Haspe. In Haspe gibt es eine neue Kältekammer. Sportler nutzen das Angebot – das Einsatzgebiet ist aber noch größer. Ein Besuch an Hagens kältestem Ort.
„Africa“ von Toto schallt über die Stirnband-Kopfhörer auf den Ohren. An Afrika erinnert an diesem Ort wahrlich überhaupt nichts. Minus 87 Grad. Weit und breit keine Sonne, kein Meer. Vielmehr Eis auf dem Boden. Überall Dampf, blau gefärbte Scheiben. Nur eisige Kälte gibt es hier. Die Waden zwirbeln, an den Augenbrauen bilden sich nach kurzer Zeit kleine Eiszapfen. An den Füßen gefütterte Schuhe, schwarze Handschuhe an den Händen, ein Stirnband mit integrierten Kopfhörern auf dem Kopf – und eine Maske im Gesicht, um die Atemwege zu schonen.
Dass drei Minuten so lang sein können, das merkt man erst in der neuen Kältekammer in Hagen. Bei minus 87 Grad. Laufen soll man, sich bewegen, tanzen, damit der Körper noch schneller herunterkühlt von vorher über 30 Grad auf danach 17,5 Grad (an den Waden nur 13,7 Grad). Dabei läuft „Africa“ von Toto. Justin Bieber. Oder ACDC. Den Musikgeschmäckern sind an diesem Ort keine Grenzen gesetzt.
An einem neon-blau leuchtendem Balken kann jeder sehen, wie viel Zeit verstrichen ist. Noch eine Minute. Die Kälte wird – gefühlt – immer extremer. Das Laufen fällt schwerer. Die Beine zittern. Noch 10 Sekunden, 5, 4… Die Tür geht auf. Die angenehme Raumtemperatur kommt plötzlich einem heißen Sommertag in der Karibik gleich. Das Blut, das durch die Kälte in der Kammer aus den Extremitäten in die Körpermitte gezogen wurde, schießt jetzt wieder durch die Adern. Gänsepelle an den Armen. Immerhin die Füße – dank Puschelschuhen – sind warm.
Kältekammer in Hagen hilft bei Muskelregeneration von Sportlern
Helfen soll das Ganze bei Entzündungen, bei unterschiedlichen Hautkrankheiten, Rheuma, chronischen Schmerzen, der Muskelregeneration von Sportlern, oder aber der Fettverbrennung. Bis zu 800 Kalorien können bei einer Kältekammer-Sitzung (theoretisch) verbrannt werden. „Bei niedrigem Körpergewicht natürlich weniger“, sagt Nils Hesse von „In Time Fitness“, der jetzt neben seinem Studio in Hagen-Mitte (für Elektro-Muskel-Stimulations-Training) einen neuen Standort in Haspe an der Kölner Straße 32 eröffnet hat.
„Solche Kältekammern kommen beispielsweise auch am Olympiastützpunkt in Berlin oder bei größeren Fußballvereinen zum Einsatz“, erklärt Nils Hesse. Er selbst betreut Fußballer an seinem dritten Standort in Bochum. „Man kann durch eine regelmäßige Nutzung die eigene Leistungsfähigkeit steigern, die Durchblutung verbessern, die Muskeln können sich schneller regenerieren“, zählt der Fitness-Experte nur einige wenige Vorteile auf, die die Kältekammer auf den Körper haben soll. Auch das Alter spielt keine Rolle: „Unsere älteste Nutzerin ist 80.“
Drei Sitzungen pro Woche in Kältekammer empfohlen
„Es empfiehlt sich, etwa dreimal die Woche eine Sitzung abzuhalten, die zwischen drei und fünf Minuten dauert. Es ist wie immer: Erst, wenn man es regelmäßig macht, zeigen sich Effekte“, so Hesse. Durch das schnelle Abkühlen werde dem Körper Wärme entzogen, „durch diesen Effekt werden die Schmerzrezeptoren geblockt“, sagt Nils Hesse. „Außerdem schüttet der Körper Endorphine aus.“ Beflügelnde Frostschock-Erfahrung also.
Erweiterung in Hagen als logischer Schritt
Die Kältekammer in Haspe ist vollelektrisch, wird jeden Tag heruntergekühlt. „Bei anderen Varianten, die auf dem Markt sind, wird beispielsweise mit flüssigem Stickstoff gearbeitet. Diese Methode ist anders“, sagt Nils Hesse.
Für den neuen Standort hat er sich in der Coronazeit entschieden. „Wir sehen darin auch einen Weg aus der Krise“, sagt Nils Hesse. Am neuen Standort – 130 Quadratmeter in feinster Hasper Lage – wird auch Elektro-Stimulations-Training angeboten. Mit einem Gerät mit Medizin-Zulassung. „Wir hoffen, dass wir dadurch mehr im Gesundheitssektor wahrgenommen werden“, so Hesse. Die Erweiterung war für ihn ein logischer Schritt. „In Bochum als auch in Hagen läuft es super. Wir wollen weiter wachsen“, erklärt Hesse, der auch in seinem Betrieb ausbildet. Er selbst nutzt auch die Kältekammer: „Ich gehe jedes Mal, wenn ich in Haspe bin“, sagt er und lacht.
„Irgendwann merkt man die Kälte nicht mehr“
Jeden Tag frieren bei minus 87 Grad. Zu „Africa“ von Toto auf den Ohren. Zu Justin Bieber, oder ACDC. Mit Puschelschuhen, Stirnband und Handschuhen. Mit zwirbelnden Beinen und Eiszapfen an der Nase. „Aber“, sagt Nils Hesse und lacht, „irgendwann merkt man die Kälte nicht mehr so extrem. Dann kann man es genießen.“