diskussion federführend für eine Verlagerung der psychiatrischen Tagesklinik auf die Sportbrache plädiert hatten, stimmten sie letztlich als einzige für den Bau auf der Grünfläche zwischen Jungfernbruch und Twittingstraße, um das Gesamtprojekt nicht in Gefahr zu bringen. Ein Minderheitsvotum, das der Hagener Rat letztlich final unterstützen dürfte – gegen die mehrheitliche Absage aus Haspe.