Hagen. Das Hagener Volmetal bietet ein Bild der Verwüstung. Soldaten mit Panzern und Räumfahrzeugen helfen den Einwohnern nach der Jahrhundertflut.

Die Rettung kam in der Dämmerung. Bis zum Freitagmorgen waren Jürina Bien und ihr Mann in ihrem Haus am Rumscheider Weg in Dahl eingeschlossen. Die Sintflut hatte den Weg zerstört, den halben Garten mitgerissen und um ein Haar das Haus zerschlagen. „Es war wie ein tosendes Meer“, berichtet die geschockte Frau: „Ich bin einfach froh, dass das Wasser unser Haus verschont hat.“

Jürina Bien bedankt sich bei Major André Burdich für die Unterstützung der Soldaten.
Jürina Bien bedankt sich bei Major André Burdich für die Unterstützung der Soldaten. © WP | Michael Kleinrensing

Tagelang war sie isoliert wie auf einer Insel, ehe Soldaten der Bundeswehr in aller Herrgottsfrühe am Freitag den Rumscheider Weg von Schlamm und Geröll befreiten. Noch immer brodelt und schäumt der Kirchsieper Bach am Haus vorbei, doch die Gefahr ist gebannt. Nur Trinkwasser gebe es keines mehr, berichtet Jürina Bien: „Das organisiert mein Mann jetzt in der Nachbarschaft.“

Soldaten bestimmen die Szenerie

Es sind Geschichten wie diese, die viele Menschen im Volmetal zu erzählen haben. Die Sintflut hat kein Menschenleben gefordert, aber die psychischen Folgen und materiellen Schäden sind enorm. Am Straßenrand und manchmal mitten auf der Fahrbahn stehen mit Schlamm überzogene Autos, Pflanzenreste ragen aus dem Kühlergrill und den Fahrzeugritzen.

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Das Volmeufer ist an vielen Stellen abgesackt, die Leitplanken sind verzogen, vor den Häusern und kleinen Betrieben entlang der B 54 reinigen Menschen ihr Hab und Gut, schaufeln Schlamm beiseite, schleppen Mobiliar aus den verwüsteten Wohnungen.

Unterstützt werden sie von 250 Soldaten der Bundeswehr, die in ihren Kampfanzügen die Szenerie bestimmen. Vor dem Edeka-Laden am Obergraben haben die Infanteristen ihren Gefechtsstand eingerichtet, mitten im Katastrophengebiet. Es ist Major André Burdich, der ausspricht, was der Reporter sonst nicht geschrieben hätte: „Ich habe schon viel gesehen, aber so etwas noch nie. Das ist wie nach einem Bombenangriff.“

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Sortiment wird als Billigware verkauft

Etwas abseits sitzt, wie gebrochen, Denny Preller, der Betreiber des Lebensmittelgeschäftes: „Ich weiß nicht, was ich machen soll.“ Vor zwei Jahren war der Laden nach einem Sprengstoffanschlag auf einen Geldautomaten ausgebrannt, erst vor drei Wochen hatte Preller den Wiederaufbau mit neuer Wursttheke und Kühlregal vollendet.

Fotostrecke- Nach der Flut – Hagen räumt auf

Soldaten des Panzerpionierbataillons 130 der Bundeswehr aus Minden helfen in Ambrock.
Soldaten des Panzerpionierbataillons 130 der Bundeswehr aus Minden helfen in Ambrock. © WP | Michael Kleinrensing
Die Marktbrücke.
Die Marktbrücke. © WP | Michael Kleinrensing
Die Familie Preller vor ihrem Edeka-Markt in Dahl. 2019 wurde der Markt durch einen Brand beschädigt.
Die Familie Preller vor ihrem Edeka-Markt in Dahl. 2019 wurde der Markt durch einen Brand beschädigt. © WP | Michael Kleinrensing
Der Edeka-Markt in Dahl. 2019 wurde der Markt durch einen Brand beschädigt.
Der Edeka-Markt in Dahl. 2019 wurde der Markt durch einen Brand beschädigt. © WP | Michael Kleinrensing
Der Edeka-Markt in Dahl. 2019 wurde der Markt durch einen Brand beschädigt.
Der Edeka-Markt in Dahl. 2019 wurde der Markt durch einen Brand beschädigt. © WP | Michael Kleinrensing
Umgestürzte Mauer an der Volme.
Umgestürzte Mauer an der Volme. © WP | Michael Kleinrensing
Das Allerwelthaus.
Das Allerwelthaus. © WP | Michael Kleinrensing
Angelika und Wolfgang Olschewski mit Nichte Jenniger Lenz an der B54.
Angelika und Wolfgang Olschewski mit Nichte Jenniger Lenz an der B54. © WP | Michael Kleinrensing
Einheiten der Bundeswehr, Panzerpionierbataillon 130 aus Minden helfen in Ambrock.
Einheiten der Bundeswehr, Panzerpionierbataillon 130 aus Minden helfen in Ambrock. © WP | Michael Kleinrensing
Anwohner an der B54.
Anwohner an der B54. © WP | Michael Kleinrensing
Einheiten der Bundeswehr, Panzerpionierbataillon 130 aus Minden helfen in Dahl.
Einheiten der Bundeswehr, Panzerpionierbataillon 130 aus Minden helfen in Dahl. © WP | Michael Kleinrensing
In der Asmecke.
In der Asmecke. © WP | Michael Kleinrensing
Volme in Dahl.
Volme in Dahl. © WP | Michael Kleinrensing
Tiefgarage der Rathausgalerie. 
Tiefgarage der Rathausgalerie.  © WP | Michael Kleinrensing
Das Technische Hilfswerk aus Bochum pumpt die Tiefgarage der Rathausgalerie leer.
Das Technische Hilfswerk aus Bochum pumpt die Tiefgarage der Rathausgalerie leer. © WP | Michael Kleinrensing
Das Technische Hilfswerk aus Bochum pumpt die Tiefgarage der Rathausgalerie leer.
Das Technische Hilfswerk aus Bochum pumpt die Tiefgarage der Rathausgalerie leer. © WP | Michael Kleinrensing
Jürnia Bien bedankt sich bei Major André Burdich, Pressestabsoffizier des Panzerpionierbataillons 130 aus Minden für die Hilfe.
Jürnia Bien bedankt sich bei Major André Burdich, Pressestabsoffizier des Panzerpionierbataillons 130 aus Minden für die Hilfe. © WP | Michael Kleinrensing
In der Asmecke.
In der Asmecke. © WP | Michael Kleinrensing
Ein HEB Saug/ Spülwagen pumpt Wasser aus dem Rathaus.
Ein HEB Saug/ Spülwagen pumpt Wasser aus dem Rathaus. © WP | Michael Kleinrensing
Kräfte der Freiwilligen Feuerwehr beim Abpumpen des Wassers aus dem Rathaus.
Kräfte der Freiwilligen Feuerwehr beim Abpumpen des Wassers aus dem Rathaus. © WP | Michael Kleinrensing
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Großes Aufräumen nach der Überschwemmung.
Großes Aufräumen nach der Überschwemmung. © WP | Michael Kleinrensing
Treibgut an der Volme.
Treibgut an der Volme. © WP | Michael Kleinrensing
Ein HEB-Mitarbeiter hilft den Anwohnern in der Innenstadt.
Ein HEB-Mitarbeiter hilft den Anwohnern in der Innenstadt. © WP | Michael Kleinrensing
Die Rathausstraße.
Die Rathausstraße. © WP | Michael Kleinrensing
Schäden am Geländer der Rathausbrücke.
Schäden am Geländer der Rathausbrücke. © WP | Michael Kleinrensing
Der Keller im Haus für Kinder steht unter Wasser.
Der Keller im Haus für Kinder steht unter Wasser. © WP | Michael Kleinrensing
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Dann schwappte die Sintflut ins Gebäude: „Diesmal ist alles noch viel schlimmer.“ Das gesamte Sortiment muss als Havarieware zu einem Billigpreis abverkauft werden, die Statik des Gebäudes ist bedroht, die Investitionen sind ins Leere gelaufen: „Keine Ahnung, wie es weitergeht“, sagt Preller.

Autos, Lastwagen und Panzer kommen nur schleppend voran, einige Straßen sind nach wie vor für den normalen Verkehr gesperrt. Mit einem Bergepanzer haben die Soldaten einen Überseecontainer aus der Volme gefischt. Der Pegel ist gegenüber dem Scheitelpunkt der Flut um rund 3,50 Meter gesunken, doch die braune Brühe hat überall Markierungen zurückgelassen.

Nach wie vor gurgelt und rauscht es

Das Wasser aber gurgelt und rauscht weiter von den Hängen ins Tal, wenn auch nicht mehr mit urwüchsiger Gewalt. Doch nach wie vor fließt es über Straßen und Bürgersteige, rinnt aus behelfsmäßig verlegten Rohren.

Wie sich die Jahrhundert-Flut durch Hagen-Dahl ergießt

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    Bei Ignazio Tolli (54) stand die Volme zwei Meter hoch im Haus. Am Mittwoch stand er mit seiner Frau im Treppenhaus und beobachtete, wie das Wasser stieg und stieg. Am Fenster hängt noch die italienische Flagge, mit der er den Sieg seines Landes bei der Fußball-EM gefeiert hat. Er habe eine Gebäudeversicherung, aber Elementarschäden seien nicht eingeschlossen, sagt Tolli: „Die Heizung ist ausgefallen, die Waschmaschine können wir wegschmeißen.“

    Er kann noch gar nicht überblicken, welche materielle Lawine da auf ihn zurollt, denn auch die Pizzeria Il Faro in Eilpe, die ihm gehört, ist überflutet worden. Es sind solche Schicksale, die viele Menschen im Volmetal zu erzählen haben.