Hagen. Dieses Ergebnis lässt in der Corona-Krise aufhorchen: Die Stadt Hagen erzielt im Jahr 2020 einen Jahresüberschuss von fünf Millionen Euro.

Es klingt ein wenig wie verkehrte Welt: Alle stöhnen über die Corona-Pandemie und ihre finanziellen Folgen und die Stadt Hagen fährt für das Haushaltsjahr 2020 einen Überschuss von gut fünf Millionen Euro ein – „etwa vier Millionen Euro besser als geplant“, wie Finanzdezernent Christoph Gerbersmann bei der Vorlage des Abschlussberichtes bilanzierte. Wesentliche Ursache dafür bleibt, dass – neben einer sparsamen Haushaltsführung – die durch das grassierende Covid-19-Virus wegbrechenden Erträge und Mehraufwendungen durch externe Hilfen mehr als kompensiert wurden.

Den wesentlichen Einbruch erlebte die Kämmerei angesichts der Corona-Lage beim Gewerbesteueraufkommen, wo sich im Vergleich zur ursprünglichen Planung ein Minus von 31,6 Millionen Euro auftat. Parallel sank der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer um knapp 6,9 Millionen Euro, der Fachbereich Gesundheit brauchte obendrein deutlich mehr Personal, in den Kitas mussten vorerkrankte Mitarbeiter durch Aushilfen ersetzt werden und es wurden weitaus mehr Reinigungskräfte benötigt.

Mehr Corona-Hilfen als Verluste

Im Gegenzug erhielt die Stadt Unterstützung aus staatlich aufgelegten Hilfsprogrammen, aber auch zusätzliche Erträge. Den Löwenanteil lieferte dazu eine Gewerbesteuer-Ausgleichsleistung von 36,3 Millionen Euro, die zusätzlich noch durch eine Sonderfinanzierung aus dem Stärkungspaktpaket von 16,3 Millionen Euro unterfüttert wurde. Unter dem Strich ergibt sich für Hagen ein Corona-Netto-Plus von 1,2 Millionen Euro.

Noch keine Coronalast für nächste Generationen

Die Hilfsleistungen von Land und Bund im vergangenen Jahr haben immerhin dazu geführt, dass im Jahresabschluss 2020 die gesetzliche Regelung, den entstandenen Corona-Schaden als außerordentlichen Ertrag im Rahmen der Bilanzierungshilfe in der Bilanz zu aktivieren, nicht angewendet wurde.

Es konnte somit zunächst vermieden werden, dass ein Aktivposten entsteht, der nachfolgende Generationen in Hagen über 50 Jahre lang durch schrittweises Abstottern belastet und den ohnehin nur unter erheblichen Anstrengungen zu erreichenden Haushaltsausgleich in der Zukunft zusätzlich erschwert hätte.

Sollten die Unterstützungsleistungen des vergangenen Jahres künftig wegfallen, wird es in Zukunft allerdings notwendig sein, die Corona-Belastungen langfristig den Hagener Bürgern als außerordentlichen Extra-Posten aufzubürden. Bislang ist jedoch nicht einmal geklärt, ob die Corona-Bilanzierungshilfe überhaupt beim Jahresabschluss 2021 angewendet werden darf.

„Ich kann mich nicht erinnern, schon einmal so viele Veränderungen im Haushalt im Vergleich zur ursprünglichen Planung gehabt zu haben“, blickt der Kämmerer auch im Namen seines Teams auf ein äußerst bewegtes Finanzjahr zurück. Gleichzeitig macht er deutlich, dass die extra etablierte Corona-Bilanzierungshilfe (siehe Infobox) nur eine buchhalterische Lösung sei, um die Corona-Schäden aus dem normalen Haushalt ausbuchen zu können: „Wir brauchen aber auch Unterstützung in Form von echtem Geld“, fordert Gerbersmann, zumal für das Jahr 2021 noch ungeklärt sei, ob auch in Zukunft so verfahren werden könne.

Ohne die Corona-Pandemie hätte Hagen somit im vergangenen Jahr ein Plus von etwa 3,8 Millionen Euro erwirtschaftet, etwa drei Millionen mehr in der ursprünglichen Planung. „Bei einem Haushaltsvolumen von mehr als 750 Millionen Euro entspricht dies – salopp gesagt – einer Punktlandung, zeigt aber gleichermaßen, wie gering die Schwankungsbreiten sein dürfen, wie vorsichtig die Haushaltsplanung und wie gewissenhaft die Bewirtschaftung erfolgen muss“, warnt der Kämmerer vor jeglichem Übermut.

Dispo-Minus von 970 Millionen

Zumal Hagen ab sofort ohne die Stärkungspaktmittel des Landes für die Nothaushaltskommunen auskommen muss. Während Hagen aus diesem Programm im Jahr 2011 noch 40,5 Millionen Euro Unterstützung erhielt, reduzierte sich die Unterstützung seitdem schrittweise auf Null, was nicht bloß durch Konsolidierungsschritte erreicht, sondern auch durch eine gute Konjunktur und anhaltend niedrige Zinsen begünstigt wurde. Die Pro-Kopf-Verschuldung in Hagen lag zuletzt bei 6783 Euro und somit exakt 592 Euro niedriger als noch vor fünf Jahren. Der städtische Dispo (Liquiditätskredite) steht mit 970 Millionen Euro in den Miesen. Unter den Rahmenbedingungen der Pandemie wächst der Druck, einen ausgeglichenen Etat vorlegen zu können, natürlich gewaltig.

Zumal die Gewerbesteuer in diesem Jahr mit absehbar 80 Millionen Euro um etwa ein Fünftel unter den ursprünglichen Erwartungen liegen dürfte. Kämmerer Gerbersmann geht trotz der anhaltenden Lockdown-Situation jedoch davon aus, dass diese Marke im Jahresverlauf tatsächlich erreicht werden kann: „Sollten die Steuereinnahmen sogar höher ausfallen, ist das schön für die Liquidität, verbessert aber nicht das Jahresergebnis, sondern senkt nur den Corona-Schaden.“ Das wiederum bedeutet, dass nach anderen Gegenfinanzierungslösungen gesucht werden muss, sollte es auf der Ertragsseite künftig zu nennenswerten Einbrüchen kommen. Damit droht das Damoklesschwert weiterer Einspareinschnitte oder gar Steuer- und Gebührenerhöhungen.