Hohenlimburg. Bilstein will Produktion, Logistik und Verwaltung bis zum Jahr 2035 auf Klimaneutralität trimmen. Eine Mammutaufgabe mit vielen Herausforderungen

Die hiesige Kaltwalzindustrie will grüner werden. Das Unternehmen Bilstein plant, bis zum Jahr 2035 seine Produktion, Logistik und Verwaltung an allen deutschen Standorten umzustellen. Das Ziel: Unterm Strich soll kein Gramm klimaschädliches Kohlenstoffdioxid mehr in der Bilanz stehen. „Voraussetzung ist, dass wir Zugriff gerade auf Wasserstoff und erneuerbare Energien bekommen“, fordert Bilstein-Geschäftsführer Michael Ullrich die nötige Infrastruktur im Ortsnetz ein. Ein Thema, das im Verbund mit Thyssenkrupp Hohenlimburg, C.D. Waelzholz, Kabel Premium Pulp & Paper sowie H2 Green Power & logistics vorangetrieben wird. Projekttitel: „Wasserstoffinitiative Lennetal“ .

Branche unter Druck

Die Branche steht unter Druck, forciert auch durch Kunden aus der Automobilindustrie, die immer mehr auf Klimaverträglichkeit pochen. So wirbt etwa Daimler Benz damit, eine komplett klimaneutrale Pkw-Neuwagenflotte bis 2039 anbieten zu wollen. Ohne eine Lieferkette, die diesen Weg mitgeht, klappt das nicht.

Thomas Kutschaty steht bei seinem Besuch des Bilstein Werks mit Michael Ullrich, Geschäftsführer der Bilstein Gruppe (l) an einem sogenannten Coil.
Thomas Kutschaty steht bei seinem Besuch des Bilstein Werks mit Michael Ullrich, Geschäftsführer der Bilstein Gruppe (l) an einem sogenannten Coil. © FUNKE Foto Services | Bernd Thissen

„Das schaffen wir nur im Verbund“, blickt Ullrich auch auf die Lieferanten des Vormaterials Stahl. Denn dessen Herstellung in den Hochöfen macht den größten Anteil des CO2-Ausstoßes aus. Hier wolle man unterstützend tätig sein, um den Ausstoß zu reduzieren. Zudem beteilige sich Bilstein an dem neu gegründeten Stahlerzeuger „H2 Green Steel“ aus Schweden.

Der baut im Norden des Landes ein Werk, das komplett mit erneuerbaren Energien betrieben wird. In den nächsten vier bis fünf Jahren soll der grüne Stahl aus Schweden lieferbereit sein. Im heimischen Werk in Hohenlimburg will Bilstein die Brennertechnik auf CO-reduzierte Verbrennung umstellen. Der Werksverkehr soll künftig per Elektro-Lkw laufen.

Allerdings machen den Kaltwalzern die steigenden Kosten von Strom und Gas zu schaffen. Hinzu kommen hohe CO2-Kosten durch den europäischen Emissionshandel und die CO2-Steuer des Bundes. Bilstein rechnet hier unterm Strich in den kommenden Jahren mit Mehrkosten in Millionenhöhe.

Mehrkosten, die sich schlecht vertragen mit den hohen Investitionen, die in den grünen Fußabdruck gesteckt werden sollen. Rückendeckung erhofft man sich deshalb auch von der Politik.

„Die Forderung ist nicht: Schenkt uns Geld, wir haben nicht genug. Sondern: Gebt uns die Möglichkeit zu wirtschaften und Geld zu verdienen, um diesen Prozess aktiv begleiten zu können“, so Ullrich.

SPD will „Transformationsfonds“

Bei einem Austausch mit Vertretern von IG-Metall und SPD, darunter Landeschef Thomas Kutschaty, Wolfgang Jörg und Timo Schisanowski, gab er gestern Hausaufgaben mit auf den Weg. Es brauche für die Umstellung etwa Förderprogramme, die einfach zugänglich sind. SPD-Landeschef Thomas Kutschaty verwies auf einen 30 Milliarden Euro-Tranformationsfonds, den seine Partei vorschlägt, um Betriebe beim Übergang in die Umweltfreundlichkeit zu begleiten. Für Hagens IG-Metall-Chef Jens Mütze begrüßenswert. Aber: „Am Ende steht die Frage: Wer finanziert das? Es muss auf Augenhöhe passieren und die Spielregeln müssen klar sein – und die sind zum Teil nicht klar. Da ist Politik gefragt, die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen.“