Hagen. Jubel bei den Sozialdemokraten in Hagen, Tristesse bei der CDU. Hier gibt es Stimmen und Hintergründe zur Bundestagswahl.
Konfetti-Kanonen knallen, Timo Schisanowski fällt seinen Genossen, die zum Gratulieren Schlangestehen, in die Arme. Jeder will ein Foto mit dem Kandidaten, von dem zu Beginn längst nicht alle geglaubt haben, dass er der Richtige für diesen Posten ist. Für den Posten im Bundestag. Als Vertreter für Hagen. Als Nachfolger von René Röspel, der sich zwar auch bei der Feier blicken ließ, sie aber vorzeitig wieder verließ. Die Kampfabstimmung hatte Schisanowski mit einer Stimme gewonnen. Daran denkt heute hier niemand mehr.
Fraktionsvorsitzender Claus Rudel: „Natürlich hat es damals Diskussionen gegeben. Umso schöner ist jetzt dieses deutliche Ergebnis. Ich habe Timo damals als Kandidaten mit vorgeschlagen und glaube, er wird für Hagen im Bund gute Arbeit leisten.“
Feierlaune bei Humpert am Höing
Bei „Humpert am Höing“ herrscht Feierlaune am späten Sonntagabend. Das sich CDU und SPD parallel auf Bundesebene noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern, scheint hier nur noch Nebensache. Hier sind alle Augen nur auf die Leinwand gerichtet, auf der die Ergebnisse des Wahlkreises in Echtzeit angezeigt werden. Der einschlägige Tenor: „Wir haben uns zurückgekämpft“, spricht Timo Schisanowski das aus, was hier alle irgendwo zwischen Luftschlangen, Foto-Terminen und Barbetrieb denken. „Wir haben gemeinsam gekämpft und sind alle stolz auf das Ergebnis“, fasst er erleichtert zusammen. Ob er den Wahlkampf mittlerweile leid war? Zumindest glaube er nicht, so Schisanowski, dass weitere Wahlkampfwochen „noch maßgeblich etwas am Ergebnis geändert hätten“.
Über Lieblingskoalitionspartner will der 40-Jährige am Abend noch nicht sprechen: „Ein Dreier-Bündnis wäre sicher ein Novum. Aber man wird nach der Wahl jetzt natürlich schauen müssen, mit wem es die größten inhaltlichen Schnittmengen gibt.“ An seinen vorrangigen Zielen für den Wahlkreis will sich der SPD-Kandidat ganz im Sinne seiner Wahlversprechen messen lassen: Altschuldenschnitt, Armutsbekämpfung, ein starker Rechtsstaat.
Gedämpfte Stimmung auf Elbersgelände
Eher gedämpft hingegen ist die Stimmung bei den Christdemokraten in der „Neuen Färberei“ auf dem Elbersgelände. Feiern wollten sie hier, letztlich aber regiert Tristesse. „Die Gesamtsituation ist einfach schade“, fasst es Parteichef Christoph Purps zusammen. „Wir hatten aus meiner Sicht den wesentlich besseren Kandidaten, der insgesamt Hagen in Berlin bestens vertreten hätte.“ Das aber hat er nicht gewollt, der Wähler. „Von daher bleibt mir nur, Christian Nienhaus und dem Team für einen der besten Wahlkämpfe der letzten 40 Jahre zu danken.“
Gleiches Gebäude, andere Partei, bessere Stimmung. Lars-Peter Hegenberg, Chef der Hagener Liberalen, lächelt, als er den Wahlabend Revue passieren lässt. „Vielleicht hätte es ein bisschen mehr sein können. Aber im Grunde sind wir doch sehr, sehr zufrieden. Immerhin liegen wir ein Prozent über dem 2017er Ergebnis. Und das war schon gut. Der Wahlkampf hat sich gelohnt. Wenn ich persönlich auch froh bin, dass er nun vorerst eine Ende hat.“
Grünen freuen sich über gutes Ergebnis
Die Grünen freuten sich über ein gutes Ergebnis. Zumal nach einer wahren Zitterpartie ihr Kandidat Dr. Janosch Dahmen doch noch über die Liste in den Bundestag einzog. „Jedes kleine Prozentpünktchen hat am Ende gezählt“, so Vorstandsmitglied Paul Kahrau.
Was die Grünen trotz des guten Wahlreisergebnisses – das beste in Hagen – als besonders bitter empfinden: das Kopf-an-Kopf-Rennen mit der AfD.