Hohenlimburg. Während der Flutkatastrophe leisten Polizeikommissare Amtshilfe bei Feuerwehr und Technischem Hilfswerk. Ein Einsatz, der auch Grenzen aufzeigte

Sie kamen vor drei Wochen früher zum Spätdienst als sonst. Bei Dienstantritt ahnten die Polizeikommissare André Sauer und Julia Karwatzki, dass sich eine Ausnahmesituation anbahnte. Die ersten Starkregen-Fälle hatten Hohenlimburg in der Nacht zuvor bereits erwischt und Häuser und Einrichtungen unter Wasser gesetzt. Die Folgen einer Naturgewalt, die auch den zahlreichen Einsatzkräften von Polizei, Rettungsdiensten und Feuerwehr bis hin zum Technischen Hilfswerk (THW) Grenzen aufzeigte.

Polizeikommissar André Sauer fuhr mit den Einsatzkräften im Unimog der Feuerwehr mit und half bei der Evakuierung der Haardtstraße in Der Nahmer. Wegen des steigenden Wasserpegels musste die Evakuierung abgebrochen werden.
Polizeikommissar André Sauer fuhr mit den Einsatzkräften im Unimog der Feuerwehr mit und half bei der Evakuierung der Haardtstraße in Der Nahmer. Wegen des steigenden Wasserpegels musste die Evakuierung abgebrochen werden. © WP Hagen | Polizei Hagen

Einsatzort nicht erreichbar

Am frühen Mittwochabend wurde der Regen stärker und die Bäche in den Tälern stiegen weiter an. Feuerwehr und THW waren mit schwerem Gerät im Einsatz, um die Katastrophenlage zu bewältigen. Die Rolle der Polizei lag bei der Amtshilfe. Mit dem Streifenwagen fuhren sie zu einem Einsatz in der Probstkowenstraße, erinnert sich Julia Karwatzki zurück. „Wir haben es über die Obernahmerstraße versucht, aber das war schon nicht mehr möglich.“ Dann zurück, über die Autobahn 45 Richtung Lüdenscheid und über die andere Seite ins Tal. Auch hier waren die Straßen ins Tal schon teils überschwemmt. „Wir haben es trotzdem versucht, bis wir gesehen haben, dass sich der Asphalt von der Straße löst.“, sagt die 22-Jährige. „Wir konnten den Einsatzort nicht erreichen – und da haben wir gemerkt, dass die Katastrophe anfängt.“ Sie brachen die Anfahrt ab und fuhren zurück in die Nahmer, in der Hoffnung, dass die Feuerwehr mit schwerem Gerät die Straße passierbar machen konnte. Ohne Erfolg. So forderte die Polizei letztlich einen Hubschrauber an, um die Lage aus der Luft bewerten zu können.

Evakuierung in der Haardtstraße

Vor Ort stieg das Wasser weiter – und die Evakuierung der besonders betroffenen Gebiete wurde angeordnet. Polizeikommissar Sauer schloss sich den Einsatzkräften der Feuerwehr an, die in den meterhohen Fluten auf der Haardtstraße mit einem Unimog fahren und Menschen aus Häusern evakuieren konnten. Der reißende Strom wurde jedoch bald so stark, dass selbst der hohe Unimog der Feuerwehr an seine Grenzen stieß. Die Evakuierung musste abgebrochen werden. Auch, weil das Wasser drohte, die Straße auf dem Rückweg zu überspülen und damit die Einsatzkräfte einzukesseln. „Es mussten Leute da oben in ihren Häusern zurückgelassen werden. Auch, damit die Einsatzkräfte nicht selbst in eine Notsituation geraten und gerettet hätten werden müssen. Das hätte niemandem geholfen.“ Keinem vor Ort sei dieser Rückzug leicht gefallen, so der 32-Jährige. „Man wusste, dass Menschen in Gefahr sind. Aber angesichts der Wassermassen konnte man nicht mehr tun.“

Die Flutkatastrophe hinterließ im Stadtgebiet nur eine leicht verletzte Person. Was für die jungen Polizeikommissare nach dem Einsatz bleibt, ist eine prägende Erfahrung.

„Selbst Kollegen, die Jahre im Dienst sind, hatten sowas noch nicht erlebt“, sagt Julia Karwatzki, die vor kaum einem Jahr ihre Ausbildung als Polizistin abgeschlossen hat.

Würden sie, sollte sich so eine Naturgewalt wiederholen, wieder zum Einsatz fahren? „Auf jeden Fall“, sagt Teamkollege André Sauer. „Es ist meine Pflicht und mein Beruf, den Menschen zu helfen – mit den Mitteln, die ich zur Verfügung habe.“