Hagen. Bei der Bundestagswahl möchte Timo Schisanowski für die SPD das Direktmandat holen. Unterwegs mit dem Kandidaten auf dem Drei-Türme-Weg.

Es ist kein Geheimnis, dass ihm der Ruf des ewigen Studenten noch immer ein wenig anhaftet. Daraus macht Timo Schisanowski, der im August seinen 40. Geburtstag im kleinen, familiären Kreis feiern will, keinen Hehl; betont aber auch, dass er darüber steht und sich die Kommentare dazu nicht zu Herzen nimmt: „Am Ende ist das Ergebnis wichtig“, sagt der SPD-Mann, der sein langjähriges Studium an der Ruhr-Uni Bochum abbrach und letztlich an der Fernuni sein Bachelor-Studium der Rechtswissenschaften in Regelstudienzeit abschloss.

„Ich bin stolz darauf, wie mein Leben verlaufen ist und was ich erreicht habe. Das sage ich, ohne dabei überheblich klingen zu wollen“, betont der gebürtige Hasper, der bis heute eine enge Verbundenheit zu seiner Heimat spürt. „Ich bin in einfachen Verhältnissen aufgewachsen, stamme aus einer Arbeiterfamilie. Ich war der erste aus unserer Familie, der es aufs Gymnasium geschafft hat. Das war und ist etwas Besonderes für mich.“

Aber einen Schritt zurück. Seit Dezember 2020 steht fest – wenn auch mit denkbar knappem Ergebnis (27:26 Stimmen in der Kampfabstimmung Timo Schisanowski/René Röspel): Die SPD zieht in Hagen und im südlichen Ennepe-Ruhr-Kreis mit Timo Schisanowski in den Bundestagswahlkampf. Mit dem Mann, der sich seit mehr als 20 Jahren auf lokalem politischen Parkett bewegt und sich seit seinem Eintritt in die SPD im Jahr 2000 Schritt für Schritt nach oben gearbeitet hat. Bei einem ausgedehnten Spaziergang über den Drei-Türme-Weg gibt der bekennende Fortuna Düsseldorf-Fan ganz private Einblicke.

Eine Kindheit am Rande der B7

1981 in Haspe geboren, wuchs er als Kind einer Arbeiterfamilie auf: „Mein Vater Reinhard ist Bäcker, hat im Alter von 14 Jahren seine Lehre begonnen, arbeitet seitdem im Beruf. Meine Mutter ist Erzieherin im Kindergarten. Sie lernten sich tatsächlich bei einer Silvesterparty der Bäckerei kennen“, erzählt Schisanowski und muss schmunzeln. Groß geworden entlang der B7 in einer Nebenstraße der Berliner Straße blickt er auf eine erfüllte und schöne Kindheit zurück.

„All diese Erfahrungen sind tief in meinem Lebensalltag und in dem meiner Familie verankert und haben mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Ein überzeugter Sozialdemokrat. Für mich steckt mehr als nur Partei-Programm hinter meinen Überzeugungen“, sagt der ehemalige Leichtathlet, der nach seinem 1,4er-Abitur, wie er selbst sagt, aus „pazifistischen Gründen“ sich gegen den Wehrdienst entschied und als „Zivi“ im Josefs-Hospital arbeitete.

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Neben seiner Schullaufbahn am Christian-Rohlfs-Gymnasium begann er übrigens im Alter von 9 Jahren auch seine sportliche Karriere: „Leichtathletik war viele Jahre lang meine absolute Leidenschaft – Hochsprung, Sprint, Hürdenlauf. Erst für den Vfl Eintracht Hagen, dann für den TSV Hagen 1860. Ich habe auch einige Kreismeistertitel holen können. Allerdings blieb für die sportliche Betätigung irgendwann kaum noch Zeit.“

An die Arbeit von René Röspel anknüpfen

Mit irgendwann meint das Hagener Ratsmitglied den Beginn seiner politischen Laufbahn: Denn im Jahr 2000, geprägt von der Spät-Ära Helmut Kohls und fasziniert von einem Bundestagswahlkampf mit Kanzlerkandidat Schröder, trat er damals in die SPD ein, wurde bereits in der zweiten oder dritten Sitzung, an der er teilnahm, in den Vorstand des Ortsvereins Haspe-Süd, „damals SPD-Hochburg“, als Beisitzer gewählt. „Es kam irgendwie eins zum anderen“, erinnert er sich an die Anfänge seiner politischen Karriere. Rund fünf Jahre später wurde er zunächst zum Vorsitzenden der Jusos gewählt, damals war er auch schon Mitglied des Stadtrates.

2012 wurde der 39-Jährige dann zum Vorsitzenden der Gesamtpartei und letztlich im vergangenen Jahr zum Bundestagskandidaten gewählt – wenn auch nicht ohne Diskussionen und Streitereien innerhalb der eigenen Partei. „Man darf so etwas nicht zu nah an sich ranlassen. Es gab die Entscheidung zwischen zwei guten Kandidaten, dass es da unterschiedliche Meinungen gibt, liegt in der Natur der Sache. Das muss man aushalten können. Ich schätze René Röspels Arbeit nach wie vor sehr, das habe ich immer betont, und möchte nun daran anknüpfen.“

Bekennender Grönemeyer und Roland Kaiser-Fan

Bundestagskandidat Timo Schisanowski (SPD)  am Bismarckturm.
Bundestagskandidat Timo Schisanowski (SPD)  am Bismarckturm. © WP | Michael Kleinrensing

Die Politik ist bis heute Schisanowskis Leidenschaft. Neben seiner Arbeit als Geschäftsstellenleiter der VBW Stiftung in Bochum (seit 2016) und dem jahrelangen politischen Engagement bleibt allerdings nur noch wenig Zeit für Freizeit abseits der Öffentlichkeit.

„Wenn ich frei habe, bin ich gerne in der Natur unterwegs, vor allem an Hagens Gewässern – wie dem Hengsteysee. Das ist mein Lieblingsplatz“, sagt der bekennende Herbert Grönemeyer-Fan, der aber auch schon auf einem Roland-Kaiser-Konzert den deutschen Musikklängen lauschte.

„Witzigerweise war meine allererste CD aber ein Album von Madonna“, sagt Schisanowski und lacht. „Im Keller habe ich noch eine ganze CD-Sammlung mit alten Alben – musikalisch ganz bunt gemischt.“

Zum Entspannen zieht es den 39-Jährigen vor allem in den Süden: „Ich bin ein absoluter Strand- und Meer-Mensch. Ich genieße es, im Urlaub das Handy morgens in den Tresor zu packen und einfach mal abzuschalten“, sagt der Single-Mann, der mittlerweile eine Wohnung im Hochschulviertel bewohnt. „Ganz klar lebe ich jetzt privilegiert. Aber ich habe auch hart dafür gearbeitet. Auch meine Eltern konnten sich später ihren Traum von einer Doppelhaus-Hälfte am Kuhlerkamp erfüllen. Ich gönne es ihnen von Herzen. Mein Vater freut sich jetzt auf die Rente mit 63.“

Heimatstolz mit Bewusstsein für die Probleme vor Ort

Reisen sei für den Hasper Jungen immer eine Besonderheit gewesen, aber auch eine Möglichkeit, dem stressigen Alltag zu entkommen: „Ich finde es spannend, andere Kulturen kennenzulernen. In meiner Schulzeit durfte ich einmal für die Osterferien einen Schüleraustausch nach Phoenix in den USA machen, das war eine besondere Zeit.“ Seinen letzten Sommerurlaub verbrachte der Mercedes-Fahrer übrigens in Ägypten. „Irgendwann, vielleicht nicht in diesem Wahljahr, welches sicherlich noch spannend und herausfordernd wird, würde ich aber auch gerne Skifahren lernen“, will Schisanowski gerne doch noch einmal sportlich aktiv werden.

Abseits der politischen Arbeit genießt der 39-jährige Fan der James-Bond-Filmreihe es, in seinem Freundes- und Bekanntenkreis „einfach mal nur der Timo zu sein. Auch wenn ich von dort natürlich auch immer wieder Themen mitnehme und aufgreife, die die Menschen hier beschäftigen.“

Auf das Wahljahr blickt er vor allem gespannt: Sicherlich auch, weil durch die Corona-Situation viele Dinge in den Hintergrund geraten sind – und, weil sich politisch in den letzten Jahren viel getan hat, die Grünen auf dem Vormarsch sind. Für Schisanowski – so lässt zumindest sein Auftritt in den sozialen Medien vermuten, in denen er lächelnd vor dem Breckerfelder Osterbrunnen oder ernst in einer Superbowl-Football-Kluft posiert – hat der Wahlkampf bereits begonnen. „In den sozialen Medien bin ich erst so richtig seit der letzten Kommunalwahl aktiv. Für mich ist das ein guter Weg, die Menschen auf anderen Wegen zu erreichen“, sagt Schisanowski, der als Bundestagskandidat nicht nur seine eigenen und die SPD-Interessen vertreten, sondern vor allem die Sorgen und Ängste der Bürger in den Fokus rücken will.

Drei Themen im Fokus

Dass er vor der Wahl im September nun mit dem gleichen Spruch („Der schönste Wahlkreis der Welt“) für sich wirbt, wie René Röspel seinerzeit, bezeichnet der 39-Jährige als Zufall: „Wie ich bereits gesagt habe: Ich schätze die Arbeit von René Röspel sehr. Auch ich bin stolz auf meine Heimat. Das darf man ruhig selbstbewusst nach vorne stellen, ohne dabei zu leugnen, dass es hier auch Probleme gibt. Da haben wir glaube ich einfach das gleiche Verständnis davon, was ein Abgeordneter für seine Region und den Wahlkreis tun will und was man an der Heimat schätzt.“

Mit Blick auf seine Direktkandidatur und den möglichen Sprung in die Berufspolitik will er vor allem drei Themen vorantreiben, wenn er die Hagener Anliegen in Berlin vertreten darf: Besonders wichtig seien ihm eine Altschulden-Lösung für Städte und Kommunen wie Hagen, um zukunftsfähig zu bleiben und weiterhin investieren zu können, der Einsatz für eine gute und arbeitsstarke Wirtschaft sowie eine Offensive für einen „starken Rechtsstaat“ -- „immer mit dem Blick darauf, für meinen Wahlkreis gute Rahmenbedingungen für die Zukunft zu schaffen.“