Haspe. Gianna und Lucas Bergmann haben sich ihren Traum vom Eigenheim erfüllt und geben Einblicke in ihre ungewöhnliche Immobilie in Haspe.

Wie sie so zum Thema Karma stehe, habe der Hausbauer Uwe Siepmann sie damals nur gefragt. Gianna Bergmann muss heute darüber schmunzeln. Die Wände ihres Hauses, sie atmen. Sie atmen Geschichten und Nachrichten, weil sie mit einer Zellulose-Dämmung aus recyceltem Zeitungspapier und nachhaltigen Holzfaserplatten gedämmt sind.

„Mit guten und mit schlechten Nachrichten. Bestimmt steckt auch eine WP in meiner Wand“, sagt Gianna Bergmann und grinst. Sie öffnet ihre Türen an diesem Tag für eine wildfremde Redakteurin. Die Türen zu ihrem nachhaltigen Holzhaus in Hagen, das auf Stelzen erbaut ist und einen Blick auf die grüne Seite der Stadt bietet.

Eine eigene Hängematte im Haus: Hier können die Bergmanns entspannen.
Eine eigene Hängematte im Haus: Hier können die Bergmanns entspannen. © WP | Michael Kleinrensing

Die Türen zu einem Haus, bei dem für sie und ihren Mann Lucas vor allem eines im Vordergrund stand: „Die Menschheit war bisher wenig rücksichtsvoll mit der Welt. Uns war wichtig, dass die Umwelt durch uns keinen Schaden nimmt.“

Heute blickt Gianna Bergmann anders auf diese Welt, als sie es vielleicht mit 17 oder 20 Jahren noch tat. Auch durch ihr Studium hat sich der Blick auf diese Erde und was mit ihr passiert, verändert.

Genau so viel, wie nötig ist

Die 31-Jährige studiert Maschinenbau und Technisches Management für Gebäude-, Energie- und Umwelttechnik, ihr Mann ebenfalls.

Jetzt arbeitet sie als Nachhaltigkeitsmanagerin für Unternehmen, sagt sie, während sie die helle Treppe aus Fichtenholz aus nachhaltiger Forstwirtschaft hoch in den ersten Stock steigt.

Auf der rechten Seite haben Lucas und sie ein schwebendes Netz eingebaut, „für gemütliche Stunden und zum Lesen“, sagt Gianna Bergmann. Ihr Haus hat 100 Quadratmeter, zwei Etagen: „Eben so viel, dass man nicht eingeengt ist, aber eben so wenig, wie möglich.“

Im Haus setzt das Ehepaar auf Vintage-Möbel.
Im Haus setzt das Ehepaar auf Vintage-Möbel. © Unbekannt | Michael Kleinrensing

Um wenig Boden und Erdreich zu versiegeln und den alten Baumbestand zu schonen wurde das Haus mit unbehandelter Lärchen-Fassade auf acht Stelzen errichtet.

„Auf diese Weise ist der Boden weiterhin durchlässig für Niederschläge und die natürliche Bodenfunktion bleibt erhalten“, sagt Gianna Bergmann.

Lange hat das Ehepaar gemeinsam mit Uwe Siepmann von „Fair trade Haus“ aus Mülheim an der Ruhr an den Planungen gesessen: „Das jemand ein Haus auf Stelzen bauen will, das hatte er vorher glaube ich noch nie erlebt“, sagt Gianna Bergmann und lacht. Ungewöhnlich und einzigartig sind durchaus die Worte, mit denen sich das Haus in Haspe beschreiben lässt. Weil die Nachhaltigkeit selbst bis ins kleinste Detail durchdacht ist.

„Die Küche ist selbstgebaut von meinem Vater, bei den Möbeln haben wir vor allem auf Vintage-Stücke gesetzt, die wir wieder hübsch gemacht haben“, sagt Gianna Bergmann.

Einige Möbel sind selbstgebaut. An versteckten Stellen gibt es zusätzlichen Stauraum. Zum Beispiel im Wohnzimmer, unter dem großen Holzpodest, auf dem eine Matratze liegt und zahlreiche Pflanzen ihren Platz gefunden haben, um ein Stück Natur-Atmosphäre ins Innere zu zaubern.

Durch die Haustür in die Natur

Das Grundgerüst und der Dachstuhl sind komplett aus Holz gefertigt. Gipsfaserplatten dienen zur inneren Verkleidung der Wände, die durch die Auftragung eines natürlichen Kalkputzes zum gesunden Raumklima beitragen. Gianna und Lucas Bergmann haben die Wände selbst verputzt. „Am Boden ergänzt Holzwolle als zusätzlicher Dämmstoff die mit Zellulose gedämmten Bodenelemente“, sagt die 31-Jährige. Nur möglich, da keine klassische Bodenplatte aus Beton verbaut werden musste.

Die Fernseh-Ecke ist auf einem Podest eingerichtet. Unter dem Podest werden unter anderem Vorräte gelagert.
Die Fernseh-Ecke ist auf einem Podest eingerichtet. Unter dem Podest werden unter anderem Vorräte gelagert. © Unbekannt | Michael Kleinrensing

Das Herz des Hauses befindet sich in der Mitte. Die Wärmetechnische Zentrale, wenn man so will. Denn: Vier Sonnenkollektoren (Solarthermie) sorgen auf dem Dach für ausreichend Warmwasser. „Das Wasser wird in einem 800 Liter Tank gespeichert und bei Bedarf von unserem Pelletofen erwärmt.“

Von März bis Oktober bräuchte das Paar diesen Ofen nicht, sagt die Hagenerin. Hier steht ohnehin die meiste Zeit die Tür offen.

„Ich habe als Studentin in Bochum gelebt und vermisst, dass ich die Tür aufmachen und einfach ins Grüne fallen kann. Das ist hier so; und das liebe ich an Hagen. Ich liebe das Zwitschern der Vögel, oder dass sich Mäuse und Eichhörnchen in unseren Garten verirren und den Blick von der Terrasse, auf der wir viel Zeit verbringen“, sagt Gianna Bergmann.

Gianna Bergmann in ihrem nachhaltigen Holzhaus. „Wir haben uns einen Traum erfüllt. Wir wollten immer gerne ein eigenes Haus, aber eben ohne einen schlechten Einfluss auf unsere Umwelt zu haben.“
Gianna Bergmann in ihrem nachhaltigen Holzhaus. „Wir haben uns einen Traum erfüllt. Wir wollten immer gerne ein eigenes Haus, aber eben ohne einen schlechten Einfluss auf unsere Umwelt zu haben.“ © WP | Michael Kleinrensing

Auf dem Dach produzieren zehn Solarzellen einer Photovoltaik-Anlage Strom, der bei Überschuss auch gerne zum Aufladen des Hybrid-Autos genutzt wird. Das Auto dient so als Batteriespeicher für den selbst erzeugten Strom. Bedingt durch die offene Bauweise, große Fenster und eine Ausrichtung zur Südseite strömt viel Tageslicht in das Haus.

Auch das hilft beim Energiesparen, denn elektrisches Licht wird überwiegend nur am Abend benötigt. „Wir haben uns einen Traum erfüllt. Wir wollten immer gerne ein eigenes Haus, aber eben ohne einen schlechten Einfluss auf unsere Umwelt zu haben. Im Garten planen wir jetzt noch ein Selbstversorger-Beet und Blumenwiesen für die Insekten“, sagt Gianna Bergmann. Zur Nachhaltigkeit kann in ihren Augen jeder beitragen: „Man muss nur damit anfangen.“

Das nachhaltige Holzhaus von Gianna und Lucas Bergman hat 100 Quadratmeter Wohnfläche, zwei Etagen: „Eben so viel, dass man nicht eingeengt ist, aber eben so wenig, wie möglich.“
Das nachhaltige Holzhaus von Gianna und Lucas Bergman hat 100 Quadratmeter Wohnfläche, zwei Etagen: „Eben so viel, dass man nicht eingeengt ist, aber eben so wenig, wie möglich.“ © WP | Michael Kleinrensing