Hagen. Die Bundesregierung stellt der Stadt Hagen 400.000 Euro zur Verfügung. Mit dem Geld soll ein Konzept zur Wasserstoffnutzung erstellt werden.
Es ist ein Thema, das viele Unternehmen aus der Stahl- und Logistikbranche in Hagen umtreibt: die Nutzung von Wasserstoff als Treibstoff oder Energieträger. Und genau daran wird jetzt in Hagen gearbeitet. Denn das Bundesverkehrsministerium stellt der Stadt 400.000 Euro zur Verfügung, um ein Konzept für den Einsatz von Wasserstoff in der Region zu entwickeln. „Das ist ein für die Zukunft wichtiger Pfad, auf den wir uns jetzt begeben werden“, so Thomas Köhler, Leiter des städtischen Umweltamtes.
Wasserstoff ermöglicht es, die CO2-Emissionen vor allem in Industrie und Verkehr deutlich zu verringern. Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist es, klimafreundlich hergestellten Wasserstoff, insbesondere aus erneuerbaren Energien, und seine Folgeprodukte als Schlüsselelemente der Energiewende zu etablieren, um Dekarbonisierungsprozesse in bestimmten Bereichen vollenden zu können.
Technologie nicht ausgereift
Neben den klimapolitischen Aspekten geht es bei Wasserstofftechnologien auch um viele zukunftsfähige Arbeitsplätze, neue Wertschöpfungspotenziale und einen globalen Milliardenmarkt. Doch die Technologie ist längst nicht ausgereift. „Wir wollen herausfinden, welche Wertschöpfung möglich ist und in welchen Bereichen in Hagen sich ein zukunftsfähiges Geschäftsfeld ergibt“, so Dr. Arndt Bohrer, Abteilungsleiter beim heimischen Energieversorger Enervie.
Folgende Fragen sollen im Rahmen des Gesamtkonzeptes beantwortet werden: Wie kann man den Umstieg von Fernlastverkehr, Öffentlichem Nahverkehr und Schienenfahrzeugen auf Brennstoffzellenfahrzeuge vorbereiten? Wie kann Wasserstoff in der Industrie eingesetzt werden? Welche Bedeutung hat Wasserstoff für Zukunftsfähigkeit und Arbeitsplätze in der Hagener Industrie? Welche Potenziale für eine Wasserstofferzeugung gibt es in Hagen? Welche soll in Hagen aufgebaut werden und wie wird Hagen mit der „Transportinfrastruktur der Wasserstoffwelt“ vernetzt?
Beste Voraussetzungen in Kabel
Enervie ist als Partner der Stadt bei der Erstellung des Konzeptes mit im Boot. Und Arndt Bohrer hat bereits ausgemacht, wo in Hagen der Einsatz von Wasserstoff wahrscheinlich am ehesten in Frage kommt: „In Kabel, denn dort sitzen große Stahlverarbeiter und Logistikbetriebe.“ Der Stadtteil biete mit leistungsstarken Anschlüssen an das Strom- und Erdgasnetz beste Voraussetzungen für die Entwicklung einer lokalen Wasserstoffwirtschaft.
Tatsächlich haben bereits 29 Hagener Unternehmen ihr Interesse an dem Projekt signalisiert. Waelzholz etwa stellt den Bau eines neuen, über 100 Millionen Euro teuren Werkes zurück, denn wenn die Wasserstoffversorgung wirklich kommt, wäre Hagen für diese Investition des weltweit tätigen Kaltwalzunternehmens der optimale Standort.
Wasserstofftankstellen und Elektrolyseure
Ein weiterer Baustein des Konzepts soll die Errichtung von Wasserstofftankstellen in Hagen sein. Und bei Enervie selbst überlegt man nach Angaben von Bohrer, an den Kraftwerksstandorten in Kabel und Herdecke mittels Elektrolyseuren selbst Wasserstoff herzustellen. „Wir haben die Möglichkeiten, um Wasserstoff zu produzieren: die Stromanschlüsse, die anspruchsvollen technischen Anlagen, die Fachkräfte.“
Hagen unter 51 Regionen ausgewählt
„HyLand – Wasserstoffregionen in Deutschland“ ist ein 2019 vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur ausgerufener Wettbewerb.Die Stadt Hagen isteine von 15 Regionen in Deutschland, die als „HyExperts“ auf dem Weg zur Wasserstoffregion finanziell unterstützt werden. 51 Regionen und Kommunen aus ganz Deutschland hatten sich beworben.Ziel ist die Erstellung eines innovativen Gesamtkonzepts für den Einsatz von Wasserstoff in der Region.
Bis eine leistungsfähige Infrastruktur entstehen könne und Wasserstoff als Energieträger Erdgas und andere fossile Brennstoffe abzulösen imstande sei, würden aber wohl noch Jahrzehnte vergehen, so Bohrer. Zunächst dürften autarke Insellösungen entstehen, d. h. einzelne Tankstellen, Kraftwerke oder Industriebetriebe, die mit Wasserstoff arbeiten. Erst später würden diese untereinander und auch überregional über Wasserstoffleitungen mit anderen Akteuren vernetzt. „So wie es heute ein Erdgasnetz gibt, wird sich mit der Zeit ein Wasserstoffnetz entwickeln.“
Obwohl Bohrer also durchaus eine Zukunftsvision vor Augen hat, ist er selbst gespannt, auf welchen Feldern sich die neue Technologie schließlich durchsetzen wird.